Schnell kniete ich mich wieder auf den Boden und wischte mit den Fingern über das erdige Gestein. Vereinzelt wuchsen kleine Grashalme zwischen dem unebenen Untergrund hervor, doch ansonsten hielt sich dieser ziemlich kahl und dabei wuchsen nur wenige Meter weiter hinter dem Zaun viele Sträucher und Bäume. Vielleicht hatte Energy-Lodge dafür gesorgt, dass alles hier so unbewachsen war, aber vielleicht hatte das auch einen anderen Grund.

„Ich glaube nicht mehr an Zufälle", raunte ich und sah den Hellhaarigen ernst an. „Lass uns wieder runtergehen."
Nickend folgte er mir zurück zu dem Loch aus dem wir gekommen waren und durch dessen Tunnel wir uns wieder zurück in den Keller drängten. Wie konnte ich denn auch noch an Zufälle glauben, nach all dem was passiert war? Ich lernte aus dem nichts Taehyung kennen und dann stellte sich heraus, dass wir diese Solnoctem-Bindung hatten. Außerdem erfahre ich kurze Zeit später, dass meine Mutter ein Mondkind war und mein Vater schuld an diesem ganzen Schlamassel hatte. Wie sollte ich jetzt also noch an Zufälle glauben?!

Keuchend kamen wir wieder in dem Keller an. Von hier aus konnte man die  steinernen Ränge hinunterschauen und ich blickte somit direkt auf die Säulen, die sich mittig, weiter unten in dem Boden eingelassen, befanden. Skeptisch folgte mein Blick dem Verlauf der Säulen. Bis auf die Mittlere von ihnen, ragten die anderen hoch hinauf, bis hin zur Decke dieser Höhle und stützten sie. Doch plötzlich fiel mir auf, dass das nicht der  Ort war, wo die Säulen endeten. Sie schienen sich unter der Decke weiter  entlang zu strecken, bis hin zu den obersten Rängen. Fast so als seinen sie eine Art Gerüst, welches einst edel und anmutig ausgesehen hatte. Doch durch die steinige Höhlendecke konnte man fast nichts mehr davon erkennen, nur wenn man sich speziell drauf konzentrierte fiel einem dies auf.

„Jetzt verstehe ich es...", staunte ich realisierend, woraufhin Taehyung mich fragend ansah.
„Siehst du dieses Säulengerüst über uns?", fragte ich und zeigte mit meinem Finger in Richtung Decke. Schnell folgte Tae mit seinem Blick und nickte kurze Zeit später.
„Ich glaube, das hier war nicht immer eine Höhle", äußerte ich meine  Vermutung laut und sah den Hellhaarigen erwartungsvoll an. Doch dieser schien meinem Gedankengang nicht ganz folgen zu können und legte die Stirn in Falten.
„Wie meinst du das?"

„Hast du den großen Berg draußen gesehen? Mein Vater hat doch von den  Naturkatastrophen erzählt, die vor Jahren alles zerstört haben", ich sah den Hellhaarigen mir folgend nicken, „und darunter waren auch viele Erdbeben. Was ist, wenn auch hier in Omelas solch ein Erdbeben war? Die Spitze des Berges sah so aus, als sei sie irgendwann mal aufgerissen worden. Vielleicht ist von ihr aus eine Art Lawine heruntergerollt und  hat all das hier unter sich begraben und dank des Säulengerüsts wurde damals nicht alles direkt verschüttet."

Staunend funkelten auch Taehyungs helle Augen, während er sich in der großen Höhle nochmal genauer umsah.
„Und das würde heißen, dass dieser Sonnenstrahl dort oben eigentlich...",  verblüfft hielt der Hellhaarige einen Moment inne und ließ seinen Blick auf die Mitte der Höhle wandern, wo die Säulen hinauf ragten und zwischen sich die immer kleiner werdende Mondenergie beherbergten.
„Eigentlich direkt darauf scheinen müsste", beendete ich seinen Satz und nickte ihm zustimmend zu.

„Auf die kleine Säule dort in der Mitte", flüsterte Tae und hielt sich überrascht eine Hand vor den Mund. Überwältigt von dieser plötzlichen Eingebung krallte ich die Finger in meine Haare und versuchte meine Gedanken zu ordnen. Doch das Gefühl, dass wir gerade etwas wirklich wichtiges herausgefunden hatten, ließ mich nicht mehr los. Ich wusste zwar nicht, ob das irgendetwas mit dem Tor zu tun hatte, aber eine solche Spur konnten wir doch nicht einfach fallen lassen.
„Tae, all das ergibt Sinn!", raunte ich. „Die Sonne an der Tür dort drüben, der Sonnenstrahl, diese Säulen... das gehört alles zusammen."

„Ja, ich glaube du hast recht...", hauchte Tae beinahe fassungslos und  fing an die Ränge hinabzulaufen, „und je mehr sich die Mondenergie zurückzieht, desto genauer kann man erkennen, was sich unter ihr verbirgt."
Nickend folgte ich dem Hellhaarigen herunter zu den Säulen, wo dieser stehen blieb und seine Hand über das glatte Material von einer eben dieser gleiten ließ.
„Es sieht wirklich aus wie ein Becken, Jungkook", murmelte er fasziniert, „wie ein Taufbecken."

Moonchild {VKOOK}Where stories live. Discover now