Tell me the truth

Nach diesem Kapitel wisst ihr mehr über mich als ich selbst

Zu viert sitzen wir im kleinen Wohnzimmer auf dem Sofa und die drei beobachten mich. Sven starre mich immer noch in Grund und Boden während seine Eltern eher fast vor Neugier platzen. Aber sie wollen mich nicht drängen. Das schätze ich sehr. 

"Wie heisst du?", versucht Henry nochmal meinen Namen heraus zu finden. Er erntet dabei auch gleich einen liebevollen Klaps von seiner Ehefrau.

"Henry! Sei nicht so unhöflich. Wenn sie uns ihren Namen nicht sagen will, dann muss sie auch nicht." Dabei schweift ihr Blick zu mir und ich sehe in ihren Augen die gleiche Neugier wie bei Henry. Ich muss lächeln. Sie sind so lieb. Ihnen zu liebe versuche ich etwas zu sagen. Ich habe noch kein Wort gesprochen und habe keine Ahnung wie meine Stimme klingt. Noch etwas um auf die Liste zu setzen. Yeah.

Ich öffne meinen Mund und versuche zu sprechen. Zuerst erklingt nur ein Krächzen. Dann räuspere ich mich und versuche es nochmal. 

"Ich weiss nicht wie ich heisse", bringe ich schliesslich mit krächzender Stimme hervor. Mit grossen Augen sehen mich die Zwei an. Dann springt Helga auf und huscht in die Küche. Kurz darauf erscheint sie mit einer warmen Tasse in der Hand. "Hier, Liebes. Trink das. Es ist Tee mit Honig. Das wird deiner Stimmbänder guttun." Sie drückt mir die Tasse in die Hand. Ich sehe sie mit grossen Augen an. Wie hat sie das Wasser so schnell aufgewärmt? Ich blase ein paar Mal bevor ich ein Schluck trinke. Das Wasser ist nicht nur warm, es ist heiss. Sofort verbrenne ich meine Zunge und schaffe es gerade noch nicht den Tee auszuspucken. Sobald ich geschluckt habe, hole ich japsend Luft. "Heiss!", stosse ich hervor und ernte belustigtes Schnauben von dem Paar. Ich stelle beschämt die Tasse ab.

"Das muss dir nicht peinlich sein, Liebes. Das kann jedem passieren. Sollen wir dir einen Namen geben? Es geht einfacher dich so zu rufen", meint Helga. "Sofort sieht Henry begeistert aus und nickt stark. Ich muss darüber lächeln. Das vergeht aber wieder als Sven aufsteht. Ich bleibe reglos sitzen. Sven sieht einmal in die Runde.

" Tut mir leid, aber ich habe besseres zu tun als einem dummen Mädchen einen Namen zu geben. Selbst schuld, wenn sie ihn vergisst." Überheblich sieht er auf mich hinunter. Ich kneife die Augen zusammen und stehe auf. Ohne es zu merken richte ich mich zur meiner vollen Grösse auf. Dann recke ich mein Kinn und sehe Sven herausfordernd an. 

"Ich bin kein dummes Mädchen", höre ich mich sagen. Meine Stimme hört sich schon weicher an. Ich rede zwar normal, aber selbst ich höre eine gewisse Autorität in meiner Stimme mitschwingen. Ich staune darüber wie selbstsicher sie sich anhört. "Ich bin erst vor ein paar Wochen in einer Lawine erwacht. Ich habe keinerlei Erinnerungen an vorher. Also verzeih mir, wenn ich nach Antworten suche." Ich sehe etwas wie Angst in Svens Augen flackern. Angst? Wieso Angst? Hat er Angst vor mir? Bevor noch jemand etwas sagen kann, rauscht er aus dem Zimmer. Ich lasse mich wieder auf dem Sofa nieder und sehe zu Henry und Helga. Sie sehen mich mit grossen Augen an.

"Was war das denn?", fragt Henry mich. Ich zuckte ratlos mit den Schultern. "ES war, als ob wir eine völlig andere Person vor uns hatten. Denkst du das hat mit deiner Vergangenheit zu tun?" Wieder zucke ich ratlos mit meinen Schultern.

"Tut mir leid dass ich so unhöflich war", murmle ich. Henry lacht und winkt ab.

"Ach was. du hattest jedes Recht. Er sollte nicht so unhöflich sein. Aber zurück zum Thema: Sollen wir dir einen Namen geben?" Ich hebe mein Kopf und sehe die beiden an. Als ich ihre strahlende Gesichter sehe, weiss ich, dass ich nichts falsches gemacht habe. Ich nicke zaghaft. Sofort lässt Henry einen Namen nach dem anderen fallen. "Au ja! Wie wäre es mir Melissa? Nein, der ist zu kitschig. Der passt nicht zu dir. Helen? Mia? Saphira? Laetitia? Kayla? Laura? Tamara? Warte... Tina... Theresa? Nein Warte! Tessa! Wie wäre es damit? Ja, Tessa. Das passt. Was denkst du Helga?"