26. Kapitel

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Die Tür wurde aufgestoßen und eine Gestalt lief aufgebracht in die mit Dampf gefüllte Halle. Orientierungslos huschte Ihr Blick nach allen Seiten und als dieser auf den Wuschelkopf traf, erklang sofort eine schrille bekannte Stimme:
„Helfen sie mir! Ich wurde entführt!" Mori riss erschrocken die Augen auf und schluckte schwer, in der Erkenntnis erwischt worden zu sein. Bevor sich der Eingang abermals öffnete, war April bereits in das Wasser gesprungen und paddelte wie wild auf das Alien zu. Nein halt, Mori war kein Alien mehr.
„Ich bitte sie, ... beschützen sie mich", jammerte sie und klammerte sich an den sichtlich Überraschten, der völlig überrumpelt keine Zeit zum Flüchten hatte.
„Außerirdische ... überall, sie haben Fühler und Saugnäpfe an den Händen," flüsterte sie noch zitternd und blickte voller Panik zum Ausgang, wo gerade ein roter Schopf auftauchte.
„Mori! ... Il mio amore. ... Süße Morika? Bist du hier?" Der Angesprochene räusperte sich nur, traute sich aber nichts zu sagen, da die Blondine an ihm klebte wie Kaugummi.
Der Name bewirkte eine leichte Verwirrung bei der Frau. 'Diese Morika ist auch hier?' fragte sie sich im Stillen und drängte sich immer näher an Moris schmächtige Gestalt. Natürlich war sie dem Lockenkopf sehr vertraut, die beiden Male, die er in sie schlüpfte, würde er so schnell nicht vergessen. Doch die Tatsache, sie so nah an seinem nackten Körper zu wissen, ließ ihn jetzt zu Eis erstarren.
Hichan wusste genau, wo und welche Personen er hier finden würde. Der Schlingel hatte nur wieder einmal Lust auf ein kleines Spielchen mit der Amerikanerin. Sie war so ein perfektes Opfer, spielte ihre Rolle meisterhaft, voller Hingabe und Leidenschaft. Da konnte er gar nicht anders. Dass er seinen Bruder damit in Bedrängnis brachte, kümmerte ihn wenig.

Langsam trat er näher an das Becken, und umso geringer der Abstand wurde, desto tiefer versank die blonde Lady neben ihrem selbst ernannten Retter im Wasser.
„Ah bella Morika, ... da bist du ja", meinte er übertrieben laut und freundlich, als er hinter ihnen ankam und hinunterblickte. April war abgetaucht und Mori hielt die Luft an.
„Lange wird sie das nicht aushalten. Questa donna, ... lass mich dir helfen. Ich bin Meister im Mund zu Mund beatmen," grinste er, landete mit einem „Platsch" neben dem Versteinerten und April fuhr erschrocken hoch.
„Wer ... wer sind sie! Und ... und was wollen sie von mir?" prustete sie außer Puste und auch recht weinerlich.
„Oh che peccato, du kennst mich nicht mehr? Ich bin Luigi, ... l'italiano", schnurrte der Rotschopf mit einem Schmollmund und sah sie, wie ein junges Hündchen treuherzig an. Die Frau wusste nicht mehr was sie sagen sollte, sie war sprachlos. Das kam sehr selten vor, aber diese Situation ging weit über ihr Denken hinaus.
„Ach bitte, ... kannst du sie vielleicht von mir lösen? Ihre Nägel bohren sich schmerzhaft in sehr empfindliche Stellen von mir", meldete sich nun der Ältere endlich zu Wort. „Was soll sich Torio von mir denken."
„Oh Gott, To ... Torio! Sie haben ihn auch entführt!" japste sie verzweifelt und schlug sich entsetzt die Hände vors Gesicht.
„Autsch, ... wurde aber auch Zeit", beschwerte sich Mori und rückte sofort ein ganzes Stück von ihr, als sie ihn freigab. Sein Bruder machte das Gegenteil, drängte sich eng an sie und schmunzelte vielsagend.
„Weg! Fassen sie mich nicht an, sie ... sie italienischer Alien", herrschte sie ihn an, was die Brüder nur zum Lachen brachte.
„Sag, ... was hast du mit ihr angestellt, Hichan?" wollte Mori wissen.
„Io? ... Mou, ... ich bin unschuldig." Und dann schnurrte er los, drückte seinen roten Haarschopf an ihre Schulter und grinste scheinheilig.
„Ahhh, ... Hilfe!" Die Blondine versuchte wegzukommen, doch das Alien hatte sich bereits an sie gesaugt.
„Hilfe! Loslassen, sofort loslassen. Sie haben die Katze gefressen ... und Luigi! Ah, Hilfe!"
„Schhh ... nicht so laut, April. Niente paura." Er zog sie noch weiter an sich. „Keine Angst, mia bella." Die Fühler schwirrten um ihren Kopf und sie zuckte jedes Mal erschrocken zurück. „Es wird dir nichts geschehen, ... wenn du artig bist, capisci?" Große Augen starrten Hichan ungläubig an. „Na siehst du, brava ragazza. Darf ich vorstellen, questo è Mori. Mein süßer Bruder ..."
„Morika?! ... Um Himmels Willen, das geht zu weit ..." Sie kippte ohnmächtig in Hichans Arme.
„Ach nö, ... nun sieh, was du angerichtet hast. Die Erkenntnis, ihr Leben lang einem Homosexuellen hinterhergelaufen zu sein, hat ihr den Rest gegeben. Mi dispiace per lei. Die Arme." Die Zunge des Rotschopfes glitt über ihren Hals. Vielleicht tat sie ihm nun doch ein wenig leid.
„Ich bin mir sicher sie lässt sich gerne von dir trösten, auch wenn du ein italienischer Kannibale bist", meinte der ältere Bruder kopfschüttelnd und stieg als erster aus dem Wasser um Hichan dabei behilflich zu sein, die bewusstlose Frau auf Handtücher zu betten und etwas trocken zu rubbeln.
„Takuyan wird sich um sie kümmern. Ich denke, ich lasse sie fürs erste Mal in Ruhe." Das Alien lachte laut auf und schüttelte sich wie ein nasser Hund. „Queste Persone." Dann stellte er sich vor den immer noch nackten Lockenkopf und betrachtete ihn von oben bis unten genau. „Perché, warum hast du kein Andenken von deinem Medium?" Er nahm ihn bei den Schultern und drehte ihn einmal herum. Dann hob er seine Augenbrauen, ließ seine mit Saugnäpfen bestückten Handflächen über Moris Oberarme nach unten gleiten und grinste schließlich, als er ihn in den Hintern zwickte.
„Deine Haut ist zart und weich wie un asino da bambino."
„Hichan!" Mori schlug ihm spielerisch auf die Hand. „Unmöglich, du bist unmöglich!" rügte er, lächelte beschämt und tippte seinem Gegenüber auf die Brust. „Und du! ... Hör bloß auf zu schnurren, das ist ja echt peinlich."
„Moi, ... du bist ja nur neidisch. Brrr .... Komm her und lass dich umarmen, mio caro fratello (mein lieber Bruder)." Der Jüngere drückte ihn einmal kräftig an sich und sah ihm dann schelmisch in die Augen. „Es ist so weit. ... Sei eccitato? Aufgeregt? Ich sag dir, Torio ist ... verdammt gut gebaut." Er schnalzte mit der Zunge. „Das wird ganz schön wehtun, all'inferno!" Das Gesicht des Älteren färbte sich augenblicklich rot und sein schüchterner Blick sah bezaubernd aus. Hichan musste ihn einfach ein weiteres Mal drücken.

Im selben Moment als sich April zu bewegen begann, trat der junge Doktor in den Raum.
„Hier ist meine Schöne", sagte er feierlich und nahm sich ihr sofort an. Takuyan hatte seine Fühler eingefahren und die Beulen unter der medizinischen Haube versteckt. Er sah aus, wie ein Mensch, ein hilfsbereiter Arzt, führsorglich und mit breitem Grinsen.
„Helfen sie mir ... bitte", stöhnte sie leise und klammerte sich an den weißen Kittel. „Ich ... ich werde verfolgt, ... von roten Aliens!" ihr angstvoller Blick schweifte umher, doch da war niemand.
„Sie hatten bestimmt nur einen schlimmen Traum, oder haben sich den Kopf an etwas gestoßen. Ich werde dafür sorgen, dass es ihnen gleich besser geht." Die Mundwinkel schienen noch weiter auseinander zu gehen, was eigentlich nicht möglich war, von einem Ohr bis zum Anderen. „Ich bin Dr. Yamanak und kümmere mich jetzt um sie." Der Aufzug des Aliens wiegte April in Sicherheit. Sie ließ sich erschöpft in seine Arme fallen und seufzte erleichtert:
„Bitte lassen sie mich nicht mehr allein, die Außerirdischen ... die Aliens, sind da."
Ein weiteres Kapitel über die Bemühungen des Arztes mit seiner neu erworbenen Patientin, erspare ich euch. Ich sage nur: April befand den jungen Doktor für, überirdisch, übersinnlich, außerirdisch gut!

Naiver Astronaut (Toruka Story Deutsch) Band 1Where stories live. Discover now