Eustass Kid

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Kid umschloss seine Kaffeetasse mit beiden Händen, wärmte seine steif gefrorenen Finger an ihr. Sein Blick ruhte auf der schwarzen Flüssigkeit darin, während er versuchte seine Kopfschmerzen zu verdrängen.
Wie jeden Morgen war er heftig atmend aufgewacht, glaubte einem erstickungstot nahe zu sein. Die Panik, die er in diesem Moment verspürte, bereitete ihm diese unsagbaren Kopfschmerzen.
,,Werd endlich wach, es ist gleich 7 Uhr", trieb ihn sein Kollege an.
Corby. Einer der nervigsten Menschen, die Kid kannte. Immer wenn Kid zur Arbeit kam, war Corby bereits auf dem Revier. Nie hat Kid ihn wirklich arbeiten sehen, doch andere antreiben konnte er gut. Vor allem aber war Corby die schlimmste Petze der Kid je begegnet war.
,,Als Hilfspolizist solltest du schon längst unterwegs sein. Dein Job ist wirklich wichtig. Wer verteilt die Strafzettel wenn du es nicht tust?", spottete Corby weiter, packte Kids Tasse und goss den Inhalt in den Ausguss.
In Kid stieg Wut auf. Nur zu gern hätte er Corby gepackt und ihm das schräge Grinsen aus dem Gesicht geprügelt, doch stand Corby über ihm und Kid brauchte das Geld dringend. Eine Kündigung konnte er somit nicht riskieren und musste sich das Mobbing des Pinkhaarigen gefallen lassen.
,,Auf jetzt oder ich sage Rayleigh bescheid, dass er dich feuern soll, du nichtsnutziger Strafzettelschreiber", drängelte Corby weiter.
Kid wurde es zu viel. Er konnte sich Corby heute nicht weiter antun ohne vollkommen auszurasten.
Mit einem Schnauben erhob er sich, schlüpfte in seine Jacke und eilte, begleitet von Corbys Kichern, aus der Polizeistation.
Der Dezembermorgen war mehr als ungemütlich. Der Himmel über New York war grau und der Wind pfiff eisig durch die schneebedeckten Straßen.
Kid war erst vor ein paar Minuten angekommen und wollte sich noch ein wenig aufwärmen bevor er wieder losziehen musste, doch das war ihm ja nun nicht vergönnt.
,,Verflucht sei dieser pinkhaarige Lackaffe", grummelte Kid vor sich hin, während er durch die Straßen schlenderte.
Seine Hände hatte er in den Taschen seiner Jacke und versuchte sie so vor dem eisigen Wind zu schützen, damit sie nicht ganz abfroren.
Obwohl es noch früh war, war bereits viel los auf der Straße. Wie jeden Morgen kam Kid an den selben Leuten vorbei. Zeitungsverkäufer, Kioskbesitzer, selbst einige Passanten erkannte er. Natürlich nur vom sehen. Nie würde Kid einen von ihnen ansprechen. Warum sollte er auch? Er hasste Menschen und versuchte allen aus dem Weg zu gehen. Von seiner Familie wurde er nur enttäuscht. Aufgewachsen war er in einem Heim und Freunde hatte er keine. Kid lebte allein und genoss es. Andere brauche er nicht und wollte auch auf keinen Fall irgendjemanden an sich lassen.
Kid lief sein gewohntes Revier ab, verteilte ab und zu Strafzettel und ignorierte die Anfeindungen gegen ihn. Er war so in Gedanken versunken, dass er erst realisierte wo er gerade hinlief, als es bereits zu spät war. Sein Weg hatte ihn heute wieder in den Central park geführt. Wieder zu dem selben Teich, an den es ihn seit Wochen immer hin verschlug.
Kid seufzte über seine eigene Dummheit.
Er hasste Menschen, liebte die Einsamkeit und doch kam er jeden Morgen in den Central Park, weil er wusste das er hier war. Er, der junge Naturschützer, der seit einigen Wochen die Tiere im Teich fütterte. Jeden Morgen brachte dieser Brot für die Enten und Bieber, die sich dort angesiedelt hatten.
Kid genoss das glückliche Lächeln des Mannes, wenn dieser die Tiere fütterte, doch würde er es nie wagen ihn anzusprechen. Zu groß wäre die Überwindung, die es ihn kosten würde. Zudem, wer nicht wagt, kann auch nicht verlieren. Kid lebte seinen geregelten Tagesablauf. Störungen konnte er nicht gebrauchen, schon gar keine menschlichen Störungen.
Obwohl Kid es sich nicht vorstellen konnte, dass er diesen Mann je ansprechen würde, schaute er sich doch nach ihm um. Es gab ihm eben ein gutes Gefühl, wenn er ihn sah, wenn er wusste, dass es ihm gut ging. Doch heute konnte er ihn nicht ausmachen. Der Naturschützer, der in seiner grünen Funktionsjacke mit dem riesigen Logo seiner Organisation darauf, immer so niedlich aussah, war nicht am Teich anzutreffen. Sorge stieg in Kid auf.
,,Wenn ihm was passiert ist, werde ich es nie erfahren", dachte Kid automatisch und näherte sich dem Teich.
Er wusste, das er weiter musste. Wusste, dass er nicht hier warten konnte, das er seinen Job auf keinen Fall gefährden durfte, doch einfach gehen konnte er nicht.
,,Nur 5 Minuten", ermahnte er sich selbst, während er möglichst unauffällig zu dem Stammplatz des Mannes machte.
Dort wartete bereits eine kleine Gruppe Enten und schaute erwartungsvoll zu Kid auf, dem das nicht geheuer war.
,,Ich warte doch auch auf ihn. Regt euch ab", zischte er den Enten zu und kam sich augenblicklich total dumm vor.
Wer redete schon mit Enten?
Kid blickte sich um, ehe er sein Handy aus der Tasche holte und auf die Uhr blickte. Fünf Minuten konnte er sich erlauben. Fünf und keine mehr. Zumindest nahm er sich das vor. Er wusste, ohne ihn gesehen zu haben, würde er sich keinesfalls von der Stelle bewegen. Doch was sollte er tun, wenn der Mann tatsächlich aufkreuzen würde? Hallo konnte er schlecht sagen.
Kid schnaubte wütend und kickte einen Stein ins Wasser. Er beobachtete die Wasserbewegung und hatte vor einen kurzen Augenblick ein Schiff vor Augen. Es war zu kurz, als dass er es hätte richtig fassen können, doch weckte es eine ungeahnte Sehnsucht in ihm.
,,Möchten Sie auch?", fragte jemand neben Kid und er bekam eine Scheibe Brot hingehalten.
Perplex blickte Kid zu demjenigen. Sein herz rutschte ihm in die Hose, als er den jungen Naturschützer erblickte.
,,Ich weiß das sie mich seit Wochen so neidisch beobachten. Hier, heute teile ich mein Erlebnis", lächelte der junge Mann und drängte Kid die Brotscheibe auf, der nicht wusste, wie er sich verhalten sollte.
Er war ertappt worden. Gut nur, dass der Mann neben ihm nicht wusste, das seine Aufmerksamkeit nicht dem Füttern der Tiere galt.
,,Ehm", gab Kid nur wenig intelligent von sich.
,,Na machen Sie schon Offizier, sonst beisst Sie eine der Enten", lachte der Mann und lies damit Kids Herz einen freudigen Sprung machen.
Noch einmal blickte er zu dem Mann runter, ehe er ein viel zu großes Stück Brot nahm, es warf und damit fast eine der Enten versenkt hätte.

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