Back to Life

By _time_to_fly_

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*** WATTYS 2018 GEWINNER *** Nachdem Betty den Kampf gegen den Krebs verloren hat, hinterlässt sie nichts als... More

1. Brief
Challenge Nr. 1
1. Antwort
2. Brief
Challengen Nr. 2
2. Antwort
3. Brief
Challenge Nr. 3
3. Antwort
4. Brief
Challenge Nr. 4
4. Antwort
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Challenge Nr. 5
5. Antwort
6. Brief
Challenge Nr. 6
6. Antwort
7. Brief
Challenge Nr. 7
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8. Brief
Challenge Nr. 8
8. Antwort
9. Brief
Challenge Nr. 9
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Challenge Nr. 10
10. Antwort
11. Brief
Challenge Nr. 11
11. Antwort
12. Brief
Challenge Nr. 12
12. Antwort
Epilog
Danksagung

Prolog

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By _time_to_fly_





Die große Eiche über unseren Köpfen spendet etwas Schatten vor der glühenden Mittagshitze. Die Sonne brennt unerbärmlich auf meine längst rote Haut. Mein Kopf tut weh. Ich ertrage es kaum. Die Luft wirkt stickig, es fühlt sich an, als wäre beinahe jeder Atemzug dein letzter.

Betty links neben mir sieht das anders. Vollkommen anders und ich wünschte ich wäre nicht so sehr von mir selbst eingenommen, würde es schaffen mich mehr in ihre Lage hinein zu versetzten - in die meiner besten Freundin.

Ich versuche es, jeden Tag aufs Neue, doch ich scheitere immer wieder. Sie lässt mich nur bedingt an sich heran, sie will dass ich mein eigenes Leben lebe. Ihr selbst ist die Tatsache, dass sie eines Tages - früher oder später - gehen muss wohl um einiges bewusster als mir.

Für mich ist diese schweißtreibende Hitze, die frontal auf uns knallende Sonne und der kaum merkbare Schatten der Eiche über unseren Köpfen eine einzige Qual. Betty lächelt. Sie schließt die Augen, legt den Kopf in den Nacken und genießt das Gefühl von Freiheit. Jenes welches ihr sonst so oft verwehrt bleibt und nachdem sie sich teilweise von ganzen Herzen sehnt.

Ich tue es ihr gleich. Es wirkt erstickend, nieder drückend - die gleißende Hitze. Ich konnte den Sommer, diese nicht mehr endend wollende Wärme noch nie leiden.

Betty mag jede Jahreszeit. Den Frühling ganz besonders, weil dann alles zum Leben erwacht. In diesem Falle kann ich ihr nicht widersprechen. Wir sind beste Freundinnen, wir müssen ja auch irgendwelche Gemeinsamkeiten haben.

Unser Leben ist dennoch Grund verschieden. Momente wie diese bleiben uns oft verwehrt. Zu oft. Viel zu oft.

Betty lebt zwischen Krankenhaus, Therapie, Kur und unserem Baumhaus. Letzteres nehmen wir momentan in Beschlag. Mein Vater hat es für uns gebaut - extra nur für uns.

Ich bin nur hier wenn sie auch hier ist, weil ich mich sonst allein fühle. Ich erzähle ihr nichts davon, sie will nicht, dass ich mich zu abhängig mache.

Dafür ist es längst zu spät. Ich liebe dieses Mädchen da neben mir. Mit ihren vielen Sommersprossen und dem lilanen Kopftuch, mit den gelben Schmetterlingen, welches sie vor der Hitze und einem Sonnenbrand bewahren soll.

Meine Haare ebenfalls kurz rasiert. Sie soll nicht allein sein, mir ihrem kahlen Kopf, dessen wunderbar, glänzenden Haare bei einer der vielen Chemotherapien ausgefallen sind. Sie findet es lächerlich, meint sie würde auch als einziges Mädchen mir kurzen Haaren überleben.

Dessen bin ich mir durchaus bewusst. Ich bin wohl diejenige die ein deutlich geringeres Selbstbewusstsein und Durchsetzungsvermögen besitzt. Dennoch kenne ich sie zu gut, als dass ich nicht weiß, dass sie innerlich doch unglaublich dankbar ist nicht allein mit einem lächerlichen Kopftuch durch die Gegend marschieren zu müssen.

Ich habe damit kein Problem. Auch nicht wenn sie nicht bei mir ist. Wenn sie im Krankenhaus ihre Zeit mit Therapien verbringt. Ich denke an sie, ständig. Hätte ich die Möglichkeit, ich würde sofort mir ihr tauschen. Ich verstehe nicht warum ausgerechnet ihr dieses Schicksal widerfahren muss.

Betty nimmt es als Geschenk Gottes. Ihre Krankheit? Ich lasse das jetzt mal in Frage gestellt.

Sie ist meine beste Freundin, doch sie ist auch mein Vorbild. Sie ist diejenige, die mir von Gott erzählt hat und es nach wie vor tut - jeden einzelnen Tag, diejenige die mit mir durch dick und dünn geht, diejenige die all meine Sorgen und Ängste kennt und vor allem ist sie diejenige, die mir all die schönen Seiten am Leben zeigt, in so unendlich vielen Momenten und das obwohl das ihre praktisch abgezählt ist. Ihr Leben, jeder einzelne Tag - sie gibt nicht auf. Sie lässt sich durch nichts und niemanden unterkriegen.

Die Ärzte haben ihr schon öfter nur noch ein paar Wochen gegeben. Sie hat weiter gekämpft. Chemos hier, Therapien da. Dann saß sie wieder für einige Stunden mit mir im Baumhaus, nur so lange bis es ihr wieder schlechter ging und dieser grausame Krebs ihren Körper heim suchte.

Er schaffte alles in ihr zu vernichten, jede kleinste Faser ihres noch so jungen Körpers, doch gegen ihr Herz hatte er keine Chance, denn darin herrschte Gott und er war stärker und mächtiger als jeder noch so schreckliche Krebs.

Die Stunden hier im Baumhaus sind für uns beide etwas ganz besonders und selbst wenn ich niemals freiwillig hier in dieser Mittagshitze oben in den Baumwipfeln sitzen würde, so tue ich es doch - einzig und allein ihr zuliebe.

Wir müssen jede unserer gemeinsamen Minuten, jede Sekunde auskosten und welcher Ort eignete sich da besser als unser eigenes Baumhaus, wo wir ruhig und ungestört reden können, in der Natur, frei und weit entfernt von dem Alltag und all dem Leid dieser Welt. Einen Schritt näher bei Gott. Und genauso fühlt es sich auch an.

Befreiend, glücklich, wunderschön!

Sie schätzt diese Freiheit noch so viel mehr als ich und gemeinsam sitzen wir dort oben, halten uns an den Händen und danken, beten, lachen und reden.

Über die normalsten Dinge dieser Welt. Über Eltern, über die Schule, über Jungs.

Aber auch über ganz andere Begebenheiten, über Gott, das Leben nach dem Tod, über Krankheiten, darüber niemals aufgeben zu dürfen, das Leben zu genießen.

Und das taten wir in Momenten wie diesen, sie viel mehr als ich, weil Freiheit und Unabhängigkeit für mich normal und diese gleißende Mittagssonne ein echter Störenfried. Sie hingegen, genießt sogar diese Hitze, weil Krankenhäuser klimatisiert, weiß und steril sind und weil sie sowieso der Meinung ist jeden Moment genießen zu müssen. Jeden, auch diese blöde Sonne, die meine Haut gerade krebsrot färbt und das trotz einer ultra dicken Schicht Sonnencreme.

Es ist nicht von Belang, weil die Situation, egal wie schrecklich sie gerade ist, nie von Belang ist. Es zählt die Freundschaft. Das Gefühl tief im Herzen miteinander verbunden zu sein. Uns Verband Gott. Die Hitze, ihr Krebs, der schwindende Schatten, all das machte uns in diesen Momenten nichts aus, weil nur wir zählten. Sie und ich und nichts und niemand sonst.

Keine Umwelt, keine Situation, keine andere Meinung.

Unsere Gespräche, unsere Gebete, unser Lachen, nur wir!

„Versprichst du mir etwas?"

In Gedanken versunken schrecke ich auf. Mein Blick trifft auf den ihren. Ich kann ihn nicht deuten. Sie lächelt.

„Alles. Egal was."

Über die Antwort brauche ich mir keine Gedanken zu machen, für sie würde ich durch die Hölle gehen.

„Ich habe Briefe geschrieben."

Ich nicke aufmerksam. Mit der linken Hand streicht sie sich einmal über das Kopftuch und lächelt leicht. Dennoch... sie zittert etwas, ihre Hand, das angedeutete Lächeln erreicht ihre Augen nicht. Schmerzlich wird mir bewusst wie schlecht es ihr wirklich geht. Wie nahe sie am Abgrund steht.

„Es sind 12 Briefe, nur für dich. 12 Briefe für zwölf Monate."

„Du brauchst mir keine Briefe zu schreiben.", wehre ich mich und lächle gezwungen.

Sie nickt. Entschlossen. Widerspruch wäre wohl zwecklos.

„Ich will dir die Briefe heute geben, weil ich nicht weiß, wie viele Chancen ich dazu noch habe, aber öffnen darfst du sie erst, wenn ich endlich im Reich Gottes angelangt bin."

„Betty!"

Meine Stimme ist rau und brüchig.

„Du bist ein starkes Mädchen, du darfst nicht aufhören zu kämpfen, hörst du. Du kannst den Krebs besiegen."

Sie schüttelt langsam den Kopf.

„Du weißt so gut wie ich, dass ich niemals freiwillig gehen werde, aber du weißt ebenso gut, dass ich gegen diese Krankheit längst keine Chance mehr habe."

Natürlich weiß ich es. Ich kenne ihren Bauchspeicheldrüsenkrebs, all die Symptome in und auswendig. Ich bin ihre beste Freundin. Ich weiß es viel zu gut, doch ich will es nicht wahr haben. Will nicht darüber reden, will nicht, dass sie sich Gedanken darüber macht.

Ich habe Angst vor dem Tod - sie nicht!

„Leica, es sind 12 Briefe, die dir den Abschied erleichtern sollen, weil ich vermutlich nur eine Ahnung habe wie sehr es weh tut einen Menschen zu verlieren. Ich mag und kann es mir nicht vorstellen dich gehen lassen zu müssen, aber irgendwann wird es passieren und während ich im Himmel auf dich warte, musst du hier dein normales Leben weiter leben."

Inzwischen kann ich die Tränen kaum noch zurück halten. Ich versuche stark zu sein, so wie sie es immer ist - unglaublich stark, doch ich schaffe es nicht. Ich werde es niemals schaffen so stark und unbekümmert zu sein wie sie und ich werde es ebenso wenig schaffen ein nur annähernd normales Leben ohne dieses Mädchen da an meiner Seite zu führen. Das was uns verbindet ist so viel mehr als eine alltägliche Freundschaft.

„Ich weiß, dass du dir das zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorstellen kannst, aber irgendwann musst du dich damit auseinandersetzen - früher oder später - und diese Briefe sollen dir dabei helfen."

„Betty", schluchze ich mit Tränen erstickter Stimme.

Ich will sie in den Arm nehmen, doch sie hält mich davon ab. Ihre warmen Augen starr auf die meinen gerichtet. Fest davon überzeugt dies hier zu ende zu bringen wo auch immer das enden sollte.

„Es sind zwölf Briefe zur Aufmunterung und es sind zwölf Challenges, die dir helfen sollen wieder ins normale Leben zurück zu finden. Du hast jeweils einen Monat Zeit die Challenge zu bewältigen und wenn du es nicht schaffst, ist das nicht schlimm, denn der Versuch zählt. Ein ganzes Jahr lang möchte ich dich durch diese Briefe begleiten, dich an all das Schöne im Leben erinnern und innerhalb dieses Jahres möchte ich, dass du es schaffst fröhlich, frei und unbekümmert zu leben. Dass du nicht mehr trauerst, sondern dich nur noch darauf freust, mich im Paradies bald wieder in die Arme schließen zu dürfen."

Ich heule. Ganze Wasserfälle laufen mir die Wangen hinab. Ich schluchze und zittere und auch in ihren Augen schimmern Tränen.

Wortlos nehmen wir uns in den Arm.

„Ich kann das nicht.", flüstere ich an ihrem Hals und atmete ihren vertrauten Geruch mit einem zitternden Atemzug tief ein.

Sie lacht. Rau und stimmlos, doch ich merke es trotzdem, weil ich sie viel zu gut kenne.

„Denkst du ernsthaft ich hätte mir die Mühe für ganze 12 ellenlange Briefe gemacht, wenn ich gewusst hätte, dass du es nicht schaffen könntest? Ich habe mich keinen einzigen Moment gefragt ob du es schaffst, ich wusste von Anfang an, dass du es schaffst."

Ich schüttele den Kopf. Bemerke die Tränen, die sich mit dem Schweiß ihrer Haut vermischen nicht einmal.

„Ich will nicht behaupten, dass es leicht wird, Leica, und ich will auch nicht behaupten dass du es ohne diese Briefe nicht schaffst. Du bist allein stark genug, es ist einfach nur der Drang meinerseits weiter an deinem Leben teil haben zu dürfen und dir wenigstens ein wenig helfen zu können."

Und in diesem Moment hatten wir ja noch so überhaupt keine Ahnung wie schwer es wirklich werden würde und genauso wenig den blassesten Schimmer davon, wie sehr mir die Briefe letztendlich tatsächlich halfen - in jeglicher Hinsicht. 12 Briefe, die mir den Weg wiesen - Back to life. 




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Meine Lieben,

von ganzem Herzen möchte ich euch hier willkommen heißen. Bei meinem neustem Projekt, einer christlichen Story.

Mir liegt unglaublich viel an diesem Werk, weil es viele Dinge widerspiegelt, die mich beschäftigen und weil ich auch jedem einzelnen Leser eine andere Sicht auf manche Dinge ermöglichen will, bzw. sie einfach nur motivieren und ermutigen möchte.

Ich würde mich unwahrscheinlich freuen, wenn ihr mich auf dieser Reise begleitet. :)


Ein paar Worte zum Cover dürfen natürlich auch nicht fehlen, denn dieses Meisterwerk stammt keinesfalls aus meiner Hand, die liebe Sonnentaenzerin hat es für mich gemacht und Leute ihr müsst zugeben, es ist schon der absolute Wahnsinn. Ich jedenfalls liebe es nach wie vor und kann mich gar nicht daran satt sehen.

Noch einmal: ganz, ganz herzlichen Dank, allerliebste Lara.


Wir sehen uns in Kapitel eins. Bis dahin... haltet die Ohren steif. :D

Ganz viel Liebe 

xxx

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