Epilog

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„Schatz, wir sind wieder zurück!", rufe ich augenblicklich nachdem mein Mann die Haustür aufgeschlossen hatte. Ich schäle mich aus meinem Mantel. Man merkt, dass langsam Winter wird. Auf dem Rückweg waren bereits einige kleine Schneeflöckchen vom Himmel gerieselt. Aber noch ist es nicht kalt genug, als das er liegen bleiben würde. Es ist wohl ein kühler Wind irgendwo von Norden gekommen, oder so etwas. Ich hänge meinen Mantel an die Garderobe. Emilia hatte immer noch nicht geantwortet. Es ist zwar bereits spät, kurz nach Mitternacht, allerdings ist Wochenende und normalerweise wartet Emilia immer bis wir wieder zuhause sind, um zu wissen, ob wir gut angekommen sind. Sie ist einfach so ein liebes Kind und beim Gedanken daran muss ich lächeln. Ich hatte Sorgen damals beim Umzug weil sie nicht mit mir darüber sprechen wollte, wie es ihr damit geht. Emilia war schon immer so, dass sie ihre Probleme lieber runtergeschluckt hat, bis plötzlich alles auf einmal ausbrach. Doch jetzt leben wir schon seit über anderthalb Jahren hier und mein kleines Mädchen hat ihre Fröhlichkeit, trotz des anstrengenden Umzug und der komplett neuen Umgebung, nicht verloren. Auch wenn sie langsam Erwachsen wird. Oh Gott. Ich will gar nicht darüber nachdenken, wenn ich sie irgendwann los lassen muss und sie ihren eigenen Weg finden wird.

Langsam gehe ich in die Küche und schalte das Licht an, um mir einen Tee zu machen. Ich fühle das Wasser in den Wasserkocher und hole zwei Tassen aus dem Schrank, indem ich in einen Waldfruchttee und in den anderen diesen Blaubeermuffintee tue, den Emilia so gern mag. Wahrscheinlich hört sie bloß Musik und hat uns nicht gehört. Ich werde gleich bei ihr vorbei gucken und falls sie tatsächlich noch wach ist, will sie sicherlich wissen, wie es bei Oma war. Nach der Erkrankung meiner Mama, ist Emilias Sorge immer groß, dass ihr erneut was zustößt. Außerdem liebe ich unsere Mama- Tochter Gespräche. Es ist so was wie eine Tradition, auch wenn es leider in der letzten Zeit etwas zu kurz gekommen ist. Bevor sie ihren Abschluss macht und tatsächlich auszieht, muss ich die restliche Zeit noch voll genießen. Vielleicht liegt es daran das Emilia Einzelkind ist, dass mir der Gedanke so schwer fällt, dass sie nicht mehr mein kleines Mädchen ist, sondern schon so Erwachsen und eigenständig. Ich seufze leise.

„Alles in Ordnung, Liebling?", fragt mein Mann, der mich mit seinen blauen Augen mustert und mich anlächelt.

„Ja, ich schwelge nur gerade in Erinnerung. Du kennst mich ja. Emilia ist schon so groß. Die Zeit ist einfach wie im Flug vergangen. Es fühlt sich an wie gestern, dass ich dieses winzige Kind in meinen Arm gehalten hab." Ich lächele leicht, bei dem Gedanken, als Emilia das Licht der Welt erblickte. Sie war das wunderschönste was ich je gesehen hab und je älter sie wurde, desto stärker wurde meine Liebe für sie.

„Ich weiß, es fällt dir schwer. Aber so ist es nun mal mit Kindern. Als Eltern müssen wir unsere Tochter irgendwann ihren Weg gehen lassen. Auch wenn es mir nicht gerade gefällt, wenn mein Mädchen irgendwann Jungs hier herbringt." Er lacht leise. „Aber so geht es wahrscheinlich jedem Vater."

„Emilia und ich werden es dir wenn die Zeit gekommen ist, schon schonend beibringen."

„Ach, meinst du sie wird es dir zu erst erzählen?" Er zieht skeptisch eine Augenbraue nach oben und bringt mich damit zum lachen.

„Natürlich! Sie braucht ja eine Verbündete, damit du dem armen Jungen dann nicht gleich wieder rausschmeißt."

„Du bist unfassbar!", erwidert er gespielt beleidigt, zieht mich dennoch an sich heran und haucht mir ein Kuss auf die Wange. „Emilia und du seid einfach mein Leben. Ich liebe euch beide so sehr."

„Jetzt wird hier nicht auch noch nostalgisch! Ich reiche ja wohl damit schon." Ich lache erneut und lehne mich gegen meinen Ehemann. „Wir haben ja noch viel Zeit mit ihr, selbst wenn sie wegzieht. Sie wird immer unsere Tochter sein."

Liebe mich!Where stories live. Discover now