KAPITEL 36 | SYDNEY

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Wenn ich mich nicht irre, dann lächelt er ein wenig verlegen.

Und dieses verlegene Lächeln ist der Auslöser für meine nächste verrückte Tat: Ich trage nach wie vor das hellgraue Kleid, das Bronwyn extra für mich angefertigt hat, jedoch ziehe ich es mir jetzt über den Kopf und werfe es neben mir auf den Boden.

Deans Blick ist eine Mischung aus Überraschung, Freude und Verlangen, dann schüttelt er langsam den Kopf. »Was wird das, Sydney?«

Ich trage schlichte schwarze Unterwäsche und trotzdem sieht es so aus, als würden ihm gleich die Augen aus dem Kopf fallen. Seltsamerweise habe ich nicht das Bedürfnis, meinen Körper schnell wieder zu bedecken, so wie es sonst immer der Fall gewesen ist. Stattdessen würde ich mich am liebsten komplett entblößen, aber ich will nicht, dass Dean gleich einen Herzinfarkt erleidet.

»Mach das nicht, weil du denkst, dass das heute Nacht vielleicht unsere letzte Chance ist, okay? Wir haben genug Zeit.« Deans Blick schweift noch einmal über meinen Körper, dann beißt er sichtlich die Zähne zusammen, wodurch seine Wangenknochen noch stärker zur Geltung kommen, und sieht zur Seite. »Verdammt, Sydney, wenn du das nicht wirklich willst, würde ich mich an deiner Stelle wieder anziehen.«

Kopfschüttelnd streiche ich mir die Locken über die Schultern. »Glaub mir, ich will mich nicht anziehen. Und ich mache das nicht, weil ich denke, dass wir keine Zeit mehr haben. Ich mache das, weil ich es wirklich, wirklich will. Ich will es schon viel zu lange.«

»Nicht länger als ich.«

Meine Mundwinkel heben sich glücklich. »Darüber könnten wir jetzt diskutieren. Oder wir tun ganz andere Dinge, die absolut nichts mit Reden zu tun haben.«

Bin das wirklich ich, die das gerade von sich gibt? Ich fühle mich wie ausgewechselt, gleichzeitig aber wiederum auch wie ich selbst. Macht das überhaupt Sinn? Vielleicht sollte ich jegliches Denken einfach abschalten und endlich meinen Gefühlen freien Lauf lassen. Denn es stimmt. Ich will Dean so sehr, dass es an gewissen Stellen, die ich für totgeglaubt habe, wehtut.

Dean fährt sich schluckend durch das feuchte Haar, dann grinst er kopfschüttelnd. Ich glaube, er kann es ebenfalls noch nicht so ganz fassen, dass wir wirklich hier sind. In seinem Badezimmer. Halbnackt. Und so kurz davor einander anzuspringen, dass die dampfende Luft im Raum elektrisiert wird.

»Dir ist klar, dass es noch nicht vorbei ist, oder?« Er zeigt mir demonstrativ das Band an seinem Fuß. »Ich könnte jeden Moment wieder verschwinden. Wenn du jetzt also nicht wieder das Kleid anziehst, ist es gut möglich, dass du heute Nacht gar nichts mehr anhaben wirst.«

Mir entfährt ein Lachen. »Ist das etwa eine Drohung?«

»Die beste Drohung, die es gibt, findest du nicht?« Er kommt einen Schritt auf mich zu. Dann noch einen. Schließlich steht er so nah vor mir, dass sich unsere Zehenspitzen fast berühren. »Du hast heute Abend nichts getrunken, oder?«

»Du weißt, ich trinke nicht«, entgegne ich stirnrunzelnd.

»Ich will nur sichergehen, dass du bei klarem Verstand bist. Dass du weißt, dass mit mir so ziemlich eine Million Dinge falsch sind.«

»Und trotzdem habe ich mich in dich verliebt.«

Zwei, drei Sekunden starrt mich Dean überrascht an, dann sehe ich kein Zögern mehr in seinem Blick. Er wirkt entschlossen, als er eine Hand in mein dichtes Haar schiebt, mich zu ihm heranzieht und seinen Mund fest auf meinen presst.

Endlich.

Dean küsst mich intensiv, aber nicht stürmisch. Wir erforschen gegenseitig unsere Münder, denn beim letzten Mal haben uns die Zuschauer auf der Party und die Polizeisirenen davon abgehalten. Das ist jetzt nicht mehr der Fall. Niemand wird in dieses Badezimmer stürmen, da bin ich mir ziemlich sicher.

Dean Walker | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt