23. Unsterblich

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Tristan saß seinem Feind gegenüber. In seinem langen Leben hatte er nicht viele Menschen als seine Feinde betrachtet, doch Rupert Sangai hatte es geschafft sich diese Bezeichnung zu verdienen.

"Wo hast du dich nur zwei Jahrzehnte verkrochen, Tristan?", Sangai schwenkte ein Glas teuren Scotch in seiner Hand und betrachtete ihn interessiert. Liebend gerne hätte Tristan ihm den Alkohol ins Gesicht geschmissen und wäre aus dem makellos ausgestatteten Büro geflohen, aber Vincent brauchte Zeit um Eliza zu finden und genau diese würde Tristan ihm liefern.

Gleichgültig ließ er seinen Blick über die Einrichtung schweifen. Bücherregale mit alten Büchern, Vitrinen mit Artefakten aus längst vergangener Zeit und Aktenschränke voll mit höchstwahrscheinlich vertraulichen Informationen zu einflussreichen Persönlichkeiten.

Seit er ihn kannte, war Sangai von Macht und Reichtum besessen. Er hatte auch soweit Tristan wusste, nie eine Beziehung geführt. Er empfand Mitleid für den Mann vor ihm. Sicherlich musste er einsam gewesen sein und würde mit dieser Einsamkeit auch sterben.

Dasselbe galt für ihn, Tristan. Sein Schicksal war bereits klar gezeichnet, irgendwann in der Zukunft würde er erneut sterblich werden und schließlich den Weg allen sterblichem gehen. Bis dahin jedoch konnte er sich kein glückliches Leben vorstellen. Alles was er sich wünschte, war Cataleya zu folgen, bei ihr zu sein, endlich Ruhe zu finden.

"Nun? Hast du keine Antwort für mich?", stichelte Sangai und riss ihn aus seinen trübsinnigen Gedanken. Noch war sein Ende nicht gekommen. Er musste zumindest dafür sorgen, dass Eliza lebend aus dieser Hölle entkam. Das war er ihr, nach allem was sie seinetwegen erdulden musste, schuldig. Er lehnte sich seufzend zurück.

"Ich habe mich entspannt und die Jahre genossen. Ich habe es schließlich nicht eilig. In dieser Hinsicht bin ich wahrlich froh ein Unsterblicher zu sein." Ein säuerlicher Ausdruck trat auf Sangais Gesicht und Tristan wusste, dass er einen Nerv getroffen hatte.

"Alleine? Ich muss sagen, ich war überrascht, Cataleya nicht an deiner Seite zu sehen. Schließlich geht es hier auch um ihre Tochter und sie war schon immer solch eine Bärenmutter."

Die Erwähnung Cataleyas raubte Tristan für einen Moment den Atem, doch er zwang sich die Bemerkung mit einem wütenden Blick zu beantworten.

"Stimmt, sie wäre hier. Was mich mehr interessiert, was tut Eliza an diesem Ort? Was sollte ihre Entführung?" Achselzuckend trank Sangai einen kleinen Schluck.

"Ich brauchte sie für meine Forschung. Eigentlich wollte ich dich und Cataleya, aber leider hat die Suche nach euch zu lange gedauert. Ewig lange Jahre habe ich alle möglichen Schnüffler beauftragt und schließlich sogar eure eigene Tochter und trotzdem hat es nichts gebracht. Also habe ich mit dem nächst besten vorlieb nehmen müssen. Und Eliza hat nicht enttäuscht."

"Wie meinst du das?", fragte Tristan und hatte ein schlechtes Gefühl im Magen. Was hatte dieser kranke Bastard mit seiner Tochter angestellt? Sangai stand auf und lehnte sich vor ihm an den Schreibtisch.

"Die Wissenschaftler haben das Unsterblichkeitsgen endlich entschlüsseln können. Mithilfe deiner kleinen Tochter werde ich schon bald wieder einer von euch sein."

"Schwachsinn! Niemand hat es geschafft, unsere Unsterblichkeit zu verstehen oder gar abzufüllen. Du lügst." Sangai kicherte leise und stellte sein Glas ab. Langsam wanderte er um Tristan herum und genoss seine Machtposition sichtlich. Mit kontrolliertem Atem beschwor Tristan sich zur Ruhe.

"Wieso sollte ich? Ich habe bereits gewonnen. Du und Eliza werdet mein Heim nie wieder verlassen und mit eurer Hilfe werden meine Wissenschaftler mich zum mächtigsten Mann der Welt machen. Wie viel glaubst du würden die reichen, der reichen für ein Unsterblichkeitselixier ausgeben? Ich werde unantastbar sein."

Die Suche nach Unsterblichkeit #Wattys20Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt