Eighteen

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"Und der wäre?", harkte Leonard mit einem misstrauischen Stirnrunzeln nach.

Ich beobachtete wie Finn mit dem Versuch Thrase nicht anzusehen nach vorne deutete, wo ich einen kleinen Steg erkennen konnte.

"Genau vor uns ist ein See. Ich würde sagen, da man unser Auto mittlerweile ja kennt, dass wir das ins Wasser werfen und zum Flughafen laufen, der nicht weit von hier entfernt ist, um einen neuen Wagen zu klauen.", beantwortete Finn ihm die Frage, "Und wir sollten uns beeilen. Am besten wir fangen jetzt sofort an, bevor man uns findet."

Zu meiner Verwunderung nickten sowohl Leonard, als auch Thrase und willigten somit ein, denn durch den Streit war viel Zeit verloren gegangen, das wusste ich.

Sie hatten so laut geschrien, dass ich Kopfschmerzen bekam und mir sicher war, dass sie Menschen auf der Straße es bis dahin gehört haben mussten.

Aber das taten sie selbstverständlich nicht, zu meiner Enttäuschung. Ohne auch nur ein weiteres Wort zu wechseln, öffneten alle die Türen, sodass die Frische Luft des Wassers und des Grases meinen Gestank etwas abdämpfte.

Ich hatte schon seit Tagen nicht mehr geduscht, gegessen oder getrunken, weswegen ich mich unheimlich mies fühlte und mein Magen dadurch das er noch leerer wegen des Kotzens war, immer wieder grummelte, aber ich hielt dicht und versuchte mich auf etwas anderes zu konzentrieren.

Automatisch dachte ich an den leckeren und schön duftenen Nudelauflauf, den meine Mutter immer so perfekt zubereitet hatte. Bei dem Gedanken lief mir das Wasser im Mund zusammen, aber gleichzeitig hatte ich Sehnsucht nach meiner Mutter.

Ich wollte endlich wieder sicher sein, Zuhause meine tollpatschige Mutter und meinen liebevollen Vater in den Arm nehmen! Ich wollte wieder in meinem gemütlichen und geborgenem Bett schlafen, ich wollte wieder meine Freunde sehen, wieder zur Universität gehen und lernen, ich wollte mit meinem Labrador spazieren gehen, ich wollte wieder Klavier spielen und meinen Klavierlehrer in die netten Augen schauen... ich wollte frei sein!

Doch das alles werde ich nie wieder tun können! Wer weiß, was sie mit mir vorhatten und wo sie mich hinbrachten?

Ich wollte noch nicht sterben!

Woher alle Gedanken plötzlich wieder kamen wusste ich nicht, es waren immer wieder Schübe. Mir wurde dadurch wenigstens eines klar:

Wenn ich jemals wieder hier raus kommen sollte und zurück nach Hause, würde ich der Dankbarste Mensch der Welt werden. Wenn man es nämlich immer gewohnt war, so wie ich, morgens um 7:00 Uhr aufzustehen, Essen und Trinken zu können und nur Probleme zu haben, wie "Ich muss noch für das Antestat lernen" oder "Ich will nicht so früh aufstehen", dann ist einem gar nicht bewusst wie gut es man hat.

Das nichts ernsthaft Schlimmes ist, man immer Menschen um sich hat die man gern hat und mit denen man bedingungslos lachen kann, weiß man viel zu wenig zu schätzen.

Doch jetzt wusste ich, wie es sich anfühlt wenn das Leben plötzlich eine komplett andere Richtung einnimmt. Es fühlte sich fremd und furchtbar an, wenn sich alles auf einen Schlag änderte und man war hilf- und ratlos, egal wie tough man war.

Ich konnte nur darauf hoffen das ich fliehen konnte oder das Thrase mir half. Aber warum sollte er das tun? Warum war Finn so misstrauisch gegenüber Thrase? Nur weil er mich nicht wie das letzte Stück Dreck behandelte?

Die Tür neben mir wurde nun ebenfalls geöffnet, sodass der dumpfe Ton mich wieder in die Realität versetzte. Ich schaute geradewegs in Thrase Augen, die noch immer wütend aussahen, was mir fremd vorkam.

"Ich mach jetzt deine Fuß- und Handfesseln ab, ja? Schrei nicht. Wenn wir zum Flughafen gehen machst du nichts auffälliges und verhältst dich ganz normal. Alles Verstanden? Gut.", sprach Thrase mich mit einem normalen Ton an.

Daraufhin griff er sich an den Gürtel seiner weiten Hose und holte ein Taschenmesser raus.

Als ich die kalte, gefährlich silberne Klinge erblickte, stellten sich meine Nackenhaare auf und ein unruhiges Kribbeln machte sich in mir breit.

Ich mochte es nicht, wenn andere Personen Sachen in der Hand hielten, die jemanden töten könnten.

Ohne ein weiteres Wort, hob mich Thrase hoch und legte mich auf den kalten, feuchten Rasen, der mir durchaus angenehmer war, als der stinkende Wagen. Schnell schnitt Thrase meine Fußfesseln ab und befreite meine Handgelenke.

Es tat unheimlich gut, mich wieder ganz bewegen zu können, darum setzte ich mich auf und streckte mich ordentlich, wobei viele Knochen die ich so lange nicht bewegen konnte auf knackten.

Ich ging mit meiner Hand die Abdruckstelle des Seils an meinem Fußgelenk nach, während ich in der anderen Hand die Tabletten hielt. Unschlüssig machte ich die kleine weiße Dose auf, in der sich runde Tabletten befanden.

Urplötzlich dachte ich wieder an den Polizisten.

Das gleiche würde Finn auch mit mir machen, wenn ich nicht mehr 'brauchbar' wäre.

"Loreen?", erhallte eine Stimme in meinem Kopf. Müde guckte ich auf, doch anstatt Thrase anzusehen, betrachtete ich das Ufer, das über dem grünlichen Wasser stand.

Das alte und zugleich nasse Holz des Stegs drang intensiv durch die Lüfte und die Sonne die sich auf das Wasser spiegelte, sah aus wie eine goldene, glitzerne Decke die sich darüber gelegt hatte.

In der Umgebung waren sonst nur Hügel zu sehen. Was war das für ein seltsamer Platz für einen See? Hier fand ihn doch keiner?

"Ja?", erwiderte ich, während ich mich hoch zwang, was nicht schwer war, da mir Thrase seine Hand hin hielt und mir half aufzustehen.

"Du hilfst mit das Auto in den See zu schieben."

"Kann ich danach pinkeln?"

Thrase sah mich verwirrt an, weil die Frage schließlich sehr plötzlich kam, aber ich musste sehr dringend.

"Du hast selbst gesagt", fügte ich hinzu, "Das ich nochmal raus komme zum pissen."

"Na... Von mir aus. Aber zuerst schieben wir den Wagen in den See.", beantwortete er meine Frage leicht genervt, dennoch verwundert und zog mich mit zum Auto, wo Finn und Leonard schon die ersten Zentimeter schoben.

Schnell packte ich ebenfalls meine Hände auf die kalte schwarze Haube, die schon etwas dreckig war und drückte mit der letzten Kraft die ich hatte den Wagen voran.

Ich versuchte meine Wut und meinen Frust durch den Kraftaufwand daran abzulassen und drückte mit ganzer Kraft dagegen. Kurz darauf spürte ich wie auch Thrase mit anpackte, denn auf einmal ging das Auto viel flüssiger und schneller nach vorne.

Es dauerte nicht lange, da spürte ich schon wie der Wagen auf Kipp ging und die Motorhaube schon über dem Steg war. Wir alle, als hätten wir das gleiche gedacht, ruckten automatisch noch einmal kräftig dagegen, sodass das schwere Geschöpf mit einem riesigen Aufplatscher vom Wasser verschluckt wurde.

Prustend drückte ich meine Handfläche gegen meine Brust und rang nach Luft.

"Ok komm, wir gehen zum Flughafen.", meinte Finn kurzerhand und wollte schon los laufen.

War das sein ernst?

"Warum eigentlich dorthin? Da sind doch viele Menschen und da ich gesucht bin, ist doch die Wahrscheinlichkeit viel größer, dass mich jemand erkennt.", hörte ich mich sagen zu meinem Entsetzen.

Was, wenn er das als Provokation sah?

Der blondhaarige Junge drehte sich drohend zu mir um, woraufhin Thrase mich sofort in Schutz nahm, indem er einen Schritt vor mich trat.

"Menschen die weg fliegen, merken auch nicht, dass ihr Auto gestohlen worden ist. Wir müssen nur aufpassen, dass wir dabei nicht erwischt werden. Und ja, du könntest erkannt werden, auch Thrase.

Aber uns bleibt keine andere Wahl, darum sei leise.", zischte Finn finster und musterte mich dabei kritisch.

Thrase jedoch warf er nur einen missmutigen Blick zu und lächelte auf eine komische Weise.

Auf eine herausfordernde Weise, was auch immer er dabei dachte.

→Nachwort! Heii :) Ich wollte einmal Fragen was eure Lieblings Jahreszeit ist. ^^ Meine ist definitiv der Sommer! ;D

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