Schwarz

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27. K A P I T E L ║Schwarz

»Du bist kein Mensch, denn Menschen können nicht mit Pokémon sprechen!«





Toukos Nägel kratzten über die Oberfläche des Pokéballs, als sie den immer leiser werdenden Stimmen lauschte. Sie spürte die Wärme ihres Flambirex', die Kampflust, das aufgeregte Zappeln.

»Was meint Ihr damit, Lord G-Cis?«
»Es würde die Kapazitäten des Luftschiffes übersteigen. Wenn wir zurückkehren, erobern wir das Schloss zurück. Bis dahin müssen sie-« Mehr konnte Touko nicht verstehen, da sie um eine Ecke gebogen waren.
Ihre Hand zitterte. Das war ihre Chance, ihm alles zurückzuzahlen. Hier und jetzt. Er würde nicht damit rechnen, von hinten angegriffen zu werden. Es würde schnell gehen und die Schlacht zu ihrem Gunsten wenden. Wenn er nun in sein Schiff stieg, waren N und die Pokémon verloren. Das musste um jeden Preis verhindert werden.
Die Kamera, die Touko gegenüber an der Säule installiert war, schwenkte den Kopf und blickte verstohlen auf sie herab.

Touko verdrängte all ihre Gedanken, die sie davon überzeugen wollten, G-Cis am Leben zu lassen. Langsam, mit emotionslos anmutenden Augen, lief sie ihm und Rubius hinterher. Schritt für Schritt, über dunklen Marmor. Sie versteckte sich nicht mehr, denn sie näherte sich ihrem Ziel.

Ohne auf Soldaten zu achten oder vorsichtshalber um die Ecke zu schauen, bog sie in den nächsten Gang. Finstere Schatten zeichneten sich auf ihrem Gesicht ab, als sie G-Cis und den anderen Weisen weiter hinten sah. Beide waren in Schwarz gekleidet. Weniger auffällig als sonst, doch aussagekräftig genug um allen zu zeigen, dass sie die leitenden Köpfe dieses Spackenvereins waren.
Rubius verschwand links im nächsten Flur. G-Cis blieb in der Mitte stehen und drehte sich langsam zu Touko um. Seine Schultern bewegten sich dabei kaum. Es sah wegen des Gewandes so aus, als drehe sich bloß sein Kopf, während der Rest steif blieb.

Er wartete geduldig. Seine Hände waren unter dem Gewand versteckt, die Haare hatte er sich im Nacken zusammengebunden.
Touko ließ sich Zeit. Als nur noch zwei Säulen zwischen ihnen lagen, blieb sie stehen und sah ausdruckslos in die Augen des Königs von Team Plasma. Ihre Finger zuckten. Der Pokéball direkt unter ihnen ebenfalls.
Er war schon seit Anbeginn der König gewesen, nicht erst als N geflohen war.

G-Cis sagte nichts. Als Flambirex neben Touko auftauchte und den Boden schwarz färbte, ging er einfach weiter. Ganz langsam, als hätte er alle Zeit der Welt. Touko knirschte mit den Zähnen. Was war das schon wieder für eine Masche? Sie rieb unsicher ihre Stirn. Was hatte er vor? G-Cis einfach so zu folgen war eigentlich nie eine gute Idee. Vor allem wenn er so offensichtlich darauf aus war, sie zu locken.

Touko schüttelte ihre Bedenken ab und ging weiter. Der brennende Speichel ihres Pokémons tropfte auf den Boden. Wie ätzende Säure fraß er sich in das Gestein. Sie spürte die Hitze an ihrem Rücken und genoss sie in vollen Zügen. Wie sehr sie sich wünschte, G-Cis' Gesicht damit zu verschönern.

Im nächsten Gang warteten zehn Soldaten mit ihren Pokémon. Touko verzog einen Mundwinkel und sah zu Flambirex. »Ich bin so froh, dass du wieder da bist, mein Dicker.« Vorsichtig berührte sie seine Schulter und umarmte es, als die Flammen verschwunden waren. Sein aufgeregtes Schnauben jedoch kündigte einen neuen Schwall an. Immer wenn es aufgeregt war, fackelte es grundsätzlich alles ab. »Du willst kämpfen, was? Ich auch. Und das werden wir jetzt tun.« Sie trat eine Tür ein, riss eine Stehlampe aus dem Zimmer und schlug sie so oft gegen die Wand, bis der Schirm abflog. Bewaffnet stellte sie sich den Soldaten entgegen. »Zusammen.« Sie atmete kräftig aus. »Flammenblitz!« Touko hechtete zur Seite. Mit der Stange schlug sie gegen ein Kukmarda, das sie von der Seite anzugreifen versuchte. Es gab einen erstickten, quiekenden Laut von sich und wurde gegen die Wand geschleudert. Humpelnd schleppte es sich zu seinem Trainer zurück.
Plötzlich wurde es hell im Flur. Flambirex spannte sich an, Feuer schoss aus seinen Nasenlöchern. Es umhüllte sich mit Flammen, die sich wie ein Sturm um es drehten. Indem es laut knurrte und immer wieder mit seinen kräftigen Armen Löcher in den Boden schlug, bündelte es noch mehr Kraft und stieß sie aus. Mit Kampfschrei und brennendem Körper rannte es in die Soldaten. Die meisten konnten entkommen, indem sie um ihr Leben rannten. Zwei von ihnen wurden umgerannt und fingen Flammen, sodass sie sich am Boden wälzten und sich gegenseitig die Kutte vom Leib rissen. Auch sie humpelten anschließend um ihr Leben.
Flambirex hatte so viel Anlauf genommen, dass es mit seinen Hauern in die nächste Wand rannte und stecken blieb. Sie färbte sich schwarz, als sich die Flammen zu allen Seiten verflüchtigten.
Touko rannte zu ihm und half mit der Stange nach. Als das wandelnde Verderben befreit war, folgten sie G-Cis den Gang hinunter. Mittlerweile ging er nicht mehr so gelassen. Etwas war seltsam an ihm, denn er verursachte keine Geräusche. »Oh, hat er etwa seine Pokémon nicht dabei? So ein Scheiß aber auch.« Sie schrie laut auf und hetzte mit der demolierten Stange in der Hand auf ihn zu. Flambirex folgte, verlor dabei Unmengen Ruß und Flammen.

ℕatural Numbers  [ Pokémon Schwarz / Weiß ]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt