Corvo

Part 5

Mittlerweile sitze ich mit Raphael im Auto, denn es ist Montag und in genau eineinhalb Stunden beginnt mein Unterricht. Doch es gibt ein Problem. Wir sind gerade erst auf die A9 raufgefahren und laut Navi in Rafs Maserati brauchen wir noch genau eineinhalbstunden.

"Babe, beruhig dich. Du kommst pünktlich." Leicht gereizt gab ich jedoch "Hättest du nicht noch darauf bestanden, eine Abschiedsnummer zu schieben, hätten wir dieses Problem gar nicht, also jetzt drück aufs Gas. Ich will nämlich nicht sieben Treppen hoch rennen bis in die dritte Etage zu Bautechnik. Und meine Lehrerin schließt Punkt acht die Tür und dann komm ich nicht mehr in den Unterricht." Zurück. Doch das Einzige worauf er sich bezieht ist:

"Die Nummer war aber scheiße gut." Und ihr wollt jetzt wissen, was ich darauf erwidere? Ein Augenrollen und ein schnaufen, dieser Schwanz gesteuerte Idiot.

Als Versöhnungsgeste macht er Rap an und legt seine Hand auf meinen Oberschenkel, doch weil ich ihm nicht lange böse sein kann, lege ich meine Hand in seine.

Kurz nach einer Stunde fahrt rufe ich Richard an und frage, ob er was von MC Donalds will und er will Pommes und noch mehr Pommes. Bei seiner Antwort muss ich schmunzeln.

Nachdem wir bei MC Donalds frühstück geholt haben, setzten wir unseren Weg weiter fort.

Punkt 07:45 Uhr parkt Raphael sein Auto auf dem Schulparkplatz.

"Babe, viel spaß in der Schule. Ich hole dich nachher wieder ab." Erstaunt schaue ich ihm in die Augen "Ich, dachte du musst wieder nach Berlin oder Hamburg.

Ihr wollt doch am Album arbeiten." Er dreht sich zu mir.

"Ja eigentlich schon, aber wir haben es auf nächste Woche verschoben, das kam Tim und David auch recht und somit bin ich die ganze Woche nur für dich da. Und am Freitag fahren wir wieder nach Berlin oder Hamburg."

"Okay, wenn es den beiden auch besser passte. Ich will aber nicht, dass du es nur wegen mir machst. Es ist dein Job und der hat Priorität."

Er nickt. Ich greife nach hinten, um an meine Schultasche zukommen, da die Jungs gesagt haben, ich soll vorsichtshalber die Sachen für Montag mitnehmen, habe ich alles, was ich brauche. Doch da in meiner Tasche, wo meine Klamotten drinnen waren, Saft ausgelaufen ist und wir es erst Sonntagabend gemerkt haben, habe ich keine Klamotten.

Nur eine Leggins, Socken, BH und ein Slip haben das Saftattentat überlebt, deswegen trage ich ein weißes Corbo T-Shirt und eine Corbo- Trainingsjacke. Also die Jacke werde ich aus Versehen vergessen, denn die soll ich tragen, damit mir keiner auf meinen Arsch gucken kann, doch sein Shirt geht mir eh bis zu den Knien. Manchmal ist er sehr beschützerisch und das nervt.

Doch innerlich danke ich diesem Saft, denn jetzt habe ich ein weiteres Shirt, was nach ihm schnüffelt. Ich liebe seinen Geruch, das kann man nie genug erwähnen.

"Ich glaube, ich habe alles. Nur eine Sache fehlt ..." Mit diesen Worten lehne ich mich vor und küsse ihn. Es ist ein harmloser Kuss, doch seine rauen, vollen Lippen verzaubern einen.

Wir verabschieden uns knapp und ich steige aus. Der Parkplatz ist voller Lehrlinge, die das Auto von Raphael bestaunen. Ich höre auch seinen Künstlernamen und das sie sich fragen, ober er es ist und die Feststellung, dass ich das gleiche Mädchen bin, die von den 187nern abgeholt wurde, am Freitag. Mit schnellen Schritten bewege ich mich auf den Eingang zu, wo schon Richard auf mich wartet. Bis ich eine mir nur allzu bekannte und verliebte Stimme "Amore, du hast, was vergessen." Rufen höre. Auf der Stelle mache ich kehrt. Alle, die auf diesem beschissenen Parkplatz stehen, beobachten die Szene, doch keiner sagt etwas. Raphael steigt aus dem Auto und sieht einfach himmlisch aus.

Bei ihm angekommen, drückt er mit einem strengen Blick seine Trainingsjacke in die Hand, die ich augenverdrehend um meine Hüfte binde, danach gibt er mir noch meine Brille, die ich auch augenverdrehend aufsetze, ich hasse dieses Teil und danach drückt er mir einen Kuss auf die Stirn, doch bei dieser Geste muss ich lächeln, obwohl sie besitzergreifend gemeint ist. Seine Hände ruhen auf meiner Hüfte "Amore, wir haben doch darüber gesprochen." Er sagt es mit nach druck, sodass ich weiß: Widersprechen lohnt nicht, es ist entschiedene Sache. Ich nicke. Und liebevoll setzt er hinterher "Ich, hol dich nachher wieder ab. Schreib mir noch mal, wann ich hier sein muss." Wieder nicke ich, er steigt in sein Wagen, ohne die Meute zu beachten, fährt er los und ich laufe mit einem Lächeln auf Richard zu. In meiner Hand halte ich eine Tüte, mit sieben Packungen MC Donad's Pommes, er wollte ja viele.

"Guten Morgen." Flöte ich in die kleine Runde, die aus Richard, Nils, Erik, Finn, Leon und Ali bestehen, alle gehen in meine Klasse. Richard schließt mich sofort in eine Umarmung und ich drücke ihm die Pommes in die Hand, woraufhin er strahlt und sich bedankt.

"Wir haben Mathe Ausfall." Haut Leon genervt raus. "Wie jetzt?" Frage ich nach "Ja, hat Tilo gerade gesagt und ist direkt wieder nach Hause, weil ja auch Kunst ausfällt.", berichtet Nils etwas sauer. "Okay, also haben wir nur von der Fünften zur achten Unterricht?" Fasse ich die Situation zusammen. Und erhalte zustimmende Brummlaute. Sofort zücke ich mein Handy.

"Amore, was ist passiert?" Meldet sich Raphaels, stimme voller sorge. "Corvo, alles gut. Wir haben die ersten vier Stunden Ausfall ... "Weiter kam ich gar nicht, denn er unterbrach mich sofort "ich hol dich ab." Und schon war die Leitung tot, mit einem Lächeln stecke ich mein Handy wieder in meinen Rucksack.

"Was machen wir jetzt, wenn wir erst 11:45 Uhr wieder Unterricht haben?" Fragt Leon. "Nach Hause lohnt nicht. Lass in die Innenstadt fahren und dort ..." Ich unterbrach Nils seinen Vorschlag "Sorry Jungs, ich muss los, mein Freund holt mich ab.", ich umarme Richard und dieses Mal auch die anderen und flitze zu Raphaels Maserati, der gerade auf den Schulparkplatz fährt.