Kapitel 19

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COLIN:

Mittlerweile ist Dana seit 2 Monaten wie vom Erdboden verschluckt.
Wir haben die Studioaufnahmen beendet, das Album wurde veröffentlicht und ab nächster Woche gehen wir auf Tour.
Ich versuche dem ganzen einen Sinn abzugewinnen, aber seit Danas verschwinden innerhalb weniger Stunden funktioniere ich nur noch.
Ich habe das Verkehrssystem gehackt und konnte sie bis zum Flughafen verfolgen, dort verliert sich ihre Spur.
Ich habe keine Ahnung wo sie hin sein könnte. Carter hüllt sich in Schweigen, unsere Beziehung ist sowieso nicht mehr die Beste, seit meiner Drohung an die Presse zu gehen.

„Hey Mann! Reiss dich zusammen! Du verspielst dich ständig!", kackt mich Adam an.
„Halt die Fresse!"
„Wir haben es ja verstanden, dass du sie vermisst, aber so langsam solltest du mal über sie hinweg kommen!", trifft Doris den Nagel auf den Kopf.
Ich schenke ihr einen Blick, der sie auf der Stelle hätte tot umfallen lassen müssen.
„Schluss für heute!"
Ich stelle meine Gitarre ab und verlasse den Proberaum.

Auch wenn ich es ungern höre, so muss ich es schaffen, wenigsten während den Auftritten nicht mehr ständig an Dana zu denken.


SICHTWECHSEL: Dana

„Mum, muss das sein?" Ich bin genervt. Sie schleppt mich seit Tagen von einer Entbindungsstation auf die nächste.
Seit ich in Gregs Armen einen Kreislaufkollaps erlitten hatte, lässt sie mich keine Minute mehr aus den Augen.
„Dana, es ist wichtig, dass du dir bereits vorher ein Bild machst, wo du entbinden wirst."
„Hauptsache es gibt viele Schmerzmittel."
„Ach, papperlapapp. Ich habe dich auch ohne Medikamente entbunden. Nach 32 Stunden in den Wehen warst du endlich da, gesund und munter."
Na toll. Ich hatte nicht vor tagelang in den Wehen zu liegen. Dass ich mit dem Gedanken eines Wunschkaiserschnittes spiele werde ich ihr jetzt lieber nicht sagen, sie wird dies noch früh genug erfahren.

Mum parkt ihr Auto vor dem San Francisco Memorial.

Zielstrebig läuft sie zur Geburtsstation.
„Hier hat sich nicht viel verändert. Ich war bei der Geburt von Rafael hier."
Ja, ich weiß... ich laufe hinter ihr, somit kann sie nicht sehen, wie ich genervt meine Augen verdrehe. Rafael ist mein jüngster Bruder.

Mum hat eine ältere Krankenschwester gefunden, die sie nun mit Fragen löchert.
Mir ist das eher peinlich, ich halte mich zurück und schaue mir die Bilder an, die an den Wänden hängen.
Viele Babyfotos, mit Danksagungen der Familien, für die Hilfe und tolle Unterstützung bei der Geburt.
Die Babys strahlten mit ihren Eltern um die Wette.
„Es tut mir leid, Peanut. Aber dein Daddy wird nicht dabei sein", flüstere ich.
Bei dem Gedanken an Colin zieht es mir den Magen zusammen. Ich vermisse ihn, aber die Erinnerung an den Kuss treibt mir erneut die Tränen in die Augen. Ich schüttle den Kopf um die Gedanken zu vertreiben.

Als ich am Aufenthaltsraum der Schwestern vorbei komme, höre ich plötzlich eine mir gut bekannte Stimme:

...> Ich lebe in einem Alptraum
Kann dieser Hölle nicht entkommen <...

Ich lasse meine Mum weiter die arme Schwester drangsalieren und gehe auf die Musik zu.
„Entschuldigung", sage ich, „die Musik, die sie da hören..."
„Eine neue Band aus New York", erklärt mir eine junge Schwester.
„Die sind wirklich gut."
Ich weiß...
schau an, kleiner Zwerg, dein Daddy wird berühmt.
„Sie geben nächsten Monat ein Konzert im Fillmore, aber es ist leider schon ausverkauft", sagt sie bedauernd.

„Danke", sage ich und gehe zurück zu meiner Mutter.
Ich brauche die CD, ich will den Song komplett hören, den kenne ich noch nicht und ich habe alle seine Lieder verschlungen.
„Bist du fertig?", frage ich ungeduldig.
„Ich mache das hier für dich!", beschwert sich meine Mutter.
„Wenn es soweit ist, kommen wir her, und dann kommt es raus, ob ich will oder nicht! - Wenn du nicht mitkommst, nehme ich mir ein Taxi, ich will noch kurz in die Mall."

****
Nach einem kurzen Abstecher in die Mall sind wir endlich zuhause. Ich lasse meine Mum einfach weiter zetern und verziehe mich mit meinen Laptop auf mein Zimmer.
Seid ich vor zwei Monaten unverhofft vor ihrer Tür stand, wohne ich wieder in meinem alten Kinderzimmer. Ich bin ihnen dankbar, sie haben keine Fragen gestellt und mich einfach wieder aufgenommen. Sie sind natürlich nicht sehr erfreut, dass ich niemandem erzähle wer der Vater des Babys ist, aber sie akzeptieren es. Was mich wirklich sehr überrascht.
Na ja, das schwarze Schaf ist nachhause zurückgekehrt.

Ich lege die CD ein und Scrolle durch die Titel, das sind alles seine Songs, die ich bereits kenne, nur der eine sticht mir ins Auge. Als ich ihn anklicke, ertönt sofort seine Stimme:

...> Ich lebe in einem Alptraum
Kann dieser Hölle nicht entkommen
Der brennende Strick um meine Kehle zieht sich zu
Millimeter für Millimeter
Mit jedem Tag den du weg bist
Weg wegen mir
Wegen einem Moment
Einem Kuss
Der nicht hätte geschehen dürfen
Lass mein Herz bluten solange du willst
Nur
Komm zurück
Komm zu mir
Ich brauche dich
Ich liebe dich.....<

Ich weiß nicht, wie oft ich diesen Song höre, ich habe ihm nicht einmal die Chance gegeben sich zu erklären. Bin einfach abgehauen. Ich war so verletzt. Scheisse Dana, es war doch nur ein Kuss. Du hast wegen eines dämlichen Kusses alles ruiniert.
Ein riesiger Kloß formt sich in meinem Hals. Bei jede Wiederholung des Songs laufen immer mehr Tränen über mein Gesicht. Ich höre seinen Schmerz in jeder Zeile, als er diesen Song geschrieben hat.

Irgendwann springt meine Tür auf Eve, meine Schwester, steht genervt vor mir.
„Hey, Dana! Kannst du auch mal etwas anderes spielen, so langsam geht es einem auf die Nerven. Wir haben alle verstanden, dass der Kerl etwas bereut."
Ich blicke sie durch einen Schleier dicker Tränen an.
„Na ja, so toll ist der Song jetzt auch nicht, dass man heulen muss", meckert sie.
Er wurde ja auch nicht für dich geschrieben!
„Wie bekomme ich Karten?", frage ich ohne auf ihr Gemecker einzugehen.
„Was?"
„Die Band tritt nächsten Monat im Filmore auf, wie komme ich an Karten?", will ich von meiner Schwester wissen.
„Gib mal her!", sagt sie und nimmt mir den Laptop aus der Hand.
Sie drückt einige Tasten, bis sie „ausverkauft", vermeldet.
„Kann nur sein, dass man an der Abendkasse noch etwas bekommt. - Mum wird dich aber nicht gehen lassen. Schwanger geht man nicht auf ein Konzert!"

Ich lege mich auf mein Bett und starre an die Decke.
Wie soll ich die nächsten Vier Wochen überleben. Die ganze Zeit war ich sauer auf ihn und konnte ihn verteufeln, aber jetzt...
Meine Gedanken kreisen nur um diesen einen Moment.
Zu sehen, wie er eine andere küsst...
Das hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen.
Ich bin habe New York kopflos verlassen, ein paar Stunden später war zuhause.

Was meinst du, Peanut? Ich sollte mit deinem Dad reden, er muss zumindest wissen, dass es dich gibt.
Aber wenn er nicht will? Also, er muss ja nicht Papa spielen, seine Karriere steht gerade am Anfang. Ein Baby passt da überhaupt nicht rein.
Oh Dana, das hast du wieder gut hinbekommen!

*********
Die nächsten Wochen sitze ich vor meinen Laptop und suche jede Information über Colin, die ich finden kann. Seine Musik läuft in Dauerschleife. Ich bin schon fast besessen von ihm.
„Dana. Du verkriechst dich seit Wochen in deinem Zimmer. Mum und Dad machen sich Sorgen um dich."
„Es geht mir gut!", sage ich. Mein älterer Bruder Gregory kommt Kopfschüttelnd in mein Zimmer und setzt sich zu mir aufs Bett.
„Willst du mir nicht erzählen, was es hiermit auf sich hat?" sagt er und wedelt mit der CD-Hülle von Colins CD.
„Hat Mum dich extra angerufen und auf mich angesetzt?"
„Nein!"
„Wochenlang hörst du diese Musik. Seit du dir diese CD gekauft hast, hast du dich verschanzt. - Ich habe ein bisschen recherchiert. Die kommen auch aus New York. Gibt es da vielleicht etwas, dass wir wissen sollten?", fragt Greg und legt seine Hand auf meinen Bauch.
Er war schon immer viel cleverer als gut für ihn ist.
„Nein!"

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