Geheimnisse

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In der Schülerschar auf dem Bahnsteig ihre Freunde auszumachen, war schon schwierig genug. Durch den Regen, der eingesetzt hatte, kurz nachdem Aviana und Cal das Schloss verlassen hatten, erkannten sie Freddie und Merle jedoch erst, als sie gerade noch drei Schritte entfernt waren.

Merle's rote Locken stachen trotz der tief in die Gesichter gezogenen Kapuzen hervor.

„Frohes Neues Jahr!", rief Freddie und sowohl Aviana als auch Cal erwiderten den nachträglichen Wunsch, als Merle ihre beiden Freunde in die Arme schloss, ehe sie einen anklagenden Finger auf Aviana richtete und darauf ihre Fäuste in die Seiten stemmte.

„Du hättest mir ruhig sagen können, dass du ein Weihnachtsgeschenk hast. Jetzt komm ich mir echt doof vor, dir nur einen Brief geschrieben zu haben."

„Gern geschehen. Er hat dir gefallen, oder?", entgegnete Aviana grinsend.

Cal's Seitenblick ignorierte sie dabei gekonnt.
Konnte ja niemand wissen, dass der ruhige Hufflepuff auf einer Antwort bestehen würde, als sie außer Atem und ohne das Geschenk, das sie angeblich für Merle hatte fertigstellen müssen vor dem Eingangstor zu ihm gestoßen war. Ihre Ausrede, dass sie Merle das Geschenk lieber erst im Gemeinschaftsraum geben wollte, hatte er nicht gelten lassen. Aviana hatte Cal's Wortkargheit und seine seltenen Fragen zu ihren Gesprächen und Ausflügen mit Gabriel ganz offensichtlich zu sehr mit Unaufmerksamkeit gleichgesetzt.

„Ich habe Augen und Ohren im Kopf, weißt du", hatte er sie wissen lassen und sich dabei das Brillengestell flink den Nasenrücken hochgeschoben. „Warum war Gabriel so erpicht darauf, mit dir zu Professor Flitwick zu gehen? Und sag mir nicht, dass es um Schulstoff ging. Gabriel ist ein Jahr älter als du, also nicht der gleiche Stoff. Außerdem scheint er mir nicht der Typ dazu zu sein, der sich in den Ferien um die Schule kümmert."

Aviana wusste, dass es sich nicht lohnte, nach einer weiteren Ausflucht zu suchen, wenn sie Cal's Vertrauen und Freundschaft behalten wollte, also war ihr nichts Anderes übrig geblieben, als die Wahrheit zu sagen. Zumindest einen Teil davon.

„Gabriel hat ein Bild entdeckt, auf dem eine Schülerin abgebildet war, die ihn an jemanden erinnerte. Also wollten wir einen Lehrer fragen, wer sie war. Da Professor Flitwick und Professor Slughorn beide in dieser Zeit bereits in Hogwarts unterrichteten, machte es Sinn einen der Beiden zu fragen. Professor Flitwick haben wir nicht mehr erwischt, also ging ich zu Professor Slughorn."

„Und dazu hast du 45 Minuten gebraucht?"

Seine Skepsis war berechtigt, denn die die Zeitrechnung ging tatsächlich nicht auf. Zumindest dann nicht, wenn sie nach ihrer eben gegebenen Erklärung ging.
Aber sie konnte ihm auch nicht sagen, dass sie nach der Unterhaltung alle Informationen, an die sie sich noch erinnern konnte, in ein Heft gekritzelt hatte, damit sie diese später zusammentragen und gemeinsam mit Gabriel zu einem Schluss kommen könnte. Dann würde sie ihm auch den Rest erzählen müssen und dazu war sie noch nicht bereit.

„Ich hab darauf Gabriel gesucht, ihn aber nicht gefunden, weswegen ich es aufgeschrieben habe, um es nicht zu vergessen."

Im Prinzip war auch das nicht gelogen, aber sie war sich sicher, dass er es ihr nicht restlos abkaufte. Die einfahrende Lok und ihr greller Pfiff hatten sie jedoch erlöst, bevor sie noch weiter in Erklärungsnot hatte geraten können.

„Natürlich hat er mir gefallen! Danke dir!"

Das Modell des Mini-Besens hatte Aviana im Versteckte-Geheimnisse-Raum entdeckt, als sie auf dem Rückweg an einem besonders hohen Berg an entsorgten Dingen vorbeigegangen war. Er war ihr um den Kopf geschwirrt und beim Anblick musste sie direkt an ihre beste Freundin denken.

Huffle-inWhere stories live. Discover now