Wie man eine Allianz eingeht

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Ich betrachte mich in dem großen Spiegel im Zimmer. Äußerlich sehe ich keine Veränderungen, bis auf den Biss im Hals, den mir Rowan zugefügt hat. Innerlich spüre ich eine Macht, die mir gleichzeitig fremd und vertraut ist.
Ich schließe die Augen.
Diese Macht ... Ist das Teil des Gefährtenbandes? Wollte Rowan trotz des Risikos diese Verbindung mit mir, wegen dieser Macht?
Als ich die Augen wieder öffne, steht Rowan hinter mir und schaut mich an. Eine Hand legt er mir an den Bauch und zieht mich an sich. Langsam lässt er seine Lippen über meine Hals gleiten. Ein wohliges Seufzen entfährt mir. Rowan lässt mich vergessen, was ich bis eben noch gedacht habe. Ich liebe seine Berührungen, bin plötzlich süchtig danach.
»Spürst du sie?« Wispert er, genau an der Stelle, wo er noch vor wenigen Stunden seine Zähne versenkt hat. »Deine Macht.«
»Ich fühle mich anders«, entgegne ich ebenso leise. »Spürst du sie auch?«
Sein dumpfes Lachen vibriert auf meiner Haut. »Nur Drachen deiner Blutlinie bekommen diese Macht, wenn sie sich an ihren Gefährten binden. Deswegen wusste wir auch, das Chronos sich verbunden hat.« Er zuckt mit den Schultern. »Er wollte uns nur nicht verraten mit wem.«
Ich wende den Kopf zu ihm, damit ich ihn ansehen kann. »Marianne, die Gemahlin von Nyr, war Chronos' Gefährtin.«
Seine Finger streichen über meinen Bauch, während ich mich an seine Brust schmiege. Sanft knabbert Rowan an meinen Hals und ich schließe für einen Moment genüsslich die Augen. »Andere werden diese Macht in dir spüren können«, sagt Rowan, während er mich im Spiegel beobachtet. Ein verlangender Glanz liegt in seinem Blick, als er an meinem Spiegelbild entlanggleitet. »Und du musst lernen, die Macht im Zaum zu halten.« Er schiebt die Hand Stück für Stück weiter nach unten und ich halte den Atem an. »Aber vorher ...« Als ich seine Finger zwischen meinen Beinen spüre, lasse ich stöhnend den Kopf gegen seine Schulter sinken.
Ein Lachen rumpelt durch seine Brust. »Ich liebe es, wie du dich in meinen Händen in Wachs verwandelst«, raunt er mir ins Ohr, während seine Finger in mich eintauchen. Ich beiße mir auf die Unterlippe. »Ich liebe alles an dir und das schon so lange.« Ich schlucke angestrengt und schaue ihn im Spiegel an.
Mit einem hungrigen Grollen wirbelt er mich herum, trägt mich hoch und bringt mich zurück ins Bett. Dort lässt er mich alles vergessen. Den Ort. Die Zeit. Was war. Was sein könnte. Und sogar die Sorge um unseren besonderen Gefährtenband.



***


Einige Monate später

Das Feuer, das in mir unaufhörlich lodert, ist stärker denn je, doch mittlerweile habe ich es im Griff. Ich kann von Glück reden, das ich in den letzten Monaten niemanden getötet habe. Das heißt, jedoch nicht, dass ich keine Schuldgefühle gegenüber denjenigen habe, die ich in der Zeit verletzt habe.
Rowans Hand ist mit meiner verflochten, als wir das Schloss betreten. Neben ihm fühle ich mich vollständig. Niemals hätte ich es für möglich gehalten, so glücklich sein zu dürfen wie in den letzten Monaten. Aber das bin ich. Glücklich. Ich habe nie mehr Glück erfahren.
»Davina.« Schwarze Schwaden versperren uns den Weg. Nachdem sie vollkommen verschwinden, kniet Aedion vor mir. Er hat mich noch nie meine Königin genannt, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Vielleicht hat er auch bemerkt, dass mir der Titel unangenehm ist. Selbst heute noch, obwohl schon viele Monate vergangen sind. »Der Vampirkönig ist hier«, verkündet er.
Es ist komisch keine Angst zu spüren, obwohl mich ein Vampir einst fast getötet hat. Doch neben Rowan fühle ich mich stark, fast schon unbesiegbar. Dabei ist Chronos, den ich schon seit Monaten nicht mehr gesehen habe, der beste Beweis dafür, dass niemand unbesiegbar ist.
Ich nicke, drücke die Hand meines Gefährten stärker und folge gemeinsam mit Rowan dem Dämon. Obwohl in Lythanica alles ruhig geworden ist und keine ungewöhnliche Vorfälle geschehen sind, ist mir nur allzu gut bewusst, das der Frieden nicht von Dauer sein wird, wenn die Vampire sich uns nicht beugen werden. Das zu bewerkstelligen wird schwer sein. Es ist schwergewesen die Drachen dazu zu bringen, den Menschen mehr Respekt zu zollen. Die meisten hatten sich gesträubt und da ich sie nicht dazu zwingen wollte, hatte ich ihnen Zeit gegeben, sich mit der Idee anzufreunden. Einige sind noch immer nicht glücklich mit meiner Entscheidung, akzeptieren sie jedoch. Sie tun nichts dergleichen, um mich umzustimmen, sondern versuchen sich zu fügen.
Als die Tür zum Saal sich öffnet, sehe ich bereits den Vampirkönig mitten im Raum stehen. Ich lasse Rowans Hand los, marschiere auf meinen ungebetenen Gast zu und mustere ihn eindringlich. Seine Haut ist genauso blass, wie die weißen Wände in diesem Raum. Sein langes blondes Haar, das er zu einem Zopf zusammengebunden hat, geht ihm bis zur Hüfte.
»Was verschafft mir das Vergnügen?« Ich gehe an ihm vorbei und setze mich auf den Thron, der am anderen Ende des Raumes steht. Noch immer fühle ich mich komisch, wenn ich dort sitze. Als Rowan sich neben mich setzt, spricht der Vampir endlich.
»Mir sind Gerüchte zu Ohren gekommen.«
»So?« Ich gebe mir große Mühe uninteressiert zu wirken, obwohl das Feuer in mir mich dazu drängt, alles aus dem Mann herauszupressen, was er weiß. Mühsam dränge ich es zurück.
»Es wird behauptet, die Königin von Lythanica sei Chronos' Tochter.«
Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen. Ich verstehe absolut nicht, worauf er hinaus will.
»Er zweifelt deine Herrschaft an.« Für einen Moment bekomme ich große Augen, als ich Chronos' Stimme höre. Ich fange mich jedoch rasch wieder, sodass niemand es bemerken konnte – das hoffe ich zumindest.
»Ich gebe zu, das rote Haar gleicht dem seinen, aber das ist auch die einzige Ähnlichkeit«, sagt der Vampir.
»Du musst ihn zurechtweisen«, fordert mein Vater. Ich schenke ihm einen kurzen Blick, ehe ich aufstehe und langsam auf den Mann zu gehe. »Ihr kommt also her, in mein Schloss, um was? Mich eine Lügnerin zu beschimpfen?«
Er schüttelt den Kopf. »Gewiss nicht. Ich sage nur, das es für uns keinen Sinn macht euch zu folgen. Ihr seid nicht euer Vater.«
Ich ziehe eine Augenbraue hoch. Ach was? Was hat mich verraten? Meine Brüste oder doch eher meine weibliche Stimme?
»Und um mir das zu sagen, seid ihr persönlich hergekommen?«
Wieder verneint der Vampir meine Frage mit einem Kopfschütteln. »Ich bin bereit, einen Kompromiss einzugehen«, sagt er. »Wenn ihr das Knie vor mir beugt, bin ich bereit, den Frieden zu wahren, Davina.«
Das Feuer in mir bäumt sich auf. Was fällt dem Vampir, König hin oder her, ein, hierher zukommen, von mir die Unterwerfung zu verlangen und mich dann auch noch unverschämterweise bei meinem Namen zu nennen?
Schmerzlich dränge ich das Feuer zurück. Es durfte nicht ausbrechen. Noch habe ich es nicht völlig unter Kontrolle.
Aufmerksam lausche ich Chronos' Worte, ehe ich dem Vampir antworte.
»Lucian«, sage ich verächtlich, während ich die Hand hebe, um Aedion zu stoppen, der drauf und dran war auf den Vampirkönig loszugehen. »Ihr habt Recht, ich bin nicht mein Vater«, gebe ich zu. »Ich habe erreicht, was Chronos immer wollte, aber nie konnte. Drachen, Dämonen, Menschen, Werwölfe, Wandler und Menschen leben nebeneinander ohne den anderen nach dem Leben zu trachten.«
Der Vampir blinzelt mehrmals und setzt zu einer Antwort an, doch ich unterbreche ihn scharf. »Und du«, zische ich. »Tauchst hier auf. Zweifelst an mir. Stellst meine Herrschaft infrage und stellst auch noch Forderungen?« Ich schnaube. »Wie dumm bist du eigentlich?« Lucian zuckt zusammen. »Du willst das Knie nicht beugen? Damit habe ich kein Problem. Ich habe jedoch sehr wohl ein Problem damit, wenn du hier auftauchst und meinem Volk und mir drohst.« Die Macht, die mir dank dem Band mit Rowan, in mir lodert, zwingt, den Vampir sich kleiner zu machen. »Abgesehen davon, wollt ihr die Schuld gegenüber Chronos nicht einlösen?« Lucians Blick gleitet zu Aedion. »Ich halte all meine Schwüre«, sagt der Dämon eindringlich, woraufhin ich einen fragenden Blick von dem Vampir zugeworfen bekomme.
Ich ziehe meine Augenbrauen hoch und warte auf seine Entscheidung. Mit Sicherheit werde ich ihm nicht verraten, dass mir Chronos selbst von der Schuld erzählt hat. Er hat vor langer Zeit Lucians Leben gerettet und später trotz eines Fehltritts verschont. Der Vampir hatte, wie Aedion, meinem Vater versprochen, dass er ihm und seiner Blutlinie Folgen wird. Doch ein Versprechen ist nicht so bindend wie ein Schwur.
Lucian beißt sich auf die Unterlippe, windet sich unter meinem Blick, ehe er auf die Knie fällt. »Meine Königin«, sagt er schließlich so laut, dass ihn jeder in diesem Raum hören konnte. Ich blinzle mehrmals und schaue zu Chronos. Er schenkt mir ein aufrichtiges Lächeln. »Du kannst das«, verspricht er mir, ehe er wieder verschwindet. Doch diesmal habe ich das Gefühl, das ich ihn zum letzten Mal gesehen habe.
Ich wusste, was die Entscheidung des Vampirkönigs für Ausmaße hat. Der Krieg, der seit Jahren zwischen den Vampiren, Dämonen und Drachen herrschte, war vorbei. Endgültig.

Hallo ihr Lieben,das ist das letzte Kapitel - nun folgt nur noch der Epilog

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Hallo ihr Lieben,
das ist das letzte Kapitel - nun folgt nur noch der Epilog

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