9-/ Ich hatte sie noch nie weinen sehen

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Tenko PoV.

Dafür, dass ich Gestern Abend so müde und erschöpft war, habe ich das Gefühl diese Nacht über kein Auge zugemacht zu haben.
Mein Körper fühlt sich schwer und Energielos an, ebenfalls habe ich leichte Kopfschmerzen und wünschte, ich müsste heute einfach nicht aufstehen.

Natürlich habe ich einen Teil meiner Zeit Gestern damit verschwendet, über sinnlose dinge Nachzudenken, jedoch bin ich auch danach nicht zur ruhe gekommen, habe mich bloß hunderte male umher gedreht und bin dabei fast verrückt geworden.
Ich hätte aufkeinenfall damit gerechnet, dass dieses Haus nach all den Jahren noch so einen Effekt auf mich haben würde...

Während ich also noch in meinem warmen, weichen Bett liegen bleibe und grade wieder einnicke, klopft aufeinmal jemand an meiner Tür.

Ich schrecke leicht auf und höre bloß noch heraus, das meine Schwester mich zum Frühstück in die Küche ruft.
Würde meine größte Anstrengung nicht darin bestehen, meine Augen offen zu halten, würde ich ihr antworten, dass ich nicht kommen werde.

Kein Hunger.

Jedoch kenne ich sie gut genug um zu wissen, dass sie dann eventuell wieder Panik schieben und sich Sorgen machen würde.

Wenig später werfe ich grummelnd meine Decke zur Seite, setze mich auf und versuche erstmal, ansatzweise Wach zu werden.
Sogar meine Rollos ziehe ich ein stück hoch und erblinde dabei halb - jedoch sollte ich schon irgendwas sehen können, wenn ich nach Klamotten suchen möchte.

Ich habe heute nicht viel vor, Entscheide mich Letzten Endes also für eine gemütliche, graue Jogginghose und ein schwarzes T-Shirt.
Grade als ich mir den dunklen Stoff über den Kopf gezogen und zurecht gezupft habe, fällt mein Blick auf meinen arm.

Ich schaue meinen Fingern gleichgültig dabei zu, wie sie sanft über die kleinen, hellen Narben streichen, welche über meine blasse Haut verteilt sind.

Sie sind der Grund, warum meine Schwester so besorgt um mich ist, weshalb sie so oft nach meinem Arm fragt oder mir sagt, ich solle täglich essen etc.

Damals hat Hana mich im Bad erwischt, als ich eine von Dads Rasierklingen durch meine Haut gezogen und dabei das Waschbecken vollgeblutet habe.

Sie hatte Tränen in den Augen als sie mich dort stehen sehen hat- in diesem Moment habe ich nichts als Panik, reue und angst gefühlt. 
Ich hatte sie angefleht es für sich zu behalten und mich alleine zu lassen, mich einfach in ruhe zu lassen und zu vergessen, was sie gesehen hatte...

Sie sollte mich einfach Weiter machen lassen.

Natürlich- oder eher zum glück, hat sie mir die Klinge weggenommen, meinen Arm verbunden und mich solange umarmt und mir gesagt wie wichtig und wunderbar ich bin, bis ich aufgehört habe zu schluchzen und vor schmerzen und Scham zu wimmern. 

Allein bei dem Gedanken daran, zieht sich alles in mir zusammen- ich hatte sie noch nie weinen sehen.

Ich habe ihr versprochen aufzuhören und musste ihr jeden Abend meinen Arm zeigen- sie hat täglich mit mir gesprochen und mir gesagt, wenn etwas ist, könne ich immer mit ihr sprechen.
Ich schäme mich bis heute dafür, jeden Tag von ihr gehört zu haben, wie stolz sie ist und das sie mich liebe- da ich auch an meinem Bauch Narben habe, von denen sie nichts weiss.

Aber das ist vorbei, jetzt geht es mir besser und ich bin stolz darauf, es durchgestanden zu haben...

Die ganzen sachen in der Schule und die tiefe Enttäuschung, die Ōsaka und meine Briefe mir immer zu geboten hatten, waren einfach zuviel gewesen.

Es tut mir noch immer leid das Hana das sehen musste, aber auf lange Sicht hat sie mir wahrscheinlich das Leben gerettet.

...

Aber darüber darf ich jetzt nicht Nachdenken, ich muss jetzt endlich runtergehen verdammt...
Was macht dieses blöde Haus nur mit meinem Kopf?

"Tenko? Kommst du endlich? Ist alles ok?"

"Ja! Ja ich komme jetzt, sorry"
Ohne noch irgendetwas anderes zu machen, springe ich auf und öffne die Tür.

Diese gibt sofort meine ältere Schwester Preis- sie mustert mich einen Moment lang, ehe sie mir ein sanftes lächeln entgegen wirft und den kläglichen Versuch startet, meine schwarzen, zerzausten Haare etwas zu richten.

"Wie hast du geschlafen Tenko?"

"Nicht gut... Ich- Ich hab noch über Sachen Nachgedacht und so. Du weisst natürlich genau über was... Und du?"
Hana meint daraufhin, dass es ihr genauso ging und auch sie einfach nicht richtig zur Ruhe gekommen wäre-

"- aber das wird sicher noch, dass war schließlich bloß die erste Nacht, hm? Komm mit, sonst essen die ohne uns"

Dieser Optimismus... Mir selber scheint er oft eine Spur zu naiv, jedoch bewährt er sich in mehr Fällen, als mir lieb ist...
Auch ich lächle sie nun an und lasse mich von ihr durch den alten, noch staubigen Flur ziehen.

Schon als ich das Frühstück rieche wird mein Blick skeptisch, jedoch kann ich wohl wirklich etwas gebrauchen - schließlich muss ich irgendwie durch den Tag kommen.
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Hana ist auch noch weiterhin etwas over-protective, ich hoffe ihr könnt etwas nachvollziehen, warum das so ist.

Aber natürlich kommt sie auch nicht ständig vor.

Ich hoffe es hat euch gefallen °^°

Everything stays --Shigadabi ff--Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt