10. Ein Wunder

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Es war warm, die Sonne stand schon tief und mit jeder verrinnenden Minute rückte die Nacht näher. Eliza wollte das Gespräch hinter sich bringen und dann so schnell wie möglich zurück nach Ankara. Der Gedanke in der Wildnis der umringenden Vororte verloren zu gehen, gefiel ihr gar nicht.

"Also laut Fahrer müssen wir etwa zwanzig Minuten der Straße folgen. Auf der Rückseite des Berges finden wir dann ein Anwesen." Eliza sah sich um. Die Straße ging noch ein gutes Stück bergauf und führte dann um den Berg herum.

"Hat er sonst noch etwas gesagt?" Mila verzog das Gesicht und nickte.

"Wir sollen auf der Straße bleiben und auf keinen Fall bedrohlich wirken. Anscheinend gibt es überall versteckte Kameras und die Leute eures Freundes sind nicht zimperlich." Mit hochgezogenen Augenbrauen und einem schlechten Gefühl im Magen wandte Eliza sich an Vincent. Dieser schien ebenso überrascht und erwiderte ihren Blick mit einem entschlossenen nicken.

"Dann gehen wir mal.", murmelte Eliza und ging voran. Ihre Begleiter folgten schweigend. Selbst die wunderschöne Natur der Türkei konnte ihre Sorge und Anspannung nicht lösen. Vor sich hin seufzend beschritten sie den Weg, immer Ausschau haltend nach den versteckten Kameras.

Sie mussten wirklich gut getarnt sein, denn so genau Eliza sich auch umsah, sie konnte keine entdecken. Vielleicht war das Ganze doch nur ein Scherz des Fahrers.

Als sie der Straße folgend den Berg umrundeten, kam ihnen eine junge Frau entgegen. Sie hatte schulterlanges, schwarzes Haar, das an den Spitzen rot gefärbt war. Ihre stark geschminkten Augen wirkten Katzengleich, ebenso wie ihre grazile Figur. Eliza musste gestehe, diese Frau war schön. In der engen Jeans, dem tiefblickenden Shirt und dem lockeren Lächeln wirkte sie wie eine begehrenswerte Fantasie.

"Willkommen.", sagte sie freundlich auf Englisch und sprach dann weiter auf Türkisch. Mila trat vor und sprach mit ihr. Neugierig beobachtete Eliza die beiden und bemerkte das die Fremde Vincent immer wieder Blicke zuwarf. Sie schien Interesse an ihm zu haben und überraschend leckte Eifersucht seine scharfen Krallen in Elizas Herz.

Unschuldig trat sie neben Vincent und griff lächelnd nach seiner Hand. Freudig erwiderte er den festen Druck ihrer Finger. Die Fremde beendete abrupt das Gespräch und Mila wandte sich zu ihnen.

"Ihr Name ist Nerve Camur. Sie arbeitet für Abdel Osmann und wurde geschickt um uns den Rest des Weges zu eskortieren."

"Na wunderbar.", brummte Eliza und gemeinsam folgten sie Nerve die Straße hinunter zu einem großen eisernen Zaun.

"Langsam mache ich mir doch sorgen..", murmelte Mila Eliza zu.

"Es wird schon gut gehen. Tu einfach so als wüsstest du von nichts.", sanft strich Eliza ihrer Freundin über den Arm, es sollte beruhigend wirken und tatsächlich lächelte Mila dankbar.

Mit einem Grinsen in die Kamera öffnete Nerve ihnen die Pforten und ließ sie eintreten. Osmanns Anwesen war beeindruckend. Eine mehrstöckige, reichlich verzierte Villa mit umliegenden in voller Blüte stehenden Blumenbeeten. Eliza kam es vor wie ein Märchen. Sie verließen die Einfahrt und spazierten durch einen großzügig angelegten Garten.

Der intensive Blumenduft war berauschend und die Pracht der Blüten reizte Eliza dazu Fotos zu machen. Mit Mühe beherrschte sie sich. Mila war nicht so diszipliniert. Im Selfiemodus schoss sie viele Fotos und grinste dabei wie ein Honigkuchenpferd.

"Eliza, komm mach ein Foto mit mir. Vincent du fotografierst!", rief sie lachend aus.

"Ich denke nicht, dass wir das sollten.", gab Eliza zu bedenken und schielte zu Nerve. Diese schien Milas Bewunderung für die Blumen zu verstehen, doch ihr genervter Gesichtsausdruck zeugte von einem kurzen Geduldsfaden.

Die Suche nach Unsterblichkeit #Wattys20Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt