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Ein dumpfer Schmerz ließ Jeff langsam zu sich kommen. Je mehr er zu sich kam, desto mehr spürte er die Schmerzen, die von seiner Schulter ausgingen. Doch konnte er noch nicht ausmachen von woher der Schmerz genau kam. Ob linke oder Rechte Schulter, nicht die genaue Stelle.
Alles war schwarz. Seine Augenlider fühlten sich schwer an. Er hatte Mühe sie zu öffnen. Schlussendlich schaffte er es doch nicht.
Jeff fühlte sich benommen. Alles drehte sich. Nichts fühlte sich richtig an. Er fühlte sich unwirklich. Nicht zu wissen, ob er lag, saß oder stand, brachte ihn fast um den Verstand. Er versuchte sich aufzurichten, wenn er denn lag. Aber nichts bewegte sich. Kein einziger Muskel. Nicht einmal eine Fingerspitze.
Jeff atmete schneller. Es war, als wäre er im Nichts. Mehr und mehr fühlte es sich so an, als würde er fallen. Tief und immer tiefer. Und er würde niemals aufhören zu fallen, solange er sich in diesem Zustand befinden würde.
Panik kroch in ihm hoch. Sein Atmen wurde noch schneller, hektischer. Er musste aufstehen. Sofort. Ihm überkam die Angst. Unweigerlich musste er an den Tod denken. Wenn sich so die Schwelle zwischen Leben und Tod anfühlte, jagte es Jeff mehr und mehr die Furcht in die Knochen.
So muss sich Ben gefühlt haben, durchfuhr ihn plötzlich ein Gedanke. Und Jeff wurde mit einem Mal ganz ruhig. Wenn Ben sich so gefühlt haben musste, dachte Jeff, so würde er es auch so hinnehmen.
Angst und Furcht wichen Trauer. Mit einem Mal wurde Jeff klar, wie einsam Ben gestorben war. Er hatte Jeffs Stimme nicht hören, genauso wenig ihn sehen können. Und in diesem Zustand, das Gefühl im Nichts zu sein, war mehr als einsam und bedrückend. Es war bloß Platz für Gedanken - und Gedanken konnten mehr furchteinflößend sein, als Taten. Jeff wusste das, denn er spürte es jeden Tag aufs Neue. Der Schmerz und die Trauer über den Verlust von Ben, sowie das Wissen ihn ermordet zu haben machten aus ihm eine Kreatur, die noch einsamer war, als vor der Bekanntschaft mit Ben. Jeden Tag machte er sich die gleichen Vorwürfe, es hätte einen anderen Weg geben können. Du hast nicht nachgedacht.
Jeff sah die Bilder ganz klar im Kopf, als wäre er in diesen Moment gefangen. Und nichts schien ihn aus diesem dunklen Zimmer zu holen. Als wäre es verschlossen - oder gar verschweißt.
Plötzlich schoss ein hoher, greller Ton durch das Nichts und mit einem Mal hatte Jeff endlich Boden gefunden. Er fühlte sich nach wie vor benommen, aber das Gefühl des Fallens, das Befinden im Nichts, wich.
Der Ton war so laut, dass Jeff das Gefühl hatte, dass es gegen seine Kopfdecke hämmerte. Doch dafür konnte er den Boden, den echten Boden, spüren. Er war kalt und steinig. An manchen Stellen kitzelte ihn etwas langes und sehr dünnes. Wenn er ausatmete, so wirbelte er etwas auf, dass dem Atem wich. Jeff konnte nur auf Staub oder sandigen Dreck schließen.
Plötzlich hatte er wieder den Willen gefunden sich aufzurichten. Er würde allerdings erst mit dem Öffnen der Augen anfangen. Nach wie vor waren sie schwer und es kostete ihn alle Mühe sie zu öffnen. Erst ein Blinzeln - und schließlich, ganz langsam, öffneten sie sich. Jeff blinzelte einige Male, um sich zurecht zu finden. Doch auch mit offenen Augen sah er nichts als Dunkelheit - oder besser gesagt, nichts als nächtliche Schwärze.
Dann wollte Jeff versuchen sich aufzurichten. Er drückte seine Arme, die sich anfühlten, als würden sie Tonnen wiegen, neben seinen Oberkörper in den Dreck und stemmte sich hoch - als plötzlich etwas schweres von seinem Rücken sprang und somit seine Aufrichtungsversuche um ein deutliches vereinfachte. Jeff setzte sich mit letzter Kraft zu einem Schneidersitz auf und fuhr mit seiner Hand durch sein Gesicht. Seine Schulter pochte mehr als zuvor.
Vorsichtig fuhr etwas warmes, feuchtes über seine Wange und kaum viel später fiel etwas leichtes auf seinen Schoß. Jeff vernahm einen hohen Ton, der fast wie ein heiseres Seufzen klang.
Vorsichtig hob Jeff seine Hand und streckte sie aus. Zu seiner Überraschung griff er in etwas weiches, das sich wie Fell anfühlte. Er fuhr seine Hand auf und ab und höher, streichelte am Hals des Tieres entlang, berührte und massierte die spitzen Ohren und ließ seine Hand auf dessen Kopf ruhen. Diese Bewegungen erschöpften ihn. Zumal die Schmerzen in der Schulter durch diese Bewegungen sich verstärkten.
Nach kurzem verharren passten sich Jeffs Augen endlich der Dunkelheit langsam an und er erkannte Konturen. Ein großes Tier saß auf Augenhöhe direkt vor ihm und winselte heiser. Seine Pfote hatte es auf seinem Oberschenkel ausgestreckt. Und plötzlich gab es ein heiseres Bellen von sich. Nana.
Jeff fuhr sich erneut durch das Gesicht und überlegte. Er hatte den Jungen durch seinen Wahnsinn ermordet und dann tauchte Nisha auf. Doch was war dann geschehen? Jeff konnte sich nicht erinnern. Alles verlief so schnell und dann war er zu Boden gefallen. Er sah schwarz. Aber was war dazwischen geschehen?
Krampfhaft versuchte er sich zu erinnern. Doch schaffte er es nicht direkt. Vielmehr schmerzte und pochte sein Kopf und wieder versuchte er die Situation in sein Gedächtnis zu rufen. Nisha stand dar, geschockt und nach Worte ringend. Ihr Blick zwischen ihm und den Jungen wechselnd. Sie ging einige Schritte zurück und Jeff folgte ihr. Nicht wissend, was er hätte tun sollen, da Nisha durch die Leiche schloss, dass Jeff gemordet hatte, näherte er sich ihr vorsichtig und redete auf sie ein. Versuchte sie zu beruhigen. Ihr es zu erklären, auch wenn er nicht wusste was er daran hätte erklären können. Und ohne es wirklich zu realisieren, mehr war es ein längst vergessener Instinkt, warf er sich mit aller Kraft zur Seite. Etwas hatte knapp seinen Hals verfehlt und vergrub sich scharf und tief in seine Schulter. Er hatte nicht einmal seinen Angreifer gesehen, geschweige denn überhaupt sein Näherkommen bemerkt. Dann stieß er sich den Kopf beim Aufprall am Boden. Dann war alles schwarz.
Angreifer? Jeff hielt inne. Ihm wurde plötzlich bewusst, dass er sich immernoch im Park befand. Nicht weit von ihm müsste die Leiche des Jungen liegen. Doch wichtiger war, wo war Nisha? Jeff fragte sich, ob sie genauso wie er ohnmächtig in der Nähe liegen würde, das Gefühl haben würde im Nichts zu schwelgen oder den gleichen Gedanken fassen würde, zwischen Leben und Tod zu schwelgen.
Tief seufzte er. Nichts würde er herausfinden können, wenn er weiterhin tatenlos auf dem Boden sitzen und Löscher in die Luft starren würde. Er musste aufstehen.
Jeff gab sich einen Ruck und erhob sich schwankend. Sein Schädel pochte stärker als zuvor und ihm wurde flau.
Reiß dich zusammen!, schalt Jeff sich selbst. Er durfte jetzt nicht erneut umkippen. Es glich schon einem Wunder genug, dass kein Mensch ihn und die Leiche des Jungen entdeckt hatte. Umso mehr musste er sich nun bemühen wach zu bleiben.
Langsam schlich er über den Boden. Nana folgte ihm hechelnd. Schemenhaft erkannte er Bäume, die den offenen Platz umgaben. Auch erkannte er leichte Konturen der Bank und des davor liegenden Fahrrades. Jeff trat, so gut es ging, lautlos an das Fahrrad heran. Henrik musste ganz in der Nähe sein. Jeff hatte ihn nur wenige Meter von Fahrrad entfernt erwürgt.
Er lief um das Fahrrad, welches in der Dunkelheit nicht mal ansatzweise nach einem Fahrrad aussah, herum und betrachtete den Boden. Doch sah er nichts. Es war zu dunkel.
Jeff ging ein paar weitere Schritte voran und blieb plötzlich mit seinem Fuß an etwas schweres hängen und stürzte zu Boden. Wider Erwartens landete er weich.
»Gefunden.«, hauchte Jeff seinen, vom Sturz angehaltenen, Atem aus. Dann rollte er sich von Henrik und rappelte sich auf.
Die Leiche muss verschwinden, dachte Jeff und stemmte seine Hände in die Seite. Aber wie? Zum vergraben oder im Wald verstecken war es zu dunkel. Und bis morgen Früh konnte und wollte er nicht warten. Die Gefahr, von Passanten erwischt zu werden, war zu groß. Er musste ihn mitnehmen.
Langsam rutschte er vor dem toten Körper in die Hocke. Jeffs Hände gelitten in Henriks Hosentaschen und zogen alles hervor, was sie finden konnten. Er bekam ein kleines Kinderportmornee, ein Handy und ein paar Bonbons zu fassen. Die Bonbons allerdings warf er ohne groß nachzudenken angewidert in die weiten der nächtlichen Dunkelheit. Das Handy ließ sich anschalten. Im Hintergrund war Henrik mit einer blonden Schönheit zu sehen. Entweder war es seine Mutter, was Jeff sehr zu bezweifeln vermochte, oder allerdings ein Promi, was sehr unwahrscheinlich, aber dennoch möglich wäre.
Dann betrachtete er die Uhrzeit. 23:11 Uhr. Umso mehr verwunderte es ihn, dass niemand die Leiche und ihn gefunden hatte. Allerdings wusste er auch nicht, wann er ohnmächtig wurde. Nur, dass es da noch hell war.
Das Handy hatte zudem noch einige Funktionen, die genutzt werden konnten, trotz dessen, dass es gesperrt war. Dazu gehörte der Notruf, die Kamera und die Taschenlampe. Schnell wischte Jeffs Finger über das Display und schaltete die Funktion der Taschenlampe ein. Grelles weises Licht fiel von der Rückseite des Handys. Jeff schwenkte das Handy umher. Er sah Nala, die sich hechelnd neben ihn niedergelassen hatte, und wandte sich wieder von ihr ab. Das Licht schwank über Henrik, über den Boden, zum Fahrrad und streifte die Bank. Dann führte er das Licht, soweit es kam, durch den Park. Doch bis auf ein paar Büsche, Bäume und weitere Bänke war nichts zu sehen. Weder Nisha noch die unbekannten Angreifer.
Jeff schaltete, nachdem er sich gründlich umgesehen hatte, das Handy komplett aus. Zuhause würde er einen konkreten Neustart durchführen, um nicht nachverfolgt zu werden. Jack hatte das Werkzeug dafür.
Schließlich stopfte er es samt dem Portmornee in seine Hosentasche.
Er stellte sich wieder hin. Das Hocken wurde nach einer Zeit viel zu anstrengend für seine derzeitige Verfassung, außerdem hatte er gefunden, wonach er gesucht hatte.
Jeff atmete die kühle Nachtluft ein und verharrte einen Moment. Seine Augen waren geschlossen. Dann stellte er sich die Frage der Fragen; wie würde er dieses Kind unentdeckt nach Hause tragen können? Es würde definitiv auffallend sein, wenn ein erwachsener Mann ein regungsloses Kind durch die Straßen schleifen würde. Jeff überlegte weiter. Aber wenn der erwachsene Mann sein Vater wäre und der tote Junge sein Sohn Henrik, der viel zu müde zum gehen wäre, würde das keine Probleme machen. Nur würde man sich die Frage stellen, wieso ein Kind so spät noch wach gewesen war. Allerdings gab es zu genügend dumme Eltern. Warum also nicht auch in solch eine Rolle schlüpfen?
Jeff beugte sich zu Henrik runter und griff ihm unter die Arme, um ihn auf seine Schulter zu hieven. Doch kaum kam er mit jener in Berührung, schon schrie Jeff lauthals auf und ließ den Jungen wie ein Sack Mehl zu Boden fallen. Er griff zu seiner Schulter, die wie wild pochte und schmerzte. Zwar hatte er den Schmerz die ganze Zeit über gespürt, allerdings nach einer Zeit nicht mehr wahrgenommen gehabt. Bis jetzt. Scheinbar, dachte Jeff darauf, ist die Wunde doch etwas schlimmer. Er würde, sobald er daheim war, diese vom Jack ansehen lassen.
Nachdem Jeff sich beruhigt hatte und mit den Schmerzen wieder einiger Maßen klar kam, beugte er sich ein zweites Mal zu Henrik runter. Er griff unter seine Arme und hievte ihn mit aller Kraft hoch. Und irgendwie, ohne sich im Nachhinein daran erinnern zu können, schaffte er es Henrik auf seinen Rücken zu stemmen, dass es nach Huckepack aussah. Nur seine Schmerzen wurden stärker. Doch Jeff bis die Zähne zusammen und tapte los. Er pfiff nach Nana, dass sie ihm auch folgen und nicht zurück bleiben würde.

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Helloooo :D

Oh wow. Kaum zu glauben. Ich veröffentliche schon seit 10 Wochen ununterbrochen! :0
Ein hoch auf meine Zeitplan! xD
Ich hoffe ihr bleibt mir auch bis zum Ende treu :3

Ein Cookie für Jeden, der bis hierher gelesen hat und ein dickes Dankeschön :3

Eure AkisuraXD
(๑'ᴗ')ゞ

REBORN || Jeff x Ben || All We Need Is Faith 2Where stories live. Discover now