Tanz für mich, Sing für uns!

By Ternoa

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Leichte Bekleidung, gedimmtes, violettes Licht, gaffende Augen und eine jede Menge Spaß - das ist die Welt vo... More

Kapitel 1 - Nach der Schule ist vor dem Spaß
Kapitel 2 - Meine ganz eigene Welt
Kapitel 3 - Adonis
Kapitel 4 - Mondenschein und Kerzenlicht
Kapitel 5 - Dans le love game
Kapitel 6 - Zu Besuch bei Bennylein
Kapitel 7 - Freundschaft
Kapitel 8 - Sehnsucht und Stolperdraht
Kapitel 9 - Nanana Come On!
Kapitel 10 - Picknick auf der Wiese
Kapitel 11 - Let me introduce you to my body
Kapitel 12 - Ein sonniger Tag am See
Kapitel 13 - Unter freiem Nachthimmel
Kapitel 14 - Teuflische Engel
Kapitel 15 - Zwei für eine Nacht
Kapitel 16 - Verwirrende Gespräche
Kapitel 17 - Kleiner Snack für Zwischendurch
Kapitel 18 - Dubiose Geschenke
Kapitel 19 - Unverhoffte Begegnungen und erleuchtende Worte
Kapitel 20 - Tanz für mich...
Kapitel 21 - ...Sing für uns!
Kapitel 22 - Aphrodite
Kapitel 23 - Gelbe und rote Rosen
Kapitel 24 - Das Gewitter
Kapitel 25 - Schweigsame Dunkelheit
Kapitel 26 - Dunkle Schweigsamkeit
Kapitel 27 - Der dornenbesetzte Brief
Kapitel 28 - Verwelkte Rosen
Kapitel 30 - Ein Ozean aus Nebel und Tränen
Kapitel 31 - Der goldene Ring

Kapitel 29 - Leere Gläser

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By Ternoa

Die Musik im Club dröhnte in meinen Ohren und stellte keine Versuche an in den nächsten Stunden zu verstummen. Die meisten Leute hier tanzten vergnügt miteinander auf der weiten Tanzfläche in der Mitte des Raumes. Sie lachten angeregt, witzelten, neckten einander, flirteten, schütteten sich massenhaft irgendwelches Gebräu in den Rachen. Ich hingegen war unheilbar froh, dass mir kein Wasserfall mehr im Gesicht hing. Verächtlich zog ich die Nase hoch. Sie fühlte sich verstopft an, zugeklebt mit Matsch und Kleister. Ich atmete schwer durch den Mund.


All die bunten Lichter und die vielen Menschen zogen immer wieder aufs Neue meine Aufmerksamkeit auf sich, sodass ich keine Gefahr lief von irgendwelchen Gedanken bedrängt zu werden. Die laute Musik übertönte indessen jede Stimme in meinem Kopf, wodurch sich letzterer leer, aber dennoch schwer wie ein Felsklotz anfühlte. Das Licht der Scheinwerfer wechselte von einem Gemisch aus roten und gelben Lichtern zu einer Flut an Blautönen. Ich kam mir vor, als hätte ein Orkanwind mich von meinem Schiff geschleudert. Nun trieb ich in den weiten Meeren und sank immer tiefer auf den Grund des Meeres, genau dorthin, wo sich meine Stimmung bereits befand.


Ich hatte mich in der hintersten und dunkelsten Ecke des Clubs an einen Tisch gesetzt - vollkommen allein. Mir war übel. Es fühlte sich an, als hätte ich ein ganzes Huhn bei lebendigem Leibe heruntergeschluckt. Mein Bauch rumorte und fröstelte wie im tiefsten Winter - und dennoch war mir warm genug, sodass ich nicht zitterte. Mit geknicktem Rücken stützte ich mich auf der Tischplatte ab und spielte mit meinen Fingern. Ich versuchte akribisch die Fingerkuppen wegzukratzen.


»Hey.« Ich zuckte unerwartet zusammen und warf einen hasserfüllten Blick auf den ungebetenen Gast. Ein Student vielleicht. Nicht viel älter als... als... Kilian...
Ich rümpfte erneut die Nase und schluckte schwer, um den Stein in meiner Kehle hinfortzuspülen.


»Was willst du?«, fragte ich mit nasaler Stimme.
»Dir einen Drink spendieren, Kleiner.« Man verstand ihn kaum wegen der lauten Musik. Ungefragt stellte er ein Glas direkt vor meine Finger. Er zog sich einen Stuhl heran und setzte sich. Mit einem breiten Grinsen fixierte er mich. Es war eine Einladung... eine Einladung ihm in die Fresse zu schlagen...


»Ich trinke nicht«, war meine plumpe Antwort. Darauf bedacht, mich nicht an dem eisigen Glas zu verbrennen, schob ich die Mixtur mit meinem Mittelfinger fort.
»Ach Quatsch, komm schon.« Der Typ schob das Glas wieder näher zu mir heran. Sein Elan veranlasste es beinahe dazu, seinen Inhalt über meinen Schoß zu kippen.
»So wie du aussiehst, würde es dir echt gut tun.« Ich nahm einen tiefen Atemzug, darauf bedacht nicht das leiseste Geräusch zu machen. Meine Oberlippe hob sich vor Ekel, aber dennoch nahm ich das Glas in die Hand und schwenkte es, sodass die dunkle Flüssigkeit gegen die Glaswände geschleudert wurde. Der Typ musterte mich eindringlich. Ich führte das Glas zum Mund und nippte daran. Alkoholischer Geruch, dann ein süßlicher Geschmack - und sofort zwickte mich ein bitteres Aroma in die Zunge.


»Du scheinst ja echt nicht allzu oft zu trinken«, bemerkte die Last zu meiner rechten. Angewidert verzog ich das Gesicht und stellte das Glas wieder ab. In meinem Bauch blubberte es nun noch mehr.
»Trotzdem danke. Und jetzt verschwinde«, presste ich genervt zwischen zusammen gepressten Zähnen hervor. Der Typ dachte jedoch nicht einmal nur daran aufzustehen, nein, er kicherte nur und nahm einen kräftigen Schluck von seinem eigenen Gebräu. Ich hatte noch nicht einmal eine Ahnung, was dieses Zeugs überhaupt war.


»Ich kann dich hier doch nicht einfach so alleine sitzen lassen, Schätzchen.« Er lehnte sich lässig gegen die Stuhllehne und starrte mich an. Ich versuchte ihn zu ignorieren, starrte selbst wieder geradewegs auf meine Finger.
»Wie heißt du eigentlich?«, fragte er mich und leerte endlich sein Glas. Ich ignorierte ihn weiterhin und fing wieder an mit meinen Händen zu spielen. Dieser Typ widerte mich an - und dabei sah er noch nicht einmal schlecht aus... Nein, Sam, nein... Ich will einfach nach Hause und mich in mein Bett werfen! Ich spürte, wie meine Augen wieder feucht wurden.


In einer einzelnen Sekunde zischte das Wasser in meinen Augen auf und verblasste in Luft. Ein Messer bohrte sich in meinen rechten Oberschenkel und jagte mir eine Gänsehaut über Schultern, Rücken und Arme. Es war, als brach der Winter urplötzlich herein. Wütend wirbelte mein Kopf herum und ich funkelte den Kotzbrocken an, welcher inzwischen seine Hand auf mein Bein gelegt hatte und mich... streichelte...


»Nimm deine dreckigen Finger von mir«, fauchte ich ihn an. Sein Grinsen wurde nur noch breiter.
»Ich wusste doch, dass du auf Männer stehst.« Meine Augen wurden größer.
»Einhundertzwanzig, oder ich reiße dir deinen Schwanz ab.« Meine Finger kribbelten bereits bei dieser Vorstellung.


»Ganz schön aufmüpfig, Kleiner.« Endlich nahm er seine Hand von mir und lehnte sich wieder mit einem verschmitzten Grinsen im Gesicht zurück. Ich stieß die angehaltene Luft aus und durchbohrte ihn mit meinen Blicken. Eines musste man ihm lassen: Er war hartnäckig und gab sich nicht allzu schnell geschlagen. Eine Welle des Jubels holte uns aus unserer Blase heraus und wir beide richteten unsere Aufmerksamkeit auf die Tanzfläche. Die Stimmung war angeheizter und immer mehr ließen unbeschwert die Hüften schwingen. Es war bereits spät am Abend und reichlich Alkohol ist geflossen. Was mache ich eigentlich hier, verdammt?! Ich sollte wirklich gehen...


»Darf ich dich zum Tanz bitten?« Wie ein Gentleman stand der Typ neben mir auf und reichte mir eine Hand, als würde er denken, ich könnte nicht von selbst aufstehen. Ich zog die Nase hoch und betrachtete seine Hand abschätzend. Mein Blick wanderte zu seinem Gesicht, zurück auf die Tanzfläche, auf das Glas vor meiner Nase.


»If you don't wanna see me dancing with somebody...« Die Musik verführte mich, sie flehte mich förmlich an.
»Komm schon, Kleiner, gib dir 'nen Ruck«, sagte der Typ und zwinkerte mir zu.
»Don't show up, don't come out,
Don't start caring about me now...«


In mir tobte ein Sturm und zerriss mich in Stücke. Mein Blick wanderte zurück zu dem Typen, der mir noch immer bereitwillig seine Hand entgegenhielt. Ein Tanz, ein einziger... Nico würde mich hierfür sicherlich umbringen wollen - doch ich hatte keine andere Wahl...
Ich packte das Glas und leerte es in einem Zug. Immerhin war der Abgang genießbar. Ich donnerte es auf den Tisch, ergriff die Hand meines neuen Verehrers und stand auf.


»Sebastian«, stellte sich die Grinsebacke kurz vor.
»Sebastian, ja? Ich will doch schwer hoffen, dass du keine totale Niete bist, was das Tanzen angeht.« Er lachte herzhaft auf und gemeinsam gesellten wir uns zu den anderen.


Ich unterschrieb das Teufelsblatt. Ich verbannte alle Gedanken und Gefühle wenigstens für diesen einen Abend in die modrigsten Kerker meines Kopfes und ließ mich einfach treiben. Ich wurde ein Teil der Menge, ein Teil der Masse, die unbeschwert ihre Glieder im blinkenden Licht schüttelten, wie sterbende Pinguine lachten und sich mit Alkohol nur so volllaufen ließen. Die Musik zertrümmerte meine Ohren, die Lichter ließen mich erblinden, mein Geist wurde von all der Ekstase taub und hüllte sich in ein dichtes Nebelgewand. Meine Hände begrapschten jeden der es zuließ, meine Zunge erkundete mehr als nur einen Mund, die Unzucht trieb mich voran. An diesem Abend war ich nicht ich selbst, nicht Sam, nicht dieser Junge, der kurz zuvor noch in seinen Tränen ertrank. Nein...


Ich lachte, ich gluckste, ich kicherte, ich tanzte, ich grölte, ich trank und trank und trank, ich sang lautstark zur Musik, ertastete mit meinen Händen völlig neue Landschaften. Tausend Hände, unendlich viele Gerüche. Alle Sorgen, Ängste, Wünsche und was nicht sonst noch alles so in mir hauste, fielen von mir ab, als wäre es nur unnötiger Ballast. Ich fühlte mich rein und lebendig... Ja, lebendig... Ich vergaß all den Schmerz, all das Leid, vergaß auch denjenigen, der mir den Dolch in mein Herz gerammt hat. Ich war frei - frei von allem.


Irgendwann, mein Hirn war zu verdunkelt, um zu wissen, wann genau, riss der Faden der Erinnerung und alles um mich herum wurde schwarz...

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Zwei Jungs. Ein Internat. Hassliebe. Und zwei verschiedene Welten. Was sie trotzdem gemeinsam haben? Findet es heraus ^^ ©2020