Er lächelte. "Was sind wir?" fragte ich. Die Frage überrumpelte mich, doch sie brannte mir auf dem Herzen. 

Er überquerte die letzten Zentimeter zwischen uns. Sein Körper war dicht an meinem, sodass seine Wärme durch das kalte Wasser zu spüren war. Er legte seinen Zeigefinger unter mein Kinn und hob meinen Kopf an, sodass ich ihm in die Augen sah. 

"Ich weiß es nicht, Avery", sagte er leise. In seinen grauen Augen reflektierte das Wasser. Sie schimmerten dadurch, seine Brust bebte. "Was wird das?" fragte ich. Doch meine Worten waren kaum mehr als ein Hauch. 

Er lehnte sich vor und dann trafen seine Lippen auf meine. Ich war überrascht und doch begehrte ich sie als wäre ich in der Wüste und er das Wasser. Er presste seinen Körper an meinen und ließ mich erbeben. Alles war ein Rauschen. Ich fühlte alles und nichts. 

Er umschlang meine Taille mit beiden Armen. Ich legte meine um seinen Nacken und umschlang mit den Beinen seine Hüfte. Das Wasser umspielte uns und nahm uns einen Teil der Schwerkraft. Wir küssten uns, holten kaum Luft.

Sein Mund war warm und sanft. Ein tiefes Stöhnen entfuhr seiner Kehle. Ich durchfuhr sein nasses Haar mit den Händen, zog daran, forderte ihn auf, näher zu kommen, als wollte ich ihn einnehmen. 

Unsere Zungen trafen sich, umspielten sich. Mein Herz schlug. Alles an mir schien als wäre es aufgeladen von einer Spannung, die nur uns beiden gehörte. 

Ich drückte mich näher an ihn, wollte ihn spüren. Meine Hüfte gegen seine. Im Wasser spürte ich seine Härte und ein Keuchen entwich mir, gefolgt von seinem schneller werdenden Atmen und dem festeren Griff seiner Hände.

Dann öffnete sich die Tür. 

Wir wurden in die Realität zurück geworfen und fuhren auseinander, als wären wir Gegenpole. Heftig atmend wendeten wir unsere Blicke zu der Person, die das Bad betrat. 

Es war ein älterer Herr, den wir beide nicht kannten. Ich atmete erleichtert auf, holte tief Luft, tauchte unter und schwamm. Das Wasser nahm mir die klare Sicht und alles wurde zu einem verschwommenen Blau.

Mein Kopf war voller Gedanken und ich wusste nicht, was ich glauben oder fühlen sollte. Am Ende der Bahn tauchte ich auf. Ethan stand immer noch am anderen Ende, wo wir uns geküsst hatten. Er sah mich an. Sein Gesicht war ausdruckslos. 

Ich drehte mich zu Treppe und stieg aus dem Pool. Mit schnellen Schritten war ich an meiner Liege, wickelte mich in den Bademantel, schlüpfte in meine Schlappen und machte mich auf den Weg in mein Zimmer. 

Selbst die heiße Dusche konnte meine Gedanken nicht bremsen. Ich war noch verwirrter als zuvor. Ethan hatte mich geküsst. Wir hatten uns geküsst. Doch leider wusste ich nicht, was das heißen sollte. Ich wollte ihn nicht bedrängen und direkt verlangen, dass er das zwischen uns definieren sollte. Das wäre utopisch. Außerdem beschlich mich das Gefühl, dass Parker überhaupt keine Lust auf etwas Ernstes hatte. Aber warum küsst er dann eine Angestellte?

Ich überlegte, doch meine Gedanken drehten sich im Kreis. Ich hatte keine Antwort darauf und etwas sagte mir, dass er auch keine hatte. 

Ich hatte mich fertig gemacht und lief gerade durch den Gang, als ich meinen Namen hörte. "Avery!" Ich drehte mich um und eine erfreute und sichtlich gut gelaunte Clara kam mir entgegen. "Guten Morgen!" Ich erwiderte ihren Gruß und wir liefen gemeinsam zum Frühstück. 

"Ich freu mich wirklich sehr auf meinen kleinen Schatz", schwärmte sie wieder mal von ihrem Sohn. Wir liefen gerade an der Rezeption vorbei, denn der Saal zum Essen lag dahinter, als Clara inne hielt. Irritiert sah ich zu ihr, um ungefragt eine Erklärung für ihren plötzlichen Stopp zu bekommen. Doch sie beachtete mich nicht weiter, sondern lächelte einer Frau zu, die vor der Theke stand und mit dem Mann am Empfang diskutierte. 

"Ich kann Ihnen nicht die Zimmernummer sagen. Das ist streng vertraulich", sagte der gerade und tippte etwas in den Computer ein. "Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen ein Zimmer buchen. Wir haben noch zwei frei." Clara stellte sich zu der Frau. "Guten Morgen, Adelyn." 

Die Unbekannte drehte sich zu uns. Sie war wunderschön. Ihre Haut war gebräunt, das schwarze Haar fiel ihr in großen, glänzenden Wellen über die Schultern bis zur Brust. Ihre dunklen Augen musterten Clara, ehe sie ein scheinbar bekanntes Gesicht ausmachen konnte. 

Sie lächelte erfreut. "Guten Morgen, Clara!" erwiderte sie, dann zeigte sie seufzend zum Mann an der Rezeption. "Kannst du ihm bitte bestätigen, dass ich zu-" Sie stockte und sah auf jemanden, der anscheinend hinter mir stand. "Ethan!" rief sie aus. Sie strahlte und lief auf mich zu, an mir vorbei. Ich sah ihr hinterher und da sah ich auch schon, wer hinter mir stand. Es war Ethan Parker.

Die Frau umarmte ihn stürmisch und schon küssten sie sich. Ich stand wie erstarrt, unfähig meine Augen von ihnen zu nehmen. Ethan versuchte, sie etwas von sich zu drücken, blickte während des Kusses über ihre Schulter hinweg direkt in meine Augen. Ich bemerkte, dass ich den Mund aufgeklappt hatte und schloss ihn schnell wieder. 

Clara berührte mich am Arm. "Komm mit Ave", sagte sie sanft. Sie hakte sich bei mir ein und drehte mich um, lief mit mir zum Frühstück. Ich war still und konnte nichts weiter sagen. Ich wollte mich auch nicht erklären. Doch Clara schien verstanden zu haben, dass etwas zwischen mir und Ethan war. 

"Alles gut bei dir?" fragte sie vorsichtig, als wir uns an einen Zweiertisch gesetzt hatten, der etwas abgeschieden im hinteren Teil des Saals stand. 

Ich blinzelte und zwang mich zu einem Lächeln. "Natürlich", log ich, doch ich hörte selbst wie unglaubwürdig es klang. Sie sah mich mitfühlend an. "Das ist Adelyn." Sie holte tief Luft ehe sie hinzufügte: "Ethans Verlobte."

My BabeWhere stories live. Discover now