Epilog

56 4 2
                                    

Der Rest ist Schweigen.

William Shakespeare

Der Kerzendocht war nur noch ein schwaches Glühen

Oops! Ang larawang ito ay hindi sumusunod sa aming mga alituntunin sa nilalaman. Upang magpatuloy sa pag-publish, subukan itong alisin o mag-upload ng bago.

Der Kerzendocht war nur noch ein schwaches Glühen. Aus der Dunkelheit schälte sich eine blasse Hand. Die Finger waren so lang, dass sie fast wie die eines Skeletts aussahen. Ein seltsames Schimmern lag über der hellen Haut, das kurz für wenige Sekunden aufflackerte und wieder erlosch. Die Hand strich über die schwarzen Haare eines Jungen, der neben dem Bett kniete und offensichtlich eingeschlafen war. Bei dem leichten Zupfen an seinen Strähnen fuhr er hoch. Sofort bemerkte er die fehlende Helligkeit, kramte eine neue Kerze aus der Schublade des Tisches und zündete sie mit einem Streichholz an.

»Warum hast du mich nicht früher geweckt?«, fragte der Junge voller Besorgnis in der Stimme und wandte sich der Frau zu, die im Bett lag. Ihre roten Haare waren von grauen Strähnen durchzogen und fielen ihr ins faltige Gesicht. Die Wangen waren eingefallen, die Augen gelb unterlaufen. Sie sah sterbenskrank aus.

»Du sahst so friedlich aus, als du geschlafen hast«, antwortete sie schwach. »Ich wollte dich nicht stören.«

»Das ist keine Entschuldigung«, widersprach der Junge. »Ich möchte bei dir sein. Ich möchte nicht, dass du... dass du...«

»Du kannst es ruhig aussprechen, Javet«, sagte die Frau und schloss die Augen. »Ich werde sterben. In Dunkelheit. Ob du es willst oder nicht. Weit weg von Zuhause.«

»Soll ich dich nach draußen bringen?« Der Junge wollte ihre Hand nehmen, aber sie zog sie weg als wüsste sie von seinem Vorhaben. »Gestern ging es dir noch besser! Gestern war alles noch gut! Es hat mit deinem Spaziergang zu tun, habe ich recht?«

Die Frau schwieg.

»Wo warst du?«, wollte Javet wissen. »Was hast du gemacht?«

»Die Strahlenkrankheit wird mich holen. So oder so. Es ist unwichtig, ob das einen Tag früher oder später geschieht.«

»Unwichtig?« Der Junge raufte sich die Haare. »Es ist wichtig! Für mich ist es wichtig! Du bist wichtig für mich! Ich möchte nicht, dass du mich verlässt! Wir... Wir haben so viel durchgemacht! Du warst immer da für mich!«

»Du warst mir ein guter Sohn, Javet.« Die Frau lächelte schwach. »Ich bin stolz auf dich.«

»Du kannst auch weiter stolz sein!« Verzweifelt vergrub der Junge das Gesicht in den Händen. »Bitte, sag mir, was ich tun kann! Es muss etwas geben, das dir helfen kann!«

Die Frau schüttelte leicht den Kopf. »Lass mich los. Du wusstest schon immer, dass ich nicht ewig an deiner Seite sein werde. Magier leben nicht so lange.«

»Hast du gestern jemanden getroffen, den du geheilt hast?«, fragte Javet. »Geht es dir deswegen so schlecht? Hast du deswegen keine Kraft mehr, um die Strahlenkrankheit aufzuhalten?«

»Ich habe jemanden getroffen«, seufzte die Frau. »Ich habe sie gefunden, als ich in der Nähe von Ugonjwa war.«

»Bei den giftigen Quellen?« Der Junge sah sie entsetzt an. »Ich dachte, du gehst dort nicht mehr hin seit...«

Mit einer schwachen Handgeste bedeutete die Frau ihm, zu schweigen. »Ich habe ein Mädchen gefunden. Sie war ohne Bewusstsein. Ich habe sie erkannt. Sie hatte dasselbe Gesicht wie deine Mutter.«

Javet schnappte nach Luft. »Meine Schwester?«

»Ohne Zweifel das Kind deiner Mutter«, fuhr die Frau fort als hätte sie ihn nicht gehört. »Ich dachte an deinen Onkel. An seinen Befehl, alle Nachkommen seines Bruders zu töten. Aber dieses Mädchen... Es hatte überlebt. Irgendwie. Doch es hatte die Strahlenkrankheit.« Sie stöhnte und griff sich an den Hals, als ein unstetes Flackern ihr dort über die Haut fuhr. »Ich hatte nicht mehr genug Kraft, um sie zu heilen. Stattdessen gab ich ihr einen Teil meiner Gabe.«

»Aber... War sie eine Magierin?«

»Nein.«

»Das bedeutet, dass sie...«

Die Frau nickte. »Sie muss mittlerweile tot sein, aber sie wird ihre Rache bekommen haben.« Ihre Hand krallte sich um die harte Kante des Nachttisches neben ihrem Bett. Die blasse Haut ihrer Finger flackerte. Etwas Sand rieselte zu Boden. »Du erinnerst dich an das, was ich dir erzählt habe?«

»Ja«, flüsterte Javet und beugte sich zu ihr vor. Er legte den Kopf auf die Bettdecke, das Gesicht zu der blassen, flackernden Hand gewandt.

»Ich sage dir nun, dass die Zeit gekommen ist«, wisperte die Frau kaum hörbar.

Der Junge schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete standen Tränen darin. Er beobachtete, wie die Hand den Sand auf dem Tisch aufwirbeln ließ. Sie formte kleine, schwebende Sandwirbel, die durch die Luft flogen und sich zu wunderschönen Mustern zusammenfanden. Javet verfolgte sie mit einem traurigen Lächeln auf den Lippen. Plötzlich fiel der gesamte Sand zurück auf den Tisch. Die Hand erschlaffte. Eine einsame Träne rollte die Wange des Jungen herab.

»Danke, Marielle«, flüsterte er leise in das Dämmerlicht des Raumes. »Für alles.«

Noch eine Stunde blieb er so liegen. Reglos, nachdenklich. Erst, als es an der Tür klopfte, erwachte er aus seiner Starre. Javet blinzelte und stand auf. Schmerz stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er streckte die Hand aus, um der toten Frau die Haare aus dem blassen Gesicht zu streifen, zog sie aber im letzten Moment schnell weg. Es klopfte erneut. Diesmal fordernder. Dann öffnete sich die Tür.  

Pazifik - VerfolgtTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon