Kapitel 22

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Colin parkt den Wagen vor dem Haus meiner Eltern. Die Ganze Fahrt über verknote ich bereits meine Finger und versuche den Schweiß an meiner Hose abzuwischen.

„Kätzchen, alles ok?"
Ich atme einige Male tief durch, bevor ich ihm antworten kann.
„Meine Eltern werden dich hassen. Du stehst für alles, was sie verachten. Du wirst hier alle Vorurteile finden, die du dir vorstellen kannst."
„Ok, damit komm ich klar. So lange du anderer Meinung bist."
„Ja! Ich liebe dich!"
„Oh, das klingt gut! Dann überlebe ich auch ein Essen in der Hölle. - nur eines: wie bist du so... anders geworden?"
„Ich war schon immer „das schwarze Schaf" und ihr Sorgenkind. Ich habe generell immer das Gegenteil gemacht. Meine Art der Rebellion."
„Deshalb auch Domina?"
„Wahrscheinlich, aber bitte... wenn sie das je erfahren sollten, dann bestellt mein Dad einen Exorzisten."
Kopfschüttelnd grinst Colin vor sich hin und steigt dann langsam aus.
Ich hoffe, ich habe ihn einigermaßen darauf vorbereitet was uns erwartet.

Ich folge ihm und nehme seine Hand, bevor ich die drei weißen Holzstufen zu unserer Dunkelbraunen Haustür hoch steige. Ich starre einige Sekunden auf die Klingel, bevor Colins Hand sich an mir vorbei schiebt, und auf den kleinen schwarzen Knopf drückt. Mit ertönen des Summers schnürt sich mir die Kehle zu und mein Magen krampft sich zusammen. Ich möchte davon laufen. Colin meinen Eltern vorzustellen ist wie Schakale auf dem Balkon, das will auch niemand.

Colin schiebt seine Hand über meinen Bauch und stellt sich ganz nah hinter mich. Seine Nähe beruhigt mich etwas. Als die Tür geöffnet wird, setzt mein Herz für einen Schlag aus.
Mein Dad steht im Rahmen und sieht uns ernst an.
Er macht keine Anstalten sich zu bewegen.
„Hey. Tschuldigung für die Verspätung, wir standen im Stau", Lüge ich.
Dass ich bereits im Hotelzimmer zitternd auf dem Bett saß muss er nicht wissen.
„Um diese Zeit ist immer viel los, da muss man früher aufbrechen", tadelt mich mein Vater.
Er geht zurück ins Wohnzimmer, ohne ein „Hallo", noch bittet er uns hereinzubitten.
Mein Blick schweift kurz zu unseren Nachbarn. Mrs. Kline steht hinter dem Fenster und beäugt uns genau. Colin fällt hier auf, wie ein bunter Hund.
Ich drehe mich zu dem Haus von Mr. Roberts und auch dort sehe ich, dass seine Frau am Fenster steht und er ganz interessiert die Hecken schneidet und versucht uns nicht zu beobachten.
Wir sind also schon zur Attraktion geworden.
„Was tun wir jetzt?", fragt Colin unsicher.
„Wir folgen ihm reumütig."
„Kopf hoch Kätzchen! Du bist erwachsen und kannst dein Leben so führen, wie du es für richtig hältst."
Ich weiß, dass er recht hat und ich sollte mich wirklich an seine Worte halten, aber hier... na ja er wird gleich verstehen.

Wir betreten zusammen das Haus, mit etwas zu viel Schwung lasse ich die Tür ins Schloss fallen.
„Dana Maria Magdalena Grant! Wir knallen hier nicht mit den Türen", ertönt die Stimme meiner Mutter quer durch das Haus.
„Entschuldigung", sage ich kleinlaut.
Eigentlich hätte ich erwartet, dass Colin zumindest Grinsen muss, bei der Erwähnung meines kompletten Namens, stattdessen blickt er mich düster an und drückt meine Hand etwas fester. Als wolle er mir damit seine Worte noch einmal ins Gedächtnis rufen und seine Stumme Unterstützung zusichern.

Ich gehe mit ihm ins Esszimmer und stutze ein wenig, als weder der Tisch gedeckt noch ein guter Duft aus der Küche kommt.
„Mh, vielleicht gibt es kein Essen, wir sagen nur „hallo" und verschwinden dann wieder", keimt eine kleine Hoffnung in mir auf.

Colin stupst mich an und deutet nach draußen auf die Terrasse und schon wird der zarte Keim auch schon wieder erstickt.

Gregory steht mit einer Schürze am Grill und wendet gerade das Fleisch.
„Es gibt wohl Barbecue", sagt Colin.
Großartig, eine Gartenparty. Mum und Dad haben das ganze viel größer aufgezogen, als gedacht.
Mit Colin an der Hand öffne ich langsam die Terrassentüre und betrete zögernd den Garten. Meine 5 Geschwister inklusive ihrer Partner und deren Familien starren uns alle an.
„Hey."
„Na ihr beiden. Ich hoffe, ihr habt Hunger", begrüßt uns Greg.
Da er Colin bereits auf dem Konzert gesehen hat, gehe ich davon aus, dass er den Rest informiert hat, dass ich mit dem Leibhaftigen hier auftauche.
„Dana sollte kein Fleisch essen", ertönt meine Mum.
„Nix Rohes!", fügt Margret, Gregorys Ehefrau hinzu, „Greg brät ihr Fleisch einfach gut durch."
„Danke."
Margret hatte ebenfalls einen schweren Einstieg in unsere Familie, da sie bereits geschieden ist und ein Kind aus erster Ehe hat, war sie anfänglich für meine Eltern ein rotes Tuch. Mittlerweile lieben sie alle. Sie hat sich ihren Platz hart erkämpft. Ich befürchte, so viel Glück haben wir nicht! Colin müsste sich um 180 Grad ändern, damit meine Eltern in akzeptieren. Auf keinen Fall! Ich liebe ihn dafür, dass er so ist, wie er eben ist. Mit all seinen Ecken in Kanten!

„Spencer? Richtig?", wendet sich mein Vater jetzt an Colin.
„Du dürftest ihn auch Colin nennen."
Er ignoriert mich und fixiert Colin. Das Verhör hat also begonnen.
„Ja. Colin Spencer", antwortet er.
„Sie sind Musiker!" Es ist mehr eine Feststellung als eine Frage.
„Kann man davon leben?", mischt sich meine Mutter ein.
So schnell kippt die Stimmung von schlecht, zu noch schlechter.
„Ja."
„Sie haben bald ein Kind zu versorgen", tadelt meine Mutter.
„Ja", bestätigt Colin.
„Wird Dana dann immer alleine sein, wenn sie mit ihrer Musik unterwegs sind?"
Bitte Erdboden, tu dich auf und verschlucke mich.
„Nein", antwortet Colin.

Plötzlich mischte sich Ada, meine älteste Schwester ein.
„Wenn man der Presse glauben schenken darf, ist ihm das Wort „Treue", eher fremd. Ich verstehe dich nicht, Dana. Du kamst hier her, weil er dich betrogen hat."
Ich drücke Colins Hand fester. Er streicht mit seinem Daumen über meinen Handrücken.
„Das war ein Missverständnis. Ich habe etwas überreagiert. Vielleicht waren es die Hormone."
„Überreagiert?", halt Mum nach.
„Ja, ich hätte reden sollen, statt abzuhauen. Das ist mir jetzt auch klar."
„Er schreibt dir einen Song, in dem er sein schlechteste Gewissen beteuert und du vergisst, dass du wochenlang gelitten hast und durchs Haus gelaufen bist wie ein Häufchen Elend?!", wirft mir Greg vor.
Dana, du hast dem Boss eines Multimilliarden-Dollar-Unternehmen in den Arsch getreten, da wirst du doch mit deiner Familie klar kommen.
Ich straffe meine Schultern. Ich muss das ganze einfach als Geschäftsmeeting betrachten.

„Es ist ein echt guter Song. Auf bestem Wege Nummer Eins der Singlecharts zu werden. Aber darum geht es dir vermutlich nicht. Ja du hast recht, es ging mir schlecht. Ich hatte schon immer das Gefühl, dass ich nicht gut genug für Colin bin. Ich mache keine Musik, ich passe nicht in seine Welt. Deshalb hat der Kuss mir den Boden unter den Füßen weggezogen."
„Kätzchen!"
Colin nimmt mich am Arm und dreht mich zu sich rum.
„Was besseres als dich gibt es gar nicht!"
Er lässt seine Hände über meinen Rücken gleiten und drückt mich fest an sich heran.
„Du bist alles was ich brauche, was mir je wichtig war. All diese Groupies dienten nur zum Spaß."
Meine Hände ruhen auf seiner Brust. Im Moment sind wir in einer kleinen Blase. Um uns herum ist nichts mehr wichtig.
„Als du in mein Leben getreten bist, hat sich alles geändert. Du nanntest es Freundschaft plus, für mich war es längst mehr."
Ich verliere mich in seinen Wundervollen leuchtenden blauen Augen. Mein Blick wandert weiter zu seinen Lippen, die ich am liebsten sofort in Besitz nehmen möchte.

„Das ist wirklich romantisch", sagt Margaret verträumt.

Feuer der LeidenschaftWhere stories live. Discover now