KAPITEL 18 | DEAN

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SO LANGSAM GLAUBE ich regelrecht daran, dass ein Fluch über Sydney und mir liegt, denn jedes Mal, wenn wir ungestört sind, kommt irgendjemand und ruiniert die Ruhe zwischen uns. In diesem Fall ist dieser Jemand Gavin.

Ausgerechnet er.

In mir toben verschiedene Gefühle, als ich in diesem Moment seine Stimme höre. Zuerst ist es Fassungslosigkeit, dann ist es kurz Trauer und jetzt ist es Wut.

Warum zur Hölle führt er Xander, Hunter und Kolin direkt zu mir? Vor noch wenigen Tagen hat er bei Sydney und Bronwyn Wie ein einziger Tag geschaut, war bis über beide Ohren in Candice verliebt und stand direkt neben mir, als Kolin aufgetaucht ist. Gavin ist seit Anfang an der Einzige gewesen, der stets zu mir gehalten und mir vertraut hat und die Erkenntnis, dass das jetzt nicht mehr der Fall ist, ruft so viel Wut in mir hervor, dass ich kaum stillstehen kann.

Noch vor einer Stunde habe ich ihm von meinen Plänen mit Sydney erzählt und er hat so getan, als würde er sich für mich freuen und als fände er die Idee, sie hierherzubringen, großartig. Nur stellt sich jetzt heraus, dass er es nur so großartig fand, weil er somit Xander, Hunter und Kolin zu mir führen kann.

Warum? Was ist Sinn und Zweck des Ganzen?

Sydney packt mich plötzlich an den Schultern und zwingt mich somit ihr ins Gesicht zu sehen. »Wir könnten springen, bevor sie hier hochkommen.«

»Was?«, frage ich, obwohl ich genau gehört habe, was sie gesagt hat. »Nein, ich warte, bis er hier ist und dann ─«

»Und dann was, Dean? Schlägst du sie alle zusammen? Ich zweifle nicht an der Kraft deiner ziemlich beeindruckenden Muskeln, aber du wirst es niemals mit vier Leuten gleichzeitig aufnehmen können.«

Ich kann es sehr wohl mit vier Leuten gleichzeitig aufnehmen, aber was mich schließlich überzeugt ist die Tatsache, dass Sydney es nicht kann. Sie würde daneben stehen und Zeugin meines Wutanfalls werden und irgendwie will ich nicht, dass sie diese fast schon verletzliche Seite an mir sieht ─ oder nicht so oft sieht. Also gebe ich nach, schwöre mir aber selbst, dass alle vier noch bekommen werden, was sie verdienen und das ziemlich bald. Als ich nach unten sehe, spüre ich diesen Kick auf den Steinhang unter mir zu springen, aber ich halte mich zurück und vergewissere mich erst, dass Sydney sich auch traut, auch wenn ich keine besonders hohen Zweifel hege, dass sie sich nicht trauen würde. Insgeheim wissen wir beide, dass sie mindestens so verrückt ist wie ich.

Sie stößt sich ohne zu zögern ab und springt nach unten. Nach ihrem Aufprall ist sie nicht nur vollkommen unversehrt, sondern auch extrem hübsch, als sie den Kopf in den Nacken legt, um zu mir hochzuschauen und sich dabei ihre blonden Haare über die Schultern streicht.

Auch wenn gerade eine weitere Person in meinem Leben nicht mehr für mich da ist, kann ich nicht anders, als ein wenig zu lächeln, auch wenn es ein ziemlich trauriges Lächeln ist.

»Hallo, Dean.«

Ich muss mich nicht einmal umdrehen, um zu wissen, dass es Gavin ist. »Komisch, wir waren gar nicht verabredet. Was machst du denn hier?«, frage ich gespielt ahnungslos.

»Ich will mit dir reden«, erklärt er, aber er klingt nicht mehr wie der sarkastische, ungeduldige Gavin, den ich schon seit Jahren kenne. Seine Stimme ist wie ausgewechselt. Kalt. Hinterlistig. Und fast schon ... teilnahmslos.

Ich drehe nur den Kopf zu ihm und hebe langsam den Mittelfinger, der nicht nur an Gavin, sondern auch an die anderen gerichtet ist. Xander zieht eine Grimasse und sieht so aus, als würde er mir am liebsten jedes Körperteil einzeln richten, Kolin reckt stolz das Kinn, weil er mich gefunden hat und Hunter ... er schaut eigentlich nicht einmal in meine Richtung. Seltsam, dass er mich nicht einmal mehr ansehen kann.

Dean Walker | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt