Date?

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Ich wachte auf und spürte direkt, dass ich, anders als die letzten paar Wochen, sofort gute Laune hatte. Das lag bestimmt an Alvaro. Er strahlt so viel Positivität aus, dass einem gar nichts anderes übrig bleibt, als froh zu sein. Dank dem Spanier war mir der Start in ein neues Leben direkt am ersten Tag leicht gefallen. Ich frühstückte und räumte dann mal mein Haus auf. Bis Mittags war ich damit fertig, aß etwas und ging dann duschen. Später machte ich mich fertig, um mich mit Alvaro zu treffen. Er kam um punkt 16 Uhr an und klingelte. Ich schnappte mir schnell meine Tasche, schaute nochmal in den Spiegel und ging zur Türe.

Wir begrüßten uns und fuhren dann mit seinem Auto los, aus Berlin raus. Wir kamen zu einem kleinen See und als ich ihn verwirrt ansschaute, als er parkte, grinste er nur. Wir stiegen aus. Auf dem Weg zum See kaufte er uns Eis an dem kleinen Verkaufsstand. Ich bedankte mich. Viel mehr redeten wir nicht. "Warum sind wir hier?" fragte ich nach einiger Zeit, in der wir schwiegen. "Ich denke ich kann dir vertrauen. Und darum zeige dir jetzt meinen Lieblingsplatz in Deutschland." sagte er. "Wow, danke." Sagte ich. Wir liefen schweigend nebeneinander her. Er bog vom Ufer des Sees, der wirklich so schön wie in einem Bilderbuch war, in den angrenzenden Wald ab. "Es ist wirklich sehr schön hier." sagte ich und er nickte lächelnd. "Sonst wäre es ja nicht mein Lieblingsplatz."

Wir kamen zu einer Lichtung, auf der ein Aussichtsturm stand. "Wow, den hat man vom See aus gar nicht gesehen." sagte ich staunend. "Darum kommt hier auch fast nie jemand hin. Man ist hier nahezu immer alleine und kann in Ruhe nachdenken." erklärte Alvaro mir. "Es ist perfekt hier." antwortete ich und wir gingen die Treppe hoch. Von oben konnte man den See sehen. "Wow." meinte ich nur. Es war umwerfend schön und ich schaute überglücklich zu Alvaro. Er schaute zum See rüber. Als er meinen Blick bemerkte, drehte er sich zu mir. "Wenn du willst, können wir hier bleiben und über irgendwas reden." schlug er vor. "Gute Idee." sagte ich und wir setzten uns auf den Holzboden.

Wir saßen wieder bestimmt zwei Stunden auf dem Turm und redeten über alles Mögliche, bis wir Stimmen hörten. Eine Gruppe Touristen. Juhuuu. "Hoffentlich kennen die mich nicht..." sagte Alvaro. Ich hatte ganz vergessen, dass er ja berühmt ist. Wir standen auf und schauten genervt nach unten. "Sollen wir mal wieder zurück gehen?" fragte ich und er nickte. Er zog seine Sonnenbrille auf und lief schräg hinter mir, damit die Leute, die uns entgegen kamen, ihn nicht erkannten. Wir gingen zurück zum See und beschlossen wieder nach Hause zu fahren.

Es war erst 19 Uhr und ich hatte keine Lust, den Abend wieder alleine zu verbringen. Als wir bei meinem Haus ankamen, stieg ich nicht direkt aus. "Was ist?" fragte Alvaro, als ich nachdenklich zu ihm rüber sah. "Naja, wir haben wegen den Leuten eben nicht zuende geredet. Ich fand den Nachmittag wirklich super. Also, wenn du willst, könntest du noch mit reinkommen, dann kochen wir was und können während wir essen weiter reden." bot ich ihm an. Er schwieg kurz und überlegte. "Okay, warum eigentlich nicht?"

Wow, ich hatte ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass er zustimmt. Wir stiegen aus und gingen in mein Haus. Ich zeigte ihm alles, zum Glück hatte ich heute schon aufgeräumt. Wir kamen in der Küche an und begannen auch direkt mit dem Kochen. Weil ich nicht mehr viel da hatte, machten wir uns nur Nudeln mit Tomatensauce. Alvaro deckte den Tisch in meiner Küche und ich machte zwei Teller mit Nudeln und Sauce fertig. Ich stellte sie auf den Tisch. "Möchtest du was trinken? Wenn ja, was? Ich habe Wasser, Limonade, Cola, Bier oder Wein." Er überlegte. "Ich denke, Wein klingt gut. Aber dann kann ich nachher nicht mehr Auto fahren. Aber andererseits, es sind nur 10 Minuten Fußweg und ich kann auch einfach jemanden anrufen, der mich abholen kommt. Das ist einer der wenigen Vorteile, wenn man berühmt ist, man hat einen Fahrer." sagte er. Ich sah ihn abwartend an. Will er jetzt Wein, oder nicht? "Also ja, Wein klingt toll." fügte er hinzu und ich holte eine Flasche Rotwein und zwei Gläser. Ich stellte auch noch eine Kerze auf den Tisch und dann setzten wir uns hin zum Essen.

Er schenkte uns Wein ein und wir stießen an auf ein gutes Dinner. Und es war ein verdammt gutes Dinner, irgendwie wie bei einem Date. "Ist das hier eigentlich ein Date?" fragte ich Alvaro vorsichtig. "Wenn du willst, ja." Ich nickte fröhlich. Wir unterhielten uns immer mehr über private Sachen, wie unsere Familien. Außerdem erfuhr ich, dass er vier Sprachen fließend sprechen kann: Spanisch, Englisch, Deutsch und Italienisch. "Wow, das ist cool. Ich kann nur Deutsch und Englisch." sagte ich. "Kannst du ein Instrument spielen?" fragte er. "Nur ein bisschen Klavier, und du?" fragte ich zurück. "Gitarre und Klavier hauptsächlich. Ein paar andere habe ich mal ausprobiert, aber nicht wirklich gelernt." sagte er. Wir räumten später die Küche wieder auf und setzten uns mit unseren schon zum dritten Mal nach gefüllten Weingläsern auf das Sofa in meinem großen Wohnzimmer.

"Wollen wir noch einen Film gucken?" fragte ich und als er zustimmte öffnete ich Netflix auf dem Fernseher. Wir schauten Yesterday, einen Film über einen Songwriter, der sich als einziger an die Beatles erinnern kann und mit ihren Songs dann berühmt wird. Da wir den Film aber beide schon kannten, redeten wir einfach weiter über verschiedene Sachen. Es machte Spaß mit ihm zu reden und wir lachten viel. Als wir die Flasche Wein geleert hatten, beschlossen wir jedoch schlafen zu gehen."Du kannst auch einfach die Nacht hier bleiben, wenn du willst." Bot ich dem Spanier an. "Ok. Gerne. Ich glaube ich bin ein bisschen angetrunken. Laufen wäre also nicht mehr die beste Idee. Und es ist schon nach 23 Uhr. Mein Fahrer hat schon ab 22 Uhr frei." Sagte er und lachte. Ich stieg mit in das Lachen ein und wir gingen nach oben in mein Schlafzimmer.

"Ähm. Ist es ok, wenn wir zu zweit im Bett schlafen?" frage ich. Er grinste. "Ja, warum nicht?" meinte er. "Weiß ich nicht. Aber ich kann dir auch nichts zum Anziehen geben. Ich bin kleiner als du und ähm ja, du kannst ja schlecht in Jeans schlafen..." "Dann schlafe ich halt in Boxershorts, wenn das ok für dich ist." meinte er und wir gingen nacheinander ins Badezimmer, um uns fertig zu machen. Ich hatte sogar noch eine neue Zahnbürste für ihn. Eine halbe Stunde später, als ich nach Alvaro aus dem Bad wieder kam, lag dieser bereits nur in Boxershorts auf meinem Bett. Woooow. Er ist heiß. Er ist die verdammte Definition von heiß. Ich musste mich beherrschen, nicht panisch aus dem Raum zu rennen. Irgendwie schaffte ich es, meine Angst loszuwerden und legte mich mehr oder weniger selbstsicher neben ihn.

"Du wirkst irgendwie verunsichert Nora. Mache ich dich etwa nervös?" fragte er scheinheilig während er die Decke über uns zog und strich wie aus Zufall über meine Hüfte, als er seine Hand wieder zu sich zog. "Ähm. Nein. Alles gut." sagte ich etwas zu schnell und überspielte das, indem ich fragte "Bist du müde?" "Nein. Nicht wirklich. Und du?" "Nein, ich auch nicht." antwortete ich kurz. Alvaro wechselte netterweise das Thema und dann redeten wir noch lange. Ich machte das Licht schon mal aus und selbst im silbrigen Mondlicht sah er perfekt aus. Ich hatte definitiv eine Schwäche für ihn. Und als ich dachte, dass ich dieser Schwäche nicht mehr lange stand halten konnte, gähnte ich als Vorwand schlafen zu wollen. Ich wollte nichts überstürzen und keinen One night stand aus unserer Freundschaft machen. "Müde?" fragte Alvaro. "Ja. Jetzt schon. Und du?" "Ein bisschen." sagte er und wir beschlossen zu schlafen. "Gute Nacht, Nora." "Gute Nacht." sagte ich und als ich mich etwas später mit dem Rücken zu ihm drehte, weil ich nur auf der einem Seite gut einschlafen kann, spürte ich, wie Alvaro vorsichtig einen Arm um meine Hüfte legte. Ich spürte ein wohliges Kribbeln in meinem Bauch und legte meine Hand auf seine. Er lachte kurz leise und dann schlief ich auch schon ein. Ich fühlte mich sicherer als je zuvor und schlief auch besser als die ganzen letzten Monate. Dank Alvaro. Dem nettesten, positivsten und attraktivsten Spanier, den ich je getroffen hatte. Klar, wir kannten uns erst ein paar Tage, es war komisch, dass wir jetzt direkt in einem Bett schliefen. Aber irgendwie fand ich keine Gründe dafür, es nicht zu tun, also genoss ich es einfach.

Alvaro war bisher der wichtigste Mensch in meinem neuen Leben, naja, auch so ziemlich der einzige, abgesehen von ein paar Freundinnen. Mein neues Leben hatte ja auch erst vor ein paar Tagen begonnen. Aber es würde super werden, das spürte ich jetzt schon.

»Reset.«Where stories live. Discover now