1. Auswegslose Situation

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Plymouth, 19. Januar

Obwohl es Tag war, hätte man meinen können, dass die Nacht hereingefallen wäre. Der sonst so blaue Himmel, wurde von dunklen, schweren Gewitterwolken bedeckt und ein leichter Nieselregen hatte eingesetzt.
Das Wetter war das absolute Spiegelbild für den Anblick, der sich unter dem Himmelszelt zeigte. Ein breiter Landstreifen, der nun ein totaler Ort der Verwüstung war - dem Krieg zum Opfer gefallen. Eine blutige Konfrontation sorgte dafür, dass kein Stein mehr auf dem Anderen lag.

Seit 16 Jahren gab es nun schon regelmäßige Auseinandersetzungen, zwischen dem Vereinigten Groß-Britannien und den Südamerikanischen Staaten. Beide waren in den letzten Jahren zu führenden Weltmächten herangewachsen. Während der Europäische Zusammenschluss mit Fortschritt an Technik, Medizin und Chemikalien glänzte, hatte Südamerika ein großes Aufgebot an Militär, Fahrzeugen und Maschinen. Bisher war keine Einigung zu sehen und so hielten das Volk, die Politiker und die Soldaten im Dienst ihren Atem an und hofften auf ein baldiges Ende.

Und so, hofft nun auch Ian seit Jahren auf ein Ende.

Als Mitglied im argentinischen Militär, musste er den dreckigsten Job für die Obrigkeit erledigen. Jede Schlacht war eine neue Herausforderung und vor allem ein Kampf um das eigene Überleben. Auch dieses Mal, hatte er sich die Hände schmutzig machen müssen. Um welchen Preis, das fragte er sich oft.
Die Zeit schien langsam zu vergehen und er versuchte zu rekonstruieren, wie genau er hier im Dreck gelandet war. Schleichend kamen ihm die Erinnerungen ins Gedächtnis.

Er rappelte sich auf, während sein Körper mit Schmerzen dröhnte. Er bemühte sich sein Gleichgewicht zu behalten und schaffte es so langsam in eine knieende Position. Ian sah sich um, sah das Ausmaß der Schlacht: Verkohlter Boden, Schlaglöcher, leblose Körper die den Boden besäten war alles, was übriggeblieben war. Der Gestank von Schwefel, Kohlenstoff und Blut lag in der Luft und ließen einem die Galle nach oben steigen.

Selbst nach jahrelanger Erfahrung auf dem Kriegsfeld, war der Argentinier nicht dagegen immun. Egal wie viele Schlachten er überlebte - jede hinterließ ein Echo und manche Bilder bekam man nicht mehr aus dem Kopf. Ein Leben nicht.

Wie er feststellte, war auch Ian dieses Mal nicht verschont geblieben. Seinen Helm hatte er verloren und der Rest seiner Ausrüstung war entweder schmutzig oder beschädigt. Sein Schienbein war blutig geschlagen, die Hose zerrissen und zerfetzt. Schrammen und Kratzer am ganzen Körper, die - kombiniert mit der Erde und dem Dreck - ungesund rot aussahen. Der Grund unter ihm, hatte sich dank des Nieselregens in blutigen Schlamm verwandelt. Unter einem neuen Versuch, begann sich der Argentinier vollständig aufzurichten, nur um vor Schmerzen innezuhalten. Klebrige Hände fanden den Weg an seinem Oberkörper entlang und begann vorsichtig ihn abzutasten, nur um festzustellen, dass - wie vermutet - ein paar Rippen Schaden genommen hatten.

Trotz seiner Blessuren, zwang er sich zum Aufstehen und wagte den ersten Schritt. Es war ein wenig holprig, aber er musste zusehen, dass er schnellst möglich von diesem Schlachtfeld herunter kam.

Ein Griff an seinen Gürtel verriet ihn, dass sein Almirez verschwunden war. Vermutlich hatte er ihn beim Absturz verloren. Gücklicherweise, hatte er noch beide sein Handmesser und eine Präzisionspistole. Auch wenn er sich in einem Gefecht behaupten könnte, hatte er keine Deckung und er musste sich im feindlichem Gebiet vor weiteren Patrouillen in Acht nehmen. Er blickte sich um und entdeckte einige Meter entfernt einen Waldrand. Der war sein bester Anhaltspunkt, wenn er sich vor Spähern, Drohnen und Fliegern versteckt halten wollte.

Es ging nur langsam und zäh voran, denn sein Schienbein und die Rippen machten deutlich mehr Probleme, als Ian angenommen hatte. Versunken in seinen Schmerz, bemerkte er nicht, dass sich Gefahr näherte. Ein Spähtrupp kam auf ihn zu.

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