12. Jamie

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Heute waren die Nooris bei uns zu Besuch. Mein Dad und meine Mom hatten sie zum Grillen zu uns eingeladen. Hektisch deckte meine Mutter den Tisch und dekorierte ihn mit Tulpen, die bei uns im Vorgarten blühten. Mein Vater hatte eine alte Biergarnitur nach draußen gestellt, da sich das späte Sommerwetter perfekt dafür anbot. Ich hatte mir eine helle Jeans angezogen und trug dazu ein lockeres weißes Shirt, welches ich mit einer Silberkette, die ich damals von meiner Granny bekommen hatte, kombinierte. Es war halb sieben als es an der Tür klingelte und Mr. Nooris mit seiner Tochter in der Türe stand. 

„Kommt rein", begrüßte sie meine Mutter herzlich und gab beiden die Hand. 

„Hey, ich bin Alice", strahlte mich das Mädchen mit den dunkelbraunen Haaren und den leuchtend blauen Augen an. Sie war sehr hübsch, trug dezentes Make-up und ein weißes Sommerkleid mit beigen Ballerinas. Ich kam mir dagegen ziemlich langweilig vor und betrachtete kritisch meinen eigenen Style. Ich war ein klein wenig neidisch auf ihr so feines Gesicht, welches vor allen Dingen durch ihre rot geschminkten Lippen sehr außergewöhnlich wirkte. 

„Jamie", piepste ich und lächelte ihr verlegen entgegen. 

Auch meine Schwester stellte sich ihr vor und vertiefte sich mit ihr in ein Gespräch. Sie mussten aufs gleiche College gehen und waren auch im selben Alter. Toll, nie war ein Mädchen in meinem Alter, mit der ich mich hätte anfreunden können, meine Nachbarin. Ich beschloss, mich nach dem Grillen mit Holly, meiner besten Freundin in der Stadt zu verabreden und schickte ihr eine SMS. 

"Später treffen in der Stadt. Mädels Abend?"

Als Antwort kam zurück "Geht klar, du musst mir ja von deinem neuen Mitarbeiter berichten ;-) Also, schreib mir, wenn du losfährst." 

Ich musste schmunzeln, sie wollte mit mir über Luke reden. Ein Glück, dass wir beide es nicht allzu weit in die Stadt hatten. Ich würde also gleich mit dem Auto fahren und endlich meine beste Freundin wiedersehen. Die Vorfreude ließ mir ein warmes Kribbeln in meiner Magengegend zurück.

Ich setzte mich gegenüber von Alice, die neben meiner Schwester saß und immer noch vertieft über die neuen Kurse auf dem College redeten. Neben ihr auf der anderen Seite machte es sich Chris auf einem unserer Stühle bequem. Er unterhielt sich mit meinem Dad über verschiedene Grillmethoden und sie verfielen zwischendurch in ein amüsiertes Gelächter. 

„Wo ist eigentlich dein Sohn? Wollte er nicht mitkommen?", fragte meine Mutter schließlich und unterbrach die Beiden bei ihrer Unterhaltung. Danke Mom, manchmal könnte ich dir einfach nur um den Hals fallen. Ich hatte mich nämlich schon die ganze Zeit gefragt, wo Alex wohl steckte. Natürlich wollte ich nicht nachfragen, es sollte nicht so rüberkommen, als würde ich mich für ihn interessieren. Naja ein bisschen tat ich das vielleicht, aber nur aus reinster Neugier. Ich hatte mir zwar gestern noch die ganze Nacht den Kopf darüber zerbrochen, wo er vermutlich war und wer dieser geheimnisvolle Mann wohl gewesen sein mochte, aber ich war einfach auf keinen sinnvollen Gedanken gekommen. Und auch heute hatte ich Alex noch kein Mal gesehen, sein Zimmer lag genauso unberührt da, wie gestern auch. Auch sein dunkler Audi hatte die ganze Zeit brav vor dem Haus auf ihn gewartet. Ich hatte extra meine gute Wimperntusche aufgetragen, die meine Wimpern immer so lang und dicht tuschte, falls er doch mitkommen würde. War ich eigentlich dumm!? Ich regte mich über diesen Typen auf und jetzt überlegte ich plötzlich, welche Wimperntusche ich für ihn auftragen würde!? Lächerlich! Genervt schüttelte ich den Gedanken an Alex beiseite, hörte aber trotzdem angespannt seinem Vater zu, der meiner Mutter antwortete.

„Alex ist gestern Abend mit einem Freund verschwunden, feiern", er verdrehte die Augen „Anscheinend haben sie wieder die Nacht durchgemacht und sind gerade erst aufgestanden. Alex erscheint nicht immer ganz pünktlich, wenn ich eine Zeit mit ihm vereinbare."

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