Teil 12- Hortensie

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Der Wind peitsche ihr ins Gesicht, als sie auf ihrem Pferd durch den einsamen Wald ritt. Immer schneller trieb sie es an, flog förmlich über die aufgestellten Hindernisse.
Wieder warf sie ihren Kopf nach hinten, vergewisserte sich, dass ihr keiner folgte. Sie würde diesmal gewinnen, ein Schmunzeln umspielte ihre Lippen, als sie noch einmal ihre Stute kräftig antrieb. Sie hatte schon so lange trainiert wie die Männer. Hatte sich die Haare geschoren, trug seit Jahren keine Kleider mehr, bevorzugte die Kleidung ihrer Brüder.
Nur noch wenige Meter, sie konnte das Zelt fast schon sehen, nur noch wenige Meter, dann würde sie die zwei schlagen.
Sie war kein schwaches Mädchen mehr, sie war jetzt eine Kriegerin! Morgen würde sie mit ihnen ziehen in die Schlacht.
Doch sie war sich zu sicher, achtetet nicht auf den Kampfschrei, der laut durch die Baumkrone schoss. Wie Blitze kamen sie auf sie zu, kreisten sie ein. Sie lehnte sich vor, wollte noch schneller werden, klammerte sich an die Zügel, aus Angst heruntergerissen zu werden. Er lachte laut auf und überholte sie. Seine schwarzen Zöpfe wehten wie Schlangen im Wind und auch von ihrer linken wurde sie Überholt.
Die Frau drehte sich zu ihr um und formte einen Kuss mit ihren Lippen und setzte an, auch ihn zu überholen. Sie musste sich geschlagen geben, die zwei hatten sie wieder übertrumpft. Als sie ins Ziel kam, standen sie lachen nebeneinander und winkten ihr zu.
„Ich war schneller Mira, akzeptiere das."
Empört schnaufte die junge Frau nach Luft.
„Ah sei still Villads! Ich habe dich geschlagen und das werde ich Vater auch genau so erzählen"
Sie streckte ihm die Zunge raus und half ihr vom Pferd. Zu dritt versorgten sie die müden Pferde mit Wasser und Nahrung und setzten sich in das hohe Gras. Sie schaute zu, wie die Frau ihre Zöpfe löste und lange braune Haare sich bis zu ihren Hüften wellten.
„Mira, ich hätte so gern deine Haare." Langsam fuhr sie durch einzelne Strähnen.
„Was redest du da Iruna? Du hast als einzige von unserem Stamm heller Haare, sei stolz drauf." Lachend verwuschelte sie ihr die kurzen blonden Haare.
Der Mann stand auf, wollte jetzt etwas essen. Die beiden blieben alleine zurück.
„Mira" Setzte sie an, doch sie wurde nach unten gezogen.
Heiße Lippen treffen auf ihre, wie sehr hatte sie dieses Gefühl vermisst. Sie presste ihre Stirn auf ihre.
„Iruna, ich liebe dich!" Tränen trafen auf ihre Wange, kalt und salzig fanden sie ihren Weg an ihre Lippen. Sie küsste sie weg, immer wieder wiederholte sie es.
„Ich liebe dich." Sie bedeckte ihren ganzen Körper mit Küssen.
„Ich liebe dich auch Mira!" Stieß sie zwischen den Küssen hervor.

Schweißgebadete wachte ich auf.
Dieser Traum, meine Brust schnürte sich zu. Keuchend lief ich ins Badezimmer und übergab mich. Immer wieder hatte ich ihn damals geträumt, meinen größten Alptraum, mein schmerzvollstes Leid.
Wie ein Zuschauer sah ich die letzten vollkommen glücklichen Momenten in meinem endlosen Leben. Das überglückliche Gesicht von Iruna. Sie wusste, dass sie in wenigen Stunden sterben würde, das ich sie umbringen würde. Wieder musste ich brechen bei den Gedanken, dass sie meinetwegen geopfert wurde.
„Fuck!" Mein Kopf fand halt an den kalten Fliesen der Wand. So blieb ich sitzen bis die Zimmertür aufgeschoben wurde. Ich raffte mich wieder keuchend hoch und wusch mir das Gesicht, spülte mir umständlich den Mund aus, bevor ich mir anfing die Zähne zu putzen.
Ich hörte Schritte im Flur, ein Drehen am Türknauf, dann ein Klopfen an der Tür.
„Mira, sind Sie da drin?" Eloise klopfte noch einmal als von mir keine Reaktion kam.
Vorsichtig steckte sie den Kopf rein. „Geh es Ihnen gut?" Ihr Gesicht wurde schlagartig rot, sie lehnte sich an die Wand. Besorgt musterte sie mich.
„Sicher alles gut!" Ich zwang ein Lächeln auf mein Gesicht.
Sie wirkte nicht überzeugt, fragte aber nicht weiter nach.
„Nun ähm, ich weiß nicht wie ich anfangen soll. Aber hab ich, nun ja hab ich Sie heute Nacht geweckt?" Stotterte sie unbeholfen.
Ich wusste nicht, ob ich ihr die Wahrheit sagen sollte. Wenn ich tat, dann müssten wir wahrscheinlich reden und ihr war das ganze anscheinend unangenehm. Mir ging es nicht anders.
„Nein, nein sie haben mich nicht geweckt." Log ich. „Sie waren laufen?" Versuchte ich das Thema zu wechseln. Sie nickte nur und starte mich immer noch an.
„Dann geh ich eben runter frühstücken, Sie können sich ja so lange fertig machen."

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