10. Kapitel

13.5K 316 32
                                    

Ich stolperte in die Wohnung und schlug die Tür hinter mir zu. "Ave?" rief Cathlyn aus der Küche. Ich antwortete nicht. Ich konnte nicht, meine Gedanken und Vorwürfe gegen mich selbst waren lauter.

Schritte. "Was ist los?" fragte Cat mich besorgt, als sie mich an der Garderobe sah. Ich zuckte die Schultern. "Nicht viel", murmelte ich. Sie stellte sich in den Weg und verschränkte demonstrativ ihre Arme vor der Brust. "Raus damit, Avery!"

Ich seufzte. Cat würde auch zehn Stunden dort stehen bleiben. "Mike und ich haben uns geküsst. Seine Frau ist schwanger", berichtete ich knapp.

Sie sah mich verständnislos an, dann erhellte sich ihre Miene. Sie hatte kapiert. Ich war am Arsch. "Du bist am Arsch", unterstrich sie meine Gedanken und lehnte sich an die Wand. "Weiß es seine Frau?" fragte sie. Ich zuckte erneut mit den Schultern und sah zu ihr. "Soll ich es ihr sagen?" fragte ich verzweifelt. Cathlyn überlegte kurz, ehe sie sagte: "Nein, es ist irgendwie Mikes Job. Wenn er damit leben kann, und den Kuss bereut, sag nichts. Wenn er nochmal was probiert, droh ihm, es ihr zu sagen."

Ich dachte kurz über ihre Worte nach und nickte dann. "Ja, du hast vermutlich recht", murmelte ich. Meine Handy vibrierte. Cathlyn stieß sich von der Wand, an der sie lehnte, ab und lief summend zurück in die Küche.

Eine neue Nachricht von Mandy. "Wir müssen reden. Komm in die Bar 'Eleven'. Ich warte."

Ich verdrehte die Augen. Mandy war ganz in ihre Rolle eines Gossip Girls geschlüpft. "Ich muss nochmal los, Cat", rief ich, als ich meine Schuhe anzog. "Klar, biff später", rief sie mit vollem Mund zurück. Ich schloss die Wohnungstür hinter mir und lief los. Das Eleven war zum Glück nicht weit entfernt.

Als ich die Bar betrat, sah ich Mandy sofort mit dem Barkeeper reden. Sie lachte ausgiebig und wickelte sich übertrieben spielerisch eine Haarsträhne um den Finger. Ja, komm Mandy. Erwürg dich damit.

Nein, ich bin nicht fies. Meine Gedanken sind's manchmal.

"Hey Ave", rief sie, als sie mich erblickte. Nachdem sie dem Barmann nochmal zugezwinkert hatte, lief sie auf mich zu, packte mich am Handgelenk und führte mich zu einem leeren Tisch.

"Also, was gibt's?" fragte ich, als wir saßen. "Mary hat eine Affäre", flüsterte Mandy. Ihre Augen blitzten geheimnisvoll. Mein Mund klappte auf, als mein Blick ihrem Finger folgte, der unauffällig auf den Mann gerichtet war. "Mit dem Barkeeper?" fragte ich. Mein Gegenüber verdrehte die Augen und seufzte. "Er war ein langjähriger Fickfreund von mir", berichtete sie und ließ sich zurück in den Stuhl fallen. "Seit einem halben Jahr wollte er überhaupt nicht mehr. Ich hab mal nachgefragt und er meinte, er hat seine Traumfrau kennen gelernt. Mary Warden", sagte sie frustriert. "Und jetzt kommt aber das beste", sie hob ihren Zeigefinger und lehnte sich wieder zu mir vor. "Mary ist schwanger."

Ich nickte. "Ja, hat Mike mir erzählt", murmelte ich. Mandy lachte leise und sah mich amüsiert an. "Mike denkt vermutlich, es ist sein Kind, oder?" fragte sie mich dann. Ich zog die Augenbrauen irritiert zusammen. "Offensichtlich", gab ich zurück. Sie gab einen frustrierten Laut von sich. "Avery Brown. Hör auf so naiv zu sein!"

"Wieso naiv?" fragte ich beleidigt. "Mike und Mary hatten schon lange keinen Sex mehr", sagte sie. "Ich weiß", erwiderte ich. "Und jetzt?"

Mandy verdrehte die Augen, sichtlich genervt von meinem Unwissen. "Das Kind ist von ihm!" Dabei schnellte ihr Daumen in die Richtung des Barkeepers. "Nicht im Ernst!" rief ich erschrocken. Sie kicherte. "Sei leiser, Avery!"

"Soll ich Mike sagen, dass es nicht sein Kind ist?" fragte ich zögerlich. Sie grinste. "Ave. Du musst das ganze Leben spannender gestalten", sagte sie wissend und hob dabei eine Augenbraue. "Hör zu. Jonas, der Barkeeper hat mir erzählt, dass er und Mary sich heute Abend sogar noch treffen wollten. Frag Mike, ob er mit dir ausgehen will", schlug sie begeistert vor.

My BabeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt