Siebtes Kapitel • Am Fuße der Peitschenden Weide

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In meinem letzten Eintrag beschrieb ich in höchsten Tönen jenes Hochgefühl, die Liebe, die göttliche Liebe zum Tilgen des Abschaums vom Antlitz dieser Erde. Als eine Lestrangetochter ist es in gewisser Weise mein Vermächtnis, mein Erbe, so zu fühlen, mich an dem Leid, dem Wimmern des Abschaums zu ergötzen. Vater und Mutter brachten mir bei, wer es wert ist, zu leben, wer höher und wer nieder ist, bevor ich meine ersten Schritte tat, ehe als ich als junges Mädchen jäh sprach, war Schlammblut schon ein Begriff für mich, mit Hintergrund und einer Bedeutung, für die es sich zu kämpfen lohnt. Doch nun sitze ich hier. Im stillen Herrenhaus meiner Familie, das mir doch länger ein Zuhause war, als ich es sagen kann, verbringe meine letzten Tage und Wochen in den alten Gemäuern, meinem hochgelegenen Zimmer mit dem Blick über Vaters Land. Und wenn ich hier so sitze, in den klaren Sonnenschein blicke, den frohsinnlichen Himmel, wie er sich über mir spannt, so frage ich mich doch, ob Gerechtigkeit Folter bedeutet. Ob ein Tilgen, ein Säubern mein Genuss, meine Kost ist. Denn Scham färbt meine Haut rosig rot, wenn ich mich frage, ob ich Bella doch fremder bin, als ich es mir selbst eingestehe. Tod ist für mich kein Sieg, kein Kämpfen ein Gewinn. Ich weiß, dass ein solcher Gedanke Strafe und Folter des Vaters bedeutet und so will ich vorsichtig sein, in mir weilen, kaum zeigen, dass mein Genuss nicht das Wimmern und Weinen des niederen Volkes ist. Wohl sehe ich Muggel als dieses an, als Abschaum, den Dreck, den sie nun einmal sind. Schlammblüter und ihr schmutziges Blut, dass den steinigen Boden färbt, ist ein Verdienst und reine Gerechtigkeit. Abstammung ist von Bedeutung und anderes in einer Welt wie dieser zu behaupten naiv und töricht. Und doch. Die Gänsehaut, die mich überkommt, wenn ich an die Körper, die toten, dreckigen Muggelkörper denke, gilt nicht dem Tod im Allgemeinen, denn diesen vertrete ich wie auch Bella es tut. Vielmehr geht es um mein Befinden, wenn ich Folter sehe, Blut und wimmernde Körper. Denn wenn Bella lacht, sich an dem Schmerz, dem Flehen nach Verschonung ergötzt, wenn sie mir hinterher berichtet, höre ich von Gliedmaßen, Fleisch und blutleeren Toten, doch was ausbleibt ist der Genuss. Um mich herum lachen und prahlen sie, Bella, Titan, Malfoy, Crabbe und Dolohov, erzählen, wie sie den Dreck, den Schmutz säubern, wie sie foltern, bis das niedere Volk schreit und sie grinsen dabei, manisch und wie in einem unahnbaren Hochgefühl. Doch ich spüre es nicht. Ich spüre keine Kost, wenn ich vom Töten höre, kann nicht wie sie, über Tote lachen. Und ich habe Angst deswegen.

Meredith Lestrange, 07. Juli 1978

7.

Professor Quinn war ein seltsamer Mann. Groß, hager und nervös. Er hätte gut aussehen können fand Hermine, seine hellen Augen waren von einem strahlenden Himmelblau und um die dunklen Locken, verwuschelt und mit hellen Strähnen durchsetzt, hätte ihn so mancher männlicher Leser der landesweit bekannten Hexenwoche sicher beneidet. Doch wenn Professor Quinn eines nicht war, dann attraktiv. Seine Haut war blass und ungepflegt, seine Lippen zu schmal, seine Nase zu groß. Er trug einen übergroßen altmodischen Nadelstreifenanzug, dunkel und fein, der seine ohnehin schon schlaksige Gestalt knochig und dürr wirken ließ, noch betont von dem Schlackern des viel zu weiten, schweren Stoffes um die langen hageren Arme und Beine des jungen Mannes. Große, hamsterähnliche Schneidezähne, die Hermine verstörend an Peter Pettigrew erinnerten, verliehen ihm etwas Rattenhaftes, animalisch und ängstlich zugleich, was durch das nervöse Tippeln der Fingerspitzen auf das dunkle Holz des Lehrerpultes und das unsichere Umherhuschen seiner kleinen Augen nur unterstrichen wurde.

Hektisch glitt sein eiliger Blick über die vollgesetzten Schulbänke hinweg, mal hier hin, mal dort hin, hinüber zu einem angeregten Gespräch zweier Gryffindors und dann zur anderen Seite des Klassenzimmers zu einer Gruppe Slytherins, die leise tuschelten und murmelten, bis seine Augen zögernd an Hermines eigenem Blick hängen blieb. Peinlich berührt, weil sie ihn so offensichtlich angestarrt hatte, wandte sie sich dem bereits aufgeschlagenen Buch auf ihrem Tisch zu, doch der Professor hatte bereits seine lederne Aktentasche auf das Pult gehievt und blätterte eifrig in seinen Unterlagen.

D e i n  S c h a t t e n  i n  m i r               • Dramione-Fanfiction •Where stories live. Discover now