Es langsam angehen lassen. (4. Oktober)

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Drei Wochen später hockt Henry neben mir im Wohnzimmer auf der Couch, wo wir es uns für unser neugefundenes Freitags-Ritual gemütlich gemacht haben. Das Abendessen, um das er sich gekümmert hat, steht auf dem Beistelltisch und wir suchen einen Film heraus. Essen tun wir dann mit den Tellern auf unseren Schößen, gemütlich gegen die Lehne gekuschelt, meine Bettdecke über unsere Knie gebreitet.

Er hat mich großzügig den Film aussuchen lassen, nachdem ich ihm vergangene Woche die Wahl gelassen habe, und nur mit den Schultern gezuckt, als ich mich für etwas Gruseliges entschieden habe. Nun zuckt er jedes Mal zusammen, wenn etwas Unerwartetes passiert, und einmal plumpst ihm sein Besteck auf den Teppich, weil er sich so erschreckt. Ich lache und zum Glück ist es ihm nicht peinlich, sondern bringt ihn zurück in die Realität, in der er sich keine Sorgen um Untote machen muss.

Als ich den Film pausiere, um unser Geschirr in die Küche zu räumen, tapst er kurzentschlossen hinter mir her. „Hast du noch Hunger?", will ich wissen, betrachte amüsiert, wie er den Rücken flach gegen einen der Schränke presst, während ich die Spülmaschine einräume. Er schüttelt schnell den Kopf und wieder muss ich lachen, weil mir klar wird, dass er lediglich nicht alleine im Wohnzimmer bleiben wollte.

Ich schließe die Spülmaschine, gehe langsam auf Henry zu und lege meine Hände an seine Hüften. Kurz gehe ich ein wenig in die Hocke, um ihn hochzuheben, sodass er seine Beine um meine Mitte schlingen kann. Er klammert sich fest an meinen Nacken und ich trage ihn zurück zum Sofa, sodass er auf meinem Schoß hockt, als ich mich setze. Meine Hände lasse ich von seiner Hüfte an seinen Seiten aufwärts gleiten und über seine Brust in seinen Nacken und sein Haar.

Nach unserem ersten Kuss vor drei Wochen ist nicht viel passiert. Ich drücke ihm einen Kuss auf die Stirn, wenn er morgens zur Arbeit aufbricht, und begrüße ihn mit einer Umarmung, wenn er heimkommt. Immer mal wieder kuscheln wir auf dem Sofa, schlafen aber nach wie vor in unseren getrennten Zimmern, obwohl in beiden Betten genug Platz für zwei wäre. Freitags beim Filmeabend kommt es manchmal dazu, dass er mich küsst und ich mich nicht besonders gut zurückhalten kann und wild zurückküsse. Es ist nicht so, als würde ich nicht viel mehr wollen, aber ich behalte meine Hände bei mir und mache keinerlei Andeutungen, um Henry zu nichts zu drängen. Und vermutlich ist das auch nicht alles, was er will, aber er ist so süß und unschuldig, dass das für ihn das ganz normale Tempo ist, mit dem Intimität in einer Beziehung voranschreitet. Nicht, dass es dafür Regeln gäbe, aber dass wir aus der Norm fallen mit unserer Zurückhaltung, gerade in Anbetracht unseres Alters, ist mir deutlich bewusst.

Dass er nun auf meinem Schoß sitzt und ich ihn berühre, ist neu. Es ist forsch von mir, entgegen meinem Vorhaben, ihn bestimmen zu lassen, wann wir weitergehen, aber ich sehe in seinen dunklen Augen, dass es ihm so gefällt. Ich ziehe mit den Händen in seinem Haar sein Gesicht zu meinem herunter und hauche einen vorsichtigen Kuss auf seine Lippen, dem er sich unmittelbar entgegenlehnt. Seine Lippen teilen sich auf meinen und beginnen, sich zu bewegen. Auch wenn ich mich am liebsten auf ihn stürzen will, ihn unter mir aufs Sofa drücken, seinen Mund schmecken, ihn überall berühren, halte ich halbwegs still und überlasse ihm die Kontrolle. Sein Kuss wird wilder, als wolle er eine Reaktion von mir hervorrufen, mich anstacheln, endlich etwas von dem zu tun, das mir durch den Kopf geht. Seine Zunge fährt hervor und streicht über meine Unterlippe, in die er im nächsten Moment zart hineinbeißt. Wow. Plötzlich bin ich mir nicht mehr so sicher, ob das vor drei Wochen wirklich sein erster Kuss gewesen sein kann. Wo hat er das gelernt? Und alles nur, damit ich den Film nicht wieder anschalte, vor dem er sich gruselt? Dabei ist es mir ganz egal, was er im Hinterkopf hat, solange er nur nicht aufhört. Plötzlich beginnt er, seine Hüfte gegen meinen Bauch zu pressen und auf meinem Schoß vor und zurück zu rutschen. Staunend verfolge ich seine Bemühungen und weiß nicht recht, was ich davon halten soll. Abgesehen davon, dass es mich unglaublich anmacht, dass er sich so ins Zeug legt und der Kuss ihm merklich gut gefällt, macht es mir Angst, was er jetzt von mir erwarten könnte. Die Beule unter seiner Hose, die warm an meinen Bauch drückt, lässt mich das nur vermuten. Er will mich, geht mir durch den Kopf, weil ich zum ersten Mal seine Erektion spüre, und im gleichen Moment flüstert er in mein Ohr. „Jetzt küss mich doch endlich." Während mein Verstand noch daran arbeitet, mich zurückzuhalten, lasse ich mir das nicht zweimal sagen. Ich bewege meine Lippen gegen seine, lasse meine Zunge um seine tanzen. Dann packe ich ihn erneut an den Hüften, hebe ihn abermals an und lege ihn rücklings auf dem Sofa ab, stütze mich mit den Händen neben seinem Kopf ab, ohne den Kuss zu unterbrechen. Wie er zuvor drücke ich ihm meine Hüfte entgegen, reibe unsere Steifen durch die Hosen aneinander und bin heilfroh, dass der Stoff da ist.

Henry stöhnt in meinen Mund, sobald er mein Gewicht über sich spürt, und ich löse meine Lippen von seinen, um ihn zu hören. Stattdessen bahne ich mir einen Weg aus Küssen über sein Kinn zu seinem Hals, auf den ich mit meiner Zungenspitze Muster male. Durch geschlossene Lippen entweicht Henry ein gedämpftes Summen. Ich unterbreche meine Arbeit an seinem Hals, um mit meinem Daumen über seine Lippen zu streicheln. „Du musst nicht leise sein bei mir, Liebling. Du kannst dich entspannen.", raune ich ihm zu, freue mich über den Ausdruck in seinen verdunkelten Augen, bevor ich fortfahre. Zuerst ganz zart knabbere ich an seinem Hals, sauge an der Haut und lecke einen Weg hinab bis zu seinem Schlüsselbein. „Gabriel", flüstert er und ich seufze unwillkürlich auf. „Henry", raune ich zurück und verstärke den Sog an seinem Hals, stelle mir vor, wie gut er mir gefallen wird mit einem dunklen Fleck oberhalb seines Hemdausschnittes. „Mh, das fühlt sich so gut an.", stöhnt Henry leise. Ich verlagere mein Gewicht, sodass ich meine Hand auf Wanderschaft über seinen Körper schicken kann. Während ich noch immer meine Hüfte über seiner Kreise und den Druck langsam erhöhe, gleiten meine Finger unter sein Shirt und ertasten seine Bauchmuskeln. Ich lausche auf Henrys abgehackten, schnellen Atem. Ich bin es nicht gewöhnt, mit solchen Berührungen eine derartige Reaktion hervorzurufen, kenne es meist erst kurz vorm Ende, dass jemand anfängt, sich unter Stöhnen zu winden und zu keuchen. Dass für Henry meine Lippen an seinem Hals und meine Hand unter seinem Shirt schon genug sind, um ihn den Verstand verlieren zu lassen, macht mich nur noch mehr an. Ich streichle seine Brust und fahre mit den Fingerspitzen über seine harte Brustwarze. Bei der Berührung zieht Henry scharf die Luft ein und entlässt sie in einem wilden Stöhnen. „Mh, oahhh, Gabriel, ohh!"

Ich bin gar nicht besonders überrascht, bis ich merke, wie sein Atem wieder ruhiger wird und er unter meiner fortfahrenden Berührung leicht zittert. Während meine Brauen überrascht in die Höhe schießen, starrt er mich aus riesigen Augen ängstlich an. Ist das gerade wirklich passiert? Nur von meinen Küssen und der Reibung durch unsere Hosen hindurch? Oh, Henry... Wieso macht mich das nur so an? „D-das... das wollte ich nicht, ich...", stammelt er hilflos und versucht, sich unter mir wegzudrehen, scheint nicht zu wollen, dass ich ihn ansehe. Dabei ist er doch einfach so wunderschön. „Sch-sch, Liebling, es ist alles in Ordnung!", versuche ich, ihn zu beruhigen. Er schüttelt wild den Kopf. „Nein, das war... das wollte ich nicht, du wolltest bestimmt...", will er sich verständlich machen, aber ich falle ihm ins Wort. „Ich will nur, dass du dich wohlfühlst, Liebling. Und ich hoffe, dass sich das gut für dich angefühlt hat." Henry nickt zögerlich. „Natürlich hat es das.", haucht er. „Du weißt einfach genau, was du tust, und hast so viel Erfahrung...", redet er dann weiter und ich merke, wie er sich schon wieder Vorwürfe macht. „Naja, bei diesen One-night-stands ging es nicht wirklich um Zärtlichkeit.", gestehe ich. „Ich weiß selbst nicht so genau, was ich mache, aber ich hoffe, dass du mir immer sagst, was dir gefällt und was nicht, damit ich weiß, wie ich es für dich richtig mache." Ein Lächeln schleicht sich auf Henrys Gesicht und ich habe den Eindruck, er fühlt sich nicht mehr so schlecht. „Und noch was...", füge ich an und beuge mich herunter zu seinem Ohr, um ihm den Rest zuzuraunen: „Ich werde mich jedes Mal freuen, wenn du kommst. Egal, wie lange es dauert, oder was ich dafür tun werde."

Oh, Henry (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt