0 4 | e i n e s i m p l e b i t t e

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„Ich kann nicht fassen, was ich hier tue", stieß ich schließlich hervor und fuhr mir durch die Haare.

Natalies Augen funkelten amüsiert, als sie von dem Display aufsah. „Denk nur an die Gage, Süße."

Ehrlich gesagt war das Geld das letzte, an das ich gerade dachte.

Meine einzige Motivation, diesen Job anzunehmen, war gewesen, William um einen Gefallen zu bitten, der mir die letzte Stunde so gut wie entfallen war.

Wenn ich wollte, dass diese Situation, in die ich mich hineingeritten hatte, einen Sinn machte, musste ich mich dringend auf das konzentrieren, was ich eigentlich vorhatte.

Mit einem Blick zu Natalie, die in E-Mails vertieft zu sein schien, stand ich auf und streckte mich kurz, bevor ich die Garderobe verließ und in Richtung Set zurückging, in der Hoffnung, William irgendwo ungestört abfangen zu können.

Als ich aber nur einige Leute der Filmcrew entdeckte, die bereits das zweite Szenenbild vorbereiten zu schienen, lief ich in der großen Halle weiter, unter einem riesigen schwarzen Vorhang hindurch, hinter dem ich etwas entdeckte, das mich sofort innehalten ließ.

Ein altes, hölzernes Klavier starrte mir entgegen, die Tasten bereits etwas abgespielt und der Korpus schon verkratzt. Es ähnelte dem, das in dem Wohnzimmer unseres Hauses in Portland stand, und ich konnte nicht anders, als an Josie zu denken, die dieses Teil liebte, wie sonst etwas in ihrem Leben.

Ohne darüber nachzudenken, ließ ich mich auf den gepolsterten Hocker sinken, der davor stand, und strich mit den Fingern über das grobe Holzgehäuse.

Meine Fingerspitzen schwebten fast schon verhängnisvoll über den Tasten, bevor ich die erste anschlug, und ehe ich mich versehen konnte, spielte ich die ersten Noten des Liedes, das ich meiner Schwester zum Einschlafen gespielt hatte, jedes Mal, wenn sie von einer Behandlung nach Hause kam und nicht genug Kraft hatte, um es bis zu ihrem Schlafzimmer im ersten Stock zu schaffen.

Ich war um Längen nicht so gut wie Josie, doch das Gefühl der Tasten unter meinen Händen war so vertraut, dass ich merkte, wie die tiefe Verunsicherung, die immer wieder in mir aufzukochen schien, seit ich das Set betreten hatte, Stück für Stück von mir abfiel. Es war ein Stück Vertrautheit, etwas, das mich an Josie erinnerte, während ich mich in das Ungewisse stürzte, noch dazu kopfüber.

Ich war so in meinem Spiel vertieft gewesen, dass ich nicht bemerkt hatte, dass der Vorhang sich ein erneutes Mal hob und jemand darunter hindurchtrat.

Erst als ich im Augenwinkel sah, dass William sich an das Gehäuse gelehnt hatte, verstummte die Melodie plötzlich.

Ich sah zu ihm auf, und konnte selbst im gedämmten Licht sehen, dass ein kleines Lächeln seine Lippen umspielte. „Du hättest ruhig weiterspielen können."

Bestimmt schüttelte ich den Kopf und ließ meine Hände in meinen Schoß sinken. „Besser nicht. Ich bin nicht besonders gut."

William löste sich vom Klavier und trat stattdessen um mich herum, bevor er sich ebenfalls auf dem Hocker niederließ. Er war breit genug für uns beide, aber ich spürte bei jedem Atemzug, wie unsere Schultern sich streiften.

„Das sehe ich anders. Wer hat es dir beigebracht?"

Ich zuckte mit den Schultern. „Ich hatte als Kind ein paar Stunden. Nach zwei Jahren habe ich mich geweigert, weiter hinzugehen."

Es war nur eine halbe Lüge. Viel mehr war uns das Geld ausgegangen und die Rechnungen, die sich auf unserem Küchentisch gestapelt hatten, hatten mich weitere Stunden verneinen lassen.

one in a millionWhere stories live. Discover now