twenty-two

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Na Jaemin

Mittwoch, eine Woche später

Gerade bin ich tatsächlich mal mehr oder weniger mit meinen Hausaufgaben beschäftigt, als es plötzlich an der Tür klingelt. Jeno? Kann eigentlich nicht sein, weil er heute auch zu tun hat.

Überlegend stehe ich auf und begebe mich dann zur Tür, ehe ich diese öffne. Wer auch immer es ist, muss auch noch die Treppen nach oben kommen, was man dann auch hört.

"Papa?!", frage ich entsetzt, als plötzlich tatsächlich mein Vater vor mir steht. "Warum hast du nichts gesagt oder angerufen oder so?!"

Glücklich, aber auch gleichzeitig verzweifelt sehe ich ihn an und fange dann plötzlich an zu weinen. Ich weiß jetzt nicht mal, warum genau. Mein Dad zieht mich schnell in seine Arme und streicht mir sanft über den Rücken. Selbst das hab ich irgendwie extrem vermisst. Er war wirklich lange weg...

"Jaemin, beruhig dich bitte... Was ist denn los? Ist irgendwas passiert?", fragt er sanft und ich nicke lediglich, während ich leise weiter schluchze. Ich versuche ja mich zu beruhigen, aber wenn man erstmal dabei ist, ist das gar nicht so einfach.

Mein Vater kommt vorerst in die Wohnung und zieht mich vorsichtig mit sich, ehe er die Tür hinter uns schließt. Er behält mich weiter in seinen Armen und so langsam werde ich dann doch wieder ruhiger.

Jetzt wo wir hier drinnen sind, will ich erst recht nicht mehr heulen, da ich nicht will, dass meine Geschwister das mitbekommen müssen. Ich will und kann vor ihnen nicht schwach sein. Was bringt ihnen ein älterer Bruder, der schwächer ist, als sie selbst?

"Na komm, wir setzen uns in die Küche.", sagt mein Vater dann und ich nicke. Ich glaube, bevor er auf Kur gegangen ist, war er erst ein einziges Mal hier. Krass, das ist alles ganz schön komisch.

Wir schließen die Tür hinter uns und setzen uns dann gemeinsam an den Tisch. Ich sehe ihn fragend an, aber er mich genauso.

"Also Jaemin. Sag mir bitte, was los ist. Und danach muss ich auch noch mit dir reden.", sagt er ruhig und ich hoffe in diesem Moment direkt, dass es nichts schlimmes ist.

Ich nicke und atme tief durch, ehe ich beginne zu sprechen. "Mama's Depressionen sind wieder viel schlimmer geworden. Erst war sie nur Zuhause, aber jetzt haben sie sie in eine Psychiatrie geschickt. Keine Ahnung, mich überfordert das einfach alles und Geld fehlt eben auch.", murmle ich leise.

"Das- Oh Gott, das tut mir wirklich leid. Vielleicht hätte ich doch wenigstens mein Handy oder so mitnehmen sollen. Warum habt ihr denn nicht angerufen?"

"Wir wollten nicht stören und erst recht kein Drama verursachen...", erkläre ich leise und seufze ein wenig. Vielleicht hätten wir wirklich einfach anrufen sollen, aber egal, um noch irgendwas zu ändern, ist es jetzt sowieso zu spät. Aber jetzt ist mein Vater ja auch endlich wieder da.

"Wie geht's dir denn überhaupt? Ist alles wieder gut und kannst du wieder arbeiten?"

Mein Dad nickt. "Ja, ich werde ab Montag wieder ganz normal zur Arbeit gehen und es ist alles wieder in Ordnung. Aber trotzdem muss ich dir etwas sagen.", sagt er und sieht mich dabei jetzt schon entschuldigend an.

Oh nein, hat er etwa etwas angestellt?

"Auf der Kur habe ich jemanden kennengelernt. Zu Anfang war es wie eine gute Freundschaft, aber daraus ist mehr geworden. Weißt du Jaemin, mit mir und deiner Mutter ist es schon lange nicht mehr so, wie es sein sollte. Sie ist wirklich eine tolle Frau, aber so geht das einfach nicht mehr. Deshalb werde ich ausziehen.", erklärt er und meine Augen werden immer größer.

"W-Was? Aber was ist denn dann mit uns? Und vor allem mit Mama? Ihr geht's super schlecht zur Zeit..!", entgegne ich entsetzt und vollkommen überfordert. Wenn er jetzt geht, wird doch nur alles noch schlimmer als so schon.

"Ihr könnt zeitweise bei mir wohnen, wenn ihr wollt; die Wohnung ist in der gleichen Stadt. Was Mama betrifft; ich weiß, dass das gerade alles verdammt unpassend ist und ich weiß auch, dass sie einige Zeit brauchen wird, um damit klarzukommen. Aber ich kann Gefühle nicht erzwingen, Jaemin. Niemand kann das."

Verzweifelt nicke ich. Er hat ja recht, immerhin passiert sowas in anderen Familien auch. Aber trotzdem hätte ich nicht erwartet, dass es bei uns der Fall ist. Meine Eltern waren immer glücklich zusammen, auch wenn nicht immer alles einfach war...

"Geld werdet ihr auf jeden Fall von mir bekommen, mach dir da keine Sorgen. Aber Kleiner, das Wichtigste ist, dass ich euch alle lieb hab, ja? Auch wenn du mich jetzt vielleicht für einen Idioten hälst. Du bist mein Sohn und ich bin sehr glücklich, dich und deine Geschwister in meinem Leben zu haben, okay? Vergiss das niemals."

Nun mit Tränen in den Augen nicke ich erneut und werde nicht viel später in eine feste Umarmung gezogen. Ich kuschle mich nah an meinen Vater und genieße es für diesen Moment einfach nur ihm nah zu sein.

Meine Gedanken versuche ich zumindest für kurze Zeit einigermaßen abzustellen.

sweet lies - nominWo Geschichten leben. Entdecke jetzt