Vater-Sohn-Gespräch

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GUZMAN

„Ich verstehe dich Guzman. Ich war nicht immer der Vater, der ich hätte sein sollen, aber du musst wissen, dass ich dich mehr liebe als mein Leben." 

***

Ich zünde mir eine Zigarette an und nehme einen tiefen Zug, während ich gegen die Limousine lehne, die vor dem Gefängnis in Mazatlán steht. Ich warte darauf, dass mein Vater endlich entlassen wird. So viel ich von den Anwälten meines Vaters weiß, wurde die Kaution auf eine Million Dollar festgesetzt und er musste seinen Reisepass abgeben, damit er nicht in ein Land fliehen kann, das kein Auslieferungsabkommen besitzt. 

Er hätte sogar eine elektronische Fußfessel in Kauf genommen, um nicht noch länger in einer Zelle ausharren zu müssen. Ich schnippe die Asche weg und inhaliere den blauen Dunst, um ihn aus Mund und Nase auszustoßen. Ich werfe einen kurzen Blick auf mein Handy, doch noch immer habe ich keine Nachricht von Jesus erhalten. 

Wie lange kann es dauern, jemanden anhand eines Fotos aus den Überwachungskameras des Gobernadors ausfindig zu machen? 

Wie es aussieht über zwölf Stunden, was meine Geduld ziemlich strapaziert. Ich muss endlich wissen, wer sie ist. Um mich danach wieder mit ihr zu treffen, oder was will ich damit bezwecken? Bis jetzt habe ich mir nie Gedanken über so etwas gemacht, aber diese Frau ist etwas Besonderes. 

Ein Sirren erklingt und die Türen gleiten geräuschvoll auf, als würde jemand eine Eisenkette über den Boden schleifen. Ich werfe die Zigarette auf den Boden und drücke sie mit der Fußspitze aus, ehe ich auf meinen Vater zugehe. Er sieht etwas mitgenommen aus, aber sonst scheint es ihm gut zu gehen.

„Danke mein Sohn", sagt er, als ich ihn in die Arme schließe. Er klopft mir auf die Schulter, drückt mich kurz an sich, ehe er mich loslässt. Ich nicke ihm zu, denn ich habe keine Ahnung, was ich ihm antworten soll. 

Ich habe nur seinen Anwälten Bescheid gesagt, die haben sich darum gekümmert, nicht ich. Aber ich tue einen Scheiß und stoße ihn mit der Nase noch darauf. Zusammen steigen wir in die Limo und fahren zurück zur Villa.

Die nächste Stunde verbringt jeder für sich. Mein Vater telefoniert mit einigen Geschäftspartnern und ich texte Jesus zu, bombardiere ihn mit Fragen über den Lagebericht in Sachen Vögelchen. Doch er antwortet mir nicht, was mich noch mehr abfuckt und mich auf hundertachtzig bringt. Immer wieder spüre ich den Blick meines Vaters auf mir ruhen, doch ich tue so, als ob mich etwas schwer beschäftigt. 

Als wir endlich unser Zuhause erreicht haben, reißt Catalina bereits die Tür auf und wirft sich Papa in die Arme. 

„Rodrigo!", schluchzt sie und küsst ihn stürmisch. Angewidert wende ich mich ab und gehe schon mal rein, lächle Magdalena – unsere Haushälterin – an und bleibe im Flur stehen. Mit den Händen in den Hosentaschen vergraben warte ich darauf, dass sie sich endlich voneinander lösen. Doch aus dem Augenwinkel sehe ich, dass sie sich immer noch die Zungen in die Hälse stecken. 

„Seniora Davila hat deinen Vater sehr vermisst", höre ich Magdalena hinter mir sagen. Ich drehe mich zu ihr um und runzle die Stirn. Ihr rundliches Gesicht verfinstert sich ein wenig, als sie mir von Catalinas Alpträumen erzählt. 

„Er war gerade mal eine Nacht nicht da und sie flippt aus?", frage ich verständnislos. Magdalena schüttelt den Kopf, schnaubt über meine Aussage und bedenkt mich mit einem tadelnden Blick. Aber anders als bei Papa verspüre ich dabei keine Wut oder Abscheu, sondern merke, dass ich mich daneben benommen habe. 

„Es war für uns alle eine Ausnahmesituation", räume ich ein, was sie freut. Denn sie kneift mir in die Wange und murmelt etwas auf Russisch, dass ich nicht verstehe. Doch ihre Augen funkeln und ihr Lächeln sagt mir, dass es etwas liebevolles war.

Gangs of Sinaloa - Killing LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt