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Der Marktplatz ist fast wie leer gefegt. Die Stände sind abgebaut. Nur Reste von Essen und einzelne Menschen sind verteilt. Ich sehe mich um. Dann tippe ich Tae an und nicke zu einem höheren Gebäude. „Dort oben können wir den ganzen Marktplatz im Auge behalten und sind etwas sichtgeschützt." erkläre ich ihm. Er sieht sich nochmal um und nickt dann. Wir klettern über angewachsenen Efeu auf das Dach und warten.

„Glaubst du, dass er auftauchen wird?" flüstere ich ihm nach ungefähr einer halben Stunde zu. „Sht, da kommt jemand." warnt er mich und drückt mich nach unten, hinter die kleine Wand. Er bleibt ebenfalls in Deckung und sieht vorsichtig hoch. „Ich glaube das ist er." flüstert er mir zu. Mein Herz klopft so schnell wie am Tag wo ich ihn das letzte Mal sah. Mein Magen kribbelt vor Aufregung. Oder ich vertrage das Gericht von vorhin nicht so gut. Ich sehe über die kleine Mauer und halte gespannt die Luft an.

Als ich einen Bambushut tragenden jungen Mann dort stehen sehe, spanne ich mich mehr an. Er ist alleine. Aber meinte der Mann vorhin nicht, dass es ein Territoriums-Streit ist? Wohl kaum würde er allein gegen eine andere Gruppe ankämpfen.

Der Unbekannte steht nicht lange alleine da. Denn von der anderen Seite kommt eine kleine Gruppe auf ihn zu und stellt sich vor ihm auf. Wäre ich nicht all die Jahre lang mit einem Monster aka meinem Dad aufgewachsen, wäre ich wohl verängstigt weggelaufen. Aber ich atme einmal tief durch und beobachte das Geschehen.

Trotz, dass sie ein Stück von uns entfernt sind, versteht man was sie reden. „Ich habe es dir letztes Mal gesagt, Jiyoung. Wenn du nochmal mein Territorium betrittst, wirst du es nicht lebend verlassen." Als ich die Stimme des Mannes mit dem Hut höre, bekomme ich eine Gänsehaut. Seine Kälte in der Stimme fährt einem durch Mark und Bein. „Wenn das nicht dein Bruder ist, weiß ich auch nicht." flüstert Tae kopfschüttelnd. Ich sehe ihn schief an. „Hast du dich mal reden gehört, wenn du verärgert bist?! Alter Scheiß, da macht sich jeder in die Hose." zischt er vorwurfsvoll.

„Ach was? Du allein gegen uns? Du überschätzt deine Fähigkeiten, AugustD." verspottet ihn Jiyoung gehässig. „Vielleicht überschätzt du ja auch deine?" Man kann förmlich das verhöhnende Grinsen aus seiner Stimme hören. „Macht ihn fertig. Bringt ihn mir tot." meint Jiyoung zu seinen Begleitern. Das Einzige was ich sehe ist wie der Fremde eine Pistole zieht und schießt. Der Knall hallt noch lange in meinen Ohren.

Jiyoung taumelt nach hinten und fällt dann tot um. Seine Anhänger scheinen panisch zu werden. „Ich gebe euch zwei Möglichkeiten. Erstens ihr schließt euch mir an und bekommt, wenn ihr mir folgt eure Freiheit oder zweitens, ihr folgt eurem alten Anführer mit in die Hölle." droht er ihnen. „Du bist ja völlig verrückt! Den König töten! Natürlich ha! Das ich nicht lache! Eher sterbe ich durch eine Kugel, als den Zorn des Königs auf mir zu haben."

Ein weiterer Schuss fällt. Offenbar hat er den Rebell erschossen. „Also, wie sieht es aus?" fragt er. „Wir folgen dir!" rufen die Übriggebliebenen einstimmig und verbeugen sich.

Ich setze mich wieder hin und versuche meine Gedanken zu sortieren. Das ist also mein Bruder? So ist er geworden nachdem unser Vater ihn fast umgebracht hätte? Ich lehne mich an die kalte Wand zurück und verdaue, was ich gesehen habe. Ich raufe mir die Haare und seufze. „Ist alles gut?" flüstert Tae und drückt meine Schulter fürsorglich. Ich nicke etwas. „Es ist nur unglaublich ihn so zu sehen, wenn man einen 8-jährigen, lieben und freundlichen Jungen in Erinnerung hat." erwidere ich leise.

„Hey Suga! Hier oben sind noch zwei!" ertönt plötzlich eine bekannte Stimme. Als wir uns umdrehen und den Fremden ansehen, stellen wir fest, dass es der Typ aus der Bar ist. Scheint, als würde er uns erkennen, denn er lächelt etwas und schnalzt mit der Zunge. „Ich hätte ja wirklich nicht gedacht, dass ihr so töricht seid und hierher kommt. Was ich gesagt habe, war die Wahrheit." meint er und hält zwei Schwerter in die Höhe.

„Also, gleiche Regel. Mitkommen oder sterben. Ihr entscheidet." meint er mit kühlem Blick. Der mir vorhin noch so sympathisch vorkommende Mann, macht sich gerade sehr unbeliebt. Aber ich will mit meinem Bruder reden. Demnach sollten wir wohl kooperieren. Ich halte Tae's Hand fest, die bereits an dem Griff seines Schwertes liegt. Ich schüttelte den Kopf. Er sieht mich fassungslos an, ehe er seinen Griff zögerlich lockert. „Na geht doch. Jetzt runter mit euch. Und baut ja keinen Scheiß." droht er uns.

Kooperativ tun wir, was er sagt. „Heyyy, das ist die Frau von heute Mittag. Suga wieso wolltest du eigentlich, dass wir sie prüfen?" fragt der Fischhändler von heute Mittag. Ich sehe fassungslos zu Tae. Er stößt mir in die Rippen und deutet auf einen Jungen der mit verschränkten Armen vor uns steht und uns ansieht. „Du bist doch der Junge der dem Händler die Sachen gestohlen hat!" rufe ich fassungslos. Ich fasse es nicht. Diese Drei haben uns unbemerkt beobachtet? Den ganzen Tag etwa schon? Was genau war ihr Plan?

„Für was?, fragst du dich sicher, hab ich Recht?" unterbricht Suga, AugustD oder wie auch immer, die Stille. Ich bekomme keinen Ton aus meinem Mund. Ich begreife einfach nicht, was hier gespielt wird. „Ich habe euch gestern gesehen wie ihr jeden einzelnen Händler nach mir gefragt habt. Ihr glaubt doch nicht, dass ich da nicht skeptisch werde und euch überprüfe." klärt er uns auf.

Er tritt ein paar wenige Schritte auf mich zu. „Na los. Was willst du von mir?" haucht er leise und bedrohlich. Ich spanne mich an und bleibe standhaft. „Ich möchte etwas überprüfen. Ich suche jemanden der mir sehr wichtig ist." antworte ich. Leider kann ich ihm nicht in die Augen sehen, weil der Hut sie noch verbirgt. „So? Und was genau willst du von mir? Verlangst du von mir etwa denjenigen zu finden?"

Ich schüttele leicht den Kopf. „Ich bin sicher, ich habe ihn schon gefunden." flüstere ich mit einem Kloß im Hals. „Achja? Dann klär mich mal auf, wen du finden wolltest." meint er mit einem leichten Lächeln. „Meinen großen Bruder, den ich vor 14 Jahren verloren habe. Als er versuchte unsere Mutter zu beschützen, wurde er von dem Schwert unseres Vaters an seinem rechten Auge verletzt. Und durch das Gesetz, dass man nur König werden könne ohne Narben, wurde er verbannt. Jeder behauptete, dass er gestorben sei, doch ich wusste, dass er lebt. Ich wusste es, weil ich es fühlen konnte." erkläre ich und halte meine Tränen zurück. Es tut weh mich vor meinem Bruder verantworten zu müssen.

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