Siebenundzwanzigstes Kapitel • Freundschaft und andere Dankbarkeiten

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Ich fühle mich manisch. Wie im Rausch, als wäre es eine Droge, für Gerechtigkeit einzustehen. Ein Hochgefühl, ein goldenes, laut lachendes Hochgefühl, das mich erfüllt, wenn ich sie schreien höre, weinen, wimmern und zetern. Es ist drei Uhr nachts, doch ich kann nicht schlafen. Vor meinen Augen flimmern noch immer diese Bilder, diese wundersamen Bilder, des niederen Volkes, der dreckigen Muggel, wie sie zu meinen und Bellas Füßen liegen, flehen, sie, ihre Kinder und Kindeskinder am Leben zu lassen. Noch immer sehe ich diese Szenen vor mir. Bella, wie sie sich am Bitten und Betteln des niederen Volkes ergötzt, Titans erfüllte Blicke, wenn er durch die leblosen Körper des Drecks schreitet, genießerisch und mit geschlossenen Augen. So standen wir dort, im schottischen Edinburgh, manisch und kostend vom Rausch der Gerechtigkeit.

Meredith Castor, 27. August 1980

27.

Als Hermine am nächsten Morgen, einem sonnigen Frühlingsmorgen Anfang Mai, die Augen öffnete, ihre Steppdecke zurückschlug und sich müde und leise gähnend die schweren Lider rieb, fühlte ihr Schädel sich an, als wäre das kristallklare Wasser im Glas auf ihrem Nachtisch von gestern Abend nicht Wasser, sondern brennendscharfer Feuerwhiskey gewesen. Sie spürte es hinter ihrer Stirn pochen, heftig und donnernd, und mit schmerzverzerrtem Gesicht massierte sie mit beiden Händen ihre Schläfen und stöhnte leise als sie sich aufrichtete, langsam und doch zu schnell für das dumpfe Gefühl der sauren Übelkeit, das in ihrer trockenen Kehle brannte.

„Harte Nacht gehabt?" waren die ersten Worte, die Ginny ihr entgegenbrachte und Hermine strafte ihre beste Freundin mit einem missmutigen Blick. „Ist das so offensichtlich?", murrte die Slytherin und besah die Gryffindor missbilligend, die sich ein Milchbrötchen von der langen Tafel der Slytherins klaubte und sich dann an die karge Steinwand der großen Halle sinken ließ, darauf wartend, dass Hermine ihre letzten Bissen Scone mit Clotted Cream hinunterschlang und sie sich gemeinsam in Richtung Unterricht aufmachen konnten. „Nö", erklärte die Gryffindor auf Hermines mehr als minder rhetorische Frage hin und fügte dann mit einem kecken Unterton in der gutgelaunten Stimme hinzu: „Ich kenn dich nur zu gut, Hermine. Ist schließlich mein Job als beste Freundin dir alles anzusehen. Auch, wenn das so gar nicht in deinem Sinne ist." Ginny grinste verschmitzt und Hermine rang sich ein müdes Lächeln ab: Das war wohl Ginnys Weise Hermine zu sagen, dass die überschminkten Augenringe und das am Morgen durchwühlte, nun jedoch in einem ordentlichen Pferdeschwanz gefassten Haare, ihr Übriges taten und sie nicht ganz so miesepetrich aussah, wie sie sich fühlte.

„Aber ja..." murmelte Hermine leise, nachdem sie von dem Scone abgebissen und zu Ende gekaut hatte. „Ziemlich harte Nacht, um genau zu sein. Hab die ganze Zeit wachgelegen und mich hin und her gewälzt. Keine Ahnung, was los war." Letztere Worte waren wie automatisch über ihre Lippen gegangen und Hermine musste ihre Freundin nicht einmal ansehen, um genau zu wissen, dass diese ihre Lüge bereits enttarnt hatte. „Ach ja?" Ginny blickte ihre Freundin aufmüpfig an und hob amüsiert eine Augenbraue. „Dann hat deine ach so harte Nacht ganz bestimmt rein gar nichts damit zu tun gehabt, dass Draco Malfoy wieder zurück auf Hogwarts ist?" Hermine warf ihrer Freundin einen vernichtenden Blick zu, den diese jedoch nur mit einem kecken Grinsen erwiderte. „Ach was...", murmelte Hermine nur minder als mehr überzeugend in den mit weicher Creme bestrichenen Brötchenteig. „Der interessiert mich nicht die Bohne. Soll er doch zurückkommen oder auch nicht. Mir egal." Sie rümpfte die Nase und senkte ihren Blick, penibel darauf bedacht, nicht Ginnys deutender Geste in Richtung des anderen Tischendes zu folgen, an dem Draco, flankiert von Theodore Nott und Blaise Zabini, sein Frühstück einnahm. „Ja, ganz klar", erwiderte Ginny ironisch und beugte sich vor, um das weiche Milchbrötchen in ihrer Hand in Hermines bauchiger Kaffeetasse zu versenken. „Ehrlich nicht", beharrte die Slytherin. „Wirklich, er – Ginny, das ist widerlich! Mein armer Kaffee!" Abermals rümpfte sie die Nase, diesmal mit einem angewiderten Ausdruck im Gesicht. Unschuldig blickend wie ein Kleinkind zog ihre Freundin das vor Kaffee triefende Stück Brötchen aus der Tasse und steckte es sich in den Mund. „Dein armer Kaffee? Der war schon ruiniert, als du gerade vier, ich betone vier, Stücke Zucker darin versenkt hast. Das ist widerlich!", erklärte Ginny mit vollem Mund und lehnte sich dann zurück an die Saalwand. „Also: Draco Malfoy interessiert dich nicht die Bohne?" Wieder sah Hermine Ginnys belustigte Augenbraue in Richtung ihres Haaransatzes wandern und sie seufzte leise, hatte sie doch gehofft Ginny würde es dabei belassen und weiter über Kaffeezusätze philosophieren. Schnell schüttelte sie den Kopf und widmete sich dem letzten Bissen ihres Scones.

D e i n  S c h a t t e n  i n  m i r               • Dramione-Fanfiction •Место, где живут истории. Откройте их для себя