Teil 27- Yuccas

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Fassungslos schaute ich sie an und stolperte zwei Schritte von ihr weg. „Was?" Stammelnd versuchte ich meine Gedanken zu ordnen, ich musste mich verhört haben. „Ich liebe dich Mira." Wiederholte sie noch einmal. In meinem Kopf piepte es, ein Geräusch das jeden Versuch mich zu ordnen in Grund und Boden stampfte. Wieder setzte ich zwei Schritte zurück, meine Beine hielten mich nicht mehr, ich knickte weg und landete an dem Felsen hinter mir. „Stimmt etwas nicht?" Verunsichert rieb sie ihre Hände aneinander. „Verstehst du was ich sage?" Meine Worte waren selbst für mich kaum hörbar, Eloise beugte sich zu mir. „Mira, was ist los?" Ich räusperte mich, stand wieder komplett gerade, riss mich zusammen. „Eloise, verstehst du was ich sage?" Wiederholte ich meine Frage auf Ralajanisch. Ihre Augen funkelten, etwas rührte sich in ihr, doch sie schüttelte nur sanft den Kopf. „Würdest du bitte eine mir geläufige Sprache benutzen?" Sie verstand mich nicht, aber ich hatte mich nicht getäuscht. „Ich liebe dich." Wiederholte ich noch einmal meine Worte auf Ralajanisch. Ein Lächeln bildete sich auf ihrem Gesicht, „Und ich liebe dich!", sie biss sich auf ihre Unterlippe. Ihre Stimme war Kristallklar, vollkommen rein und ohne jeglichen Akzent. Sie wiederholte meine Worte nicht, nein, sie kamen aus ihr, unbewusst. Es schien ihr nicht aufzufallen, dass sie die Sprache gewechselt hatte. Wir unterhielten uns immer auf Deutsch, nie hatten wir ins Französische gewechselt, schon gar nicht ins Ralajanische. Mein Herz schlug schmerzhaft gegen meine Brust, mir wurde schlecht. Ihre Stimme, ihr klang war so fremd und doch so vertraut. Noch immer war in ihrem fragenden Blick ein Funken, etwas was tief in ihr war, wahrscheinlich spürte sie es noch nicht mal. „Langsam machst du mir Angst." Eloise hielt mir ihre Hand hin und ich ergriff diese zögernd. „Wollen wir noch hier bleiben?" Ihr schien es hier zu gefallen, den sie setzte sich demonstrativ auf einen der Felsen und schaute zum Meer hinaus. Langsam ließ ich mich auf den Boden neben ihr nieder und lehnte meine Rücken an den Felsen. Zu viele Gedanken schwirrten in meinem Kopf, zu viele Szenarien, zu viel von allem. Ich schloss meine Augen, um alles auszublenden, nur das Rauschen des Meeres hörte ich noch, nicht laut, eher wie ein Flüstern in weiter Ferne. Eloise fing an zu erzählen um die Stille, die für sie anscheinenden unangenehm war, zu durchstoßen. Sie erzählte mir die Geschichte, die ihr Vater ihr als Kind erzählt hatte, von Schatzsuchern, Tiefseemonstern, verlorenen Städten und der Suche nach Atlantis. Zuerst verstand ich nicht wieso sie es tat, doch ich hatte das Gefühl sie wollte etwas tun, etwas Normales, dass ihr seit jeher bekannt war. Einen Anker setzten in dieser komischen Situation. Es war, als hörte ich die Geschichte von jemanden, der dabei gewesen war, nicht von einer Frau, die erst vor wenigen Stunden angefangen hat zu begreifen, das es mehr gab als das, was der Mensch sieht. „Hab ich dich etwa zum Einschlafen gebracht?" Ich reagierte nicht auf ihre Worte, zu sehr war ich in meiner eigenen kleinen Welt gefangen. Eloise schwieg nun, ihr Atme ging schwer und ich spürte ihre Haarspitzen die an meiner Wange kitzelten. Als ich die Augen öffnete, war sie über mich gebeugt, ihr Gesicht nur noch wenige Zentimeter von meinen entfernt. Und als ich so in ihre Augen sah, wusste ich das ich es nicht verhindern konnte, es nicht mehr aufhalten. Dort tobte ein Kampf, etwas in ihr wollte an die Oberfläche, aber konnte es nicht. Neben Glück sah ich Leid und Schmerz in ihren Augen, umschlossen von einer Sehnsucht. Ich konnte es nicht zurückhalten, das Geräusch nicht unterdrücken, es war tief in meiner Brust und bannte sich seinen Weg nach oben und verließ meine Kehle. Ein Wimmern, fast schon ein Schluchzen, dass Eloise ruckartig zurück auf ihren Platz gleiten ließ. Stur guckte sie nun zum Meer. „Wir sollten wieder zurück." Und mit diesen Worten verließen wir die kleine Bucht, Eloise auf meinem Rücken. Schnell und ohne Probleme hatte ich die Felswand wieder nach oben erklommen und auch den Wald durchquerte ich in einem ruinierten, schnellen Tempo. Die Spannung und Furcht waren aus Eloise gewichen, wenngleich sie sich immer noch an mich Klammerte, als könnte sie jede Sekunde herunterfallen. Schweigend steig sie auf mein Motorrad und doch schenkte sie mir ein kleines Lächeln, bevor sie den Helm wieder anzog und das dunkle Visier herunterklappte.

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