20 Kapitel

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Ich folgte Derek in den dichten Wald hinein und auf eine kleine Lichtung.
Er blieb in der Mitte stehen und dreht sich um.
"Gedanken lesen kannst du ja schon. Es gibt allerdings noch viel viel mehr, was du können kannst. Zum Beispiel in eine andere Personen hinein versetzen, sodass du sozusagen die Person selber bist. Du siehst, fühlst und denkst dann das, was die Person sieht, fühlt und denkt. Versuch es mal bei mir. Konzentrier dich auf mich, zuerst nur auf meine Gedanken, dann auf meine anderen Sinne. Stell dir vor, was ich sehen würde und dann..."
Er brach ab und blickte mich hypnotisiert an.
Ich fühlte einen Sog und hatte das Gefühl aus meinem Körper heraus gezogen zu werden.
Ich sah verwirrt zu Derek. Irgendwie fühlte ich mich komisch, so leicht, als könnte mich der nächste Windzug über alle Berge davon wehen.
Langsam schwebte ich in die Höhe und...sah auf meinen Körper hinab.
Erschrocken realisierte ich, wie mein Körper langsam einknickte und zu Boden sank.
Mein Körper war da unten? Und wie...? Ich sah an mir hinab, konnte jedoch nur das grüne Walddickicht hinter mir und den Sandboden unter mir sehen. Ich war, wie auch immer, durchsichtig oder anders gesagt unsichtbar.
Ich stieg langsam in die Höhe, versuchte jedoch schnell nach unten zu schweben, was mir glücklicher Weise auch gelang.
Jetzt war ich knapp über dem Boden, Derek lief mit einem erschrockenen Gesichtsausdruck auf mich, also meinem Körper, zu, der immer noch zusammengesackt auf dem Boden lag.
"Emily!" Er blieb kurz ganz still sitzen, als würde er nachdenken.
'Ich bin doch hier!' wollte ich rufen, doch brachte keinen Ton heraus.
Ich flog näher an ihn heran, um seine Gedanken lesen zu können. Doch anstatt seine Gedanken hören, spürte ich einen erneuten sog und ich war...Derek.
Ich sah das, was er sah, fühlte das, was er fühlte. Angst, Sorge und eine Ahnung, was mit meinem Körper passiert war.
Ich hockte immer noch auf demBoden und sah auf mich selber hinab.
Irgendwie komisch.
Mein Fuß, besser gesagt Dereks Fuß, schlief ein und ich richtete mich auf. Ich hob die Hände und...
»Emily? Kannst du das bitte lassen?«
Erschrocken fuhr ich zusammen.
"Derek?" Fragte ich laut.
»Kannst du bitte wieder in deinen eigenere Körper gehen?« Dachte er und ich spürte, dass er sich unwohl fühlte.
Okay, jetzt dachte ich auch, was er dachte. Das war unheimlich. Sehr unheimlich. Wie hatte ich das gemacht??
Ich konzentrierte mich wieder auf meinen eigenen Körper, ein Sog, und ich schwebte zurück, wo ich hergekommen war, kurz darauf richtete ich mich vorsichtig und etwas verwirrt auf.
Ich war wieder ich selber.
"Wie hast du das gemacht?" Fragte Derek mich leicht geschockt.
"Du solltest dich eigentlich nur in mich hineinversetzten und mich nicht gleich kontrollieren..." Er grinste mich schief an, wie er es so oft tat, wenn er ratlos war und was ich so an ihm mochte.
"War irgendwie gruselig..." Erwiderte ich nur und grinste zurück.
"Auf jedenfall weißt du jetzt, wie man in eine andere Person 'hineingeht'." Er klang noch ein bisschen fertig und überrumpelt. Anscheinend war es nicht sehr angenehm, wenn jemand anderes einen kontrollierte und alles mitbekam, was man dachte und fühlte....

Erschöpft fiel ich in mein Bett.
Derek und ich hatten bis zur Dämmerung geübt.
Er hatte mir noch beigebracht, wie man Gedanken und Erinnerungen verändern und löschen könnte.
Außerdem konnte ich jetzt auch mehr oder weniger die anderen vier Elemente beherrschen.
Alles in allem war das ein sehr erfolgreicher Tag gewesen. Ich hätte echt nicht gedacht, dass ich alles so schnell lernen würde.
Okay, teilweise waren meine Künste noch ausbaufähig, aber im Großen und Ganzen war ich zufrieden mit mir.
Morgen würde ich wieder zu dieser Lichtung gehen und alleine weiter üben, da Derek sich auf die Reise vorbereiten musste und an einem offiziellen Training für die teilnahm, die mitkommen würden.
Übermorgen schon würden sie mit einem Kleinflugzeug von dem Flugplatz der Insel losfliegen.
Ich wollte mich möglichst kurz vor dem Start in den Laderaum des Flugzeugs schleichen und mich dann irgendwo zwischen der Ladung verstecken.
Mein Bauch kribbelte wie in den letzten Tagen so oft nervös und ich rollte mich in meinem Bett hin und her.
Auf einmal war ich wieder hell wach und spielte vor meinem inneren Auge zum hundertsten Mal die Befreiungsaktion ab. Mir schwirrten zu viele Gedanken im Kopf herum, als das ich Schlaf fand.
Daher verließ ich mein Bett und öffnete die Balkontür.
Die Stühle auf dem Balkon waren mit weichen Kissen ausgelegt und ich ließ mich in einen von ihnen sinken.
Eine warme Brise wehte und ein klarer Vollmond schien am wolkenlosen Himmel.
Ich kuschelte mich in die weichen Kissen und sah in den Himmel.
Hier konnte man jeden einzelnen Stern sehen.
Während ich den Sternenhimmel betrachtet, wurde ich wieder etwas ruhiger.
Auf einmal hörte ich weiter links unter mir eine Tür aufgehen.
"...meinst du denn sie würde das tun?" Fragte eine leise Stimme. Es war Milli, die sprach.
"Ich weiß es nicht. Vielleicht." Sagte eine andere Stimme, die vermutlich von Ralf kam.
"Sie wollte gerne mitkommen. Also würde es mich nicht wundern, wenn sie versuchen würde, sich ins Flugzeug zu schleichen..." Ich erstarrte.
Die beiden Sprachen über mich und ahnten, dass ich versuchen würde, heimlich mitzukommen.
"Ja, stimmt, wir sagen Anne, dass sie ein Auge auf sie haben soll."
"Und wenn sie ihr Gedächnis manipuliert? Würde mich nicht wundern, wenn sie das schon kann..." Sagte Milli sorgenvoll.
Ich fluchte innerlich.
Was sollte ich jetzt tun?? Anne würde gucken, dass ich bis zum Abflug in ihrem Blickfeld blieb, wenn nicht, würden meine Eltern Verdacht schöpfen.
Konnte ich denn irgendwie anders mitkommen?
Vielleicht sollte ich morgen mal zum Flugplatz gehen und mich umschauen.
Mir würde da schon was einfallen...

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