Der Junge half mir auf die Füße und drehte sich dann zu seinem Bruder um, der mit finsterer Miene hinter ihm stand. „Was ist?", erkundigte er sich. „Du solltest dich nicht mit niederen Leuten abgeben, Kian.", erwiderte dieser. Kian, so hieß mein Verteidiger anscheinend, verdrehte nur die Augen. „Aber wenn sie hier ist, muss sie auch eine Magierin sein. Vielleicht ist sie sogar stärker als du." Sein Zwilling, Damien, aber lachte nur. „Als ob mich jemand wie sie in der Magie schlagen könnte." Immer noch abfällig lachend ging er davon. Kian hob hilflos die Schultern und folgte seinem Bruder. Ich blieb verunsichert stehen bis ich von den Schülern, die in die Empfangshalle strömten, mitgerissen wurde. Mittlerweile hatte mich mein ganzer Mut verlassen.

Bei der Einführungszeremonie wurde unter anderem festgestellt, welche Magie man besaß. Dazu bekam man eine magische Blume in die Hand, die sich dann, entsprechend des eigenen Elements verfärbte. Rot bedeutete Feuer, grün Erde, weiß Luft und blau Wasser. Das stärkste Element war Feuer, das schwächste Wasser. Als ich aufgerufen wurde, ging ich mit klopfendem Herzen nach vorne, um herauszufinden, welches Element meins sein würde. Eine Lehrerin drückte mir die Zauberblume in die Hand und befahl mir, mich zu konzentrieren. Ich versuchte mich zu beruhigen, aber im Moment wurde ich von allen genauestens gemustert. Ich mochte es nicht, von allen angestarrt zu werden. Meine Knie zitterten, genau wie meine Hände und mein Herz klopfte so laut, dass ich nicht glauben konnte, dass es niemand hören konnte. Ich versuchte normal weiter zu atmen und starrte stur auf die Blume. Plötzlich spürte ich ein Kribbeln in der Hand, in der ich die Blume hielt. Diese färbte sich vor meinen Augen tiefblau. Blau, die Farbe des Wassers, dem schwächsten Element. Mir wurde die Blume aus der Hand genommen und ich ging wie betäubt an meinen Platz zurück. Meine Wunschvorstellung, dass ich einmal eine großartige Magierin sein und starke Zauber mit Leichtigkeit vollbringen würde, eine Magierin, die es mit den adligen Zauberern, die bekannter Weise mit jungen Jahren viel beigebracht bekamen und dementsprechend besser waren als andere in ihrem Alter, aufnehmen und sie sogar in einem Duell besiegen könnte, verblasste. Aber daraus würde wohl nichts werden. Wassermagier hatten es noch nie unter die besten zehn Schüler der Akademie geschafft. Vielleicht lag das daran, dass Wassermagie meistens zum Heilen und nicht zum Kämpfen, woraus die Abschlussprüfung bestand, eingesetzt wurde. Ich hatte auch noch nie von einer einflussreichen Person gehört, die ein Wassermagier war.

Nachdem bei allen Schülern des ersten Jahrgangs festgestellt wurde, welches Element sie beherrschten, hielt noch der Direktor der Akademie, Baron von Kreos, eine Rede, die allerdings völlig an mir vorbeilief ohne, dass ich mitbekam was gesagt wurde. Der Direktor war ein großer Mann und, wie ich von meinem Vater wusste, ein exzellenter Feuermagier. Er konnte mit Leichtigkeit eine ganze Armee alleine besiegen, so sagte man.

Nach der Abschlussrede wurden wir in drei Klassen aufgeteilt und unseren Zimmermitbewohnern zugeteilt, denn die Akademie war ein Internat. Da wir allerdings eine ungerade Anzahl an Schülern waren musste eine Person alleine in einem Zweierzimmer schlafen und da ich niemanden der Anwesenden kannte, war ich diese Person. Nach der Zimmereinteilung bekam jeder seine Schuluniform, die Mädchen eine weiße Bluse und einen schwarzen Rock und die Jungen ein weißes Hemd und eine schwarzen Hose mit der zu seinem Element farblich passenden Jacke. Meine Jacke war blau. Außerdem schwarze Schuhe mit Absatz, die alle Mädchen tragen mussten. Ich würde mir bestimmt die Füße brechen. Auch würden wir ab nächster Woche Edelsteine bekommen, die wir dann um den Hals tragen würden. Mit ihnen konnte man seine Zauberkraft verstärken. Die Opale hatten die Farben Rot, Grün, Weiß und Blau, je nachdem welches Element man beherrschte. Laut Schulordnung würden wir Mädchen unsere Edelsteine als Anhänger unseres Chokers tragen und die Jungs als Anhänger eines Lederbands. Die Größe der Steine war egal was bedeutete, dass die reicheren Schüler größere haben würden, da die Familien die Edelsteine selbst bezahlen mussten. Ich folgte den anderen Schülern, die in Richtung Wohntrakt gingen. Die Schlafsäle der Jungen waren im Ost- und die der Mädchen im Westturm. Dort angekommen suchte ich das Zimmer mit der Nummer, die auf meinem Schlüssel stand, es war die 32. Das Zimmer war normal eingerichtet. 

Elemental Academy ~ Der AnfangWhere stories live. Discover now