Kapitel III

3 0 0
                                    


„Hast du sie nicht mehr alle?!" ertönte es laut neben mir. Meine Augen lösten sich vom eben heruntergefallenen Messer und wanderten langsam zu der Person, die mich eben nicht nur angeschrien, sondern auch geschlagen hatte.

Als ich sein Gesicht und dann seine Augen sah, vergaß ich den Schmerz auf meiner Wange direkt. Solch schöne Augen hatte ich mein Leben lang nicht gesehen. Es verschlug mir die Sprache. Obwohl es so dunkel war, schien es, als würden sie regelrecht leuchten. Blau, grün und gelb. Seine Augen waren wie ein Sonnenaufgang im Frühling. Als ich mich dann endlich wieder gefasst hatte, erkannte ich auch seine langen Wimpern und den Schönheitsfleck unter seinem linken Auge. Er besaß im Gegensatz zu mir eine sehr helle Haut und auch seine langen Haare waren so blond, dass sie fast weiß waren. Durch seine Helligkeit leuchtete er förmlich in diesem dunklen Raum.

„Was sollte das mit dem Messer? Als ich dich von der Straße aufgegabelt habe, warst du so gut wie tot!" durchbrach er die Stille.

„I-ich wollte mich nicht umbringen... falls du das meinst. Ich wollte nur—", der Unbekannte unterbrach mich indem er mich mit einem Arm hinter sich zog und mich dort versteckte. Ich schaute überrascht und vorsichtig an ihm vorbei und konnte die Lichter von Taschenlampen durch die große Fensterfront erkennen. Suchen die etwa immer noch nach mir? War etwa nicht so viel Zeit vergangen wie ich gedacht hatte? Und aus welchem Grund versteckte dieser Mann mich so selbstverständlich hinter sich?

„Die suchen nach dir, nicht wahr?" sagte er mehr wissend als fragend, sodass ich nichts darauf erwiderte. „Die werden sicher auch in die Häuser schauen, wenn sie die Gelegenheit dazu bekommen." Mit gesenktem Kopf fing mein Körper wieder an zu zittern. Ich wollte nicht wieder zurück! Ich war dieser Hölle doch erst entkommen! Bevor ich doch noch etwas auf seine Aussage antworten konnte, zog er mich zurück in den Flur und verschwand mit mir links rum die zweite Tür neben dem Schlafzimmer. Er schaltete das Licht an und nachdem ich mich an dieses gewöhnt hatte konnte ich das Bad erkennen.

„Mir egal weshalb die hinter dir her sind, aber verrate mir doch bitte deinen Namen", bat er mich mit einem leicht besorgten Lächeln.

„Ich heiße Jonathan."

„Jonathan also. Ich bin Mikalea", wieder lächelte er mir entgegen. Er wirkte auf den ersten Blick wie eine warme, nette Person. Aber der erste Eindruck kann natürlich immer täuschen. „Du siehst im Licht übrigens noch schlimmer aus als ich erwartet hatte. Als ich dich vorhin hierhergetragen habe, konnte ich nicht sehen wie schlimm du verwundet bist. Naja, bis auf deine Arme. Die habe ich dir übrigens geheilt." Mikaela ließ Wasser in die Wanne ein.

Was hatte er da gesagt? Er hat meine Arme geheilt? Das waren nicht meine Vampirkräfte? All die Angst, die sich bis eben noch in mir aufbaute, kam schlagartig in mir hoch und die Tränen flossen nur mein Gesicht herunter. Ich schluchzte wie verrückt und sank auf die Knie. Mikaela hatte mich gerettet. Nicht nur mit seiner Heilung. Hätte er mich nicht zu sich nach Hause getragen, hätten mich die Leute der Organisation wahrscheinlich längst gefunden und zurückgebracht. Ich wischte mir die Tränen mehrmals vom Gesicht, doch es waren so viele, dass sie trotzdem unaufhaltsam auf die Fliesen tropften.

Mikaela wartete etwas bevor er sich zu mir runter beugte und mich in den Arm nahm. Er war so warm. Seine ganze Umarmung gab ein warmes Gefühl von sich. Sowas spürte ich seit sehr langer Zeit zum ersten Mal. Wir verbrachten einige Minuten in dieser Position. Er strich mir über den Rücken bis ich mich beruhigt hatte. Ich schaute zu ihm auf.

„Wieso hast du mich eigentlich gerettet?"

„Normalerweise würde ich sagen, dass man dazu keinen Grund braucht. Aber die Leute, die dort oben in den Bergen ihr Quartier haben, konnte ich noch nie leiden. Als der Alarm losging, wusste ich, dass etwas passiert sein musste, dass ihnen gegen den Strich ging, also ging ich hinaus um nachzusehen... und da fand ich dich."

Er hatte recht. Diesen Leuten war wirklich nicht zu vertrauen. Mir aus diesem Grund allerdings genauso wenig. Ich gehörte zu ihnen. Schon mein Leben lang arbeitete ich für sie. Sollte ich es ihm sagen? Oder wirft er mich dann raus und übergibt mich wieder in ihre Hände?

„Du machst vielleicht ein Gesicht", fing er an zu lachen. „Keine Sorge. Jeder hat seine Gründe und dazu gehörst auch du." Er drehte den Wasserhahn zu. Die Badewanne war nun vollgelaufen. „Jetzt zieh dich bitte aus. Komplett."

„Was?"

Mikaela hatte sich schon mein verschmutztes Shirt gepackt und über meinen Kopf gezogen. Es war voll mit Blut und Dreck und landete in der Ecke des Badezimmers.

„M-Moment mal was soll das jetzt eigentlich werden??!" fragte ich panisch als er meine Hose ausziehen wollte. Ich versuchte sie oben zu halten, hatte jedoch kaum Kraft im Körper.

„Was das wird? Hast du dich mal angesehen? Du bist total schmutzig! Verwundet noch dazu. Überall Kratzer, Schrammen und blaue Flecken. Sollen die sich entzünden? Ich habe dir nur die groben Schnitte an deinen Unterarmen geheilt. Also waschen wir dich jetzt!" Den Satz beendet war ich schon komplett nackt und wurde von ihm in die Badewanne geworfen. „Oder bist du etwa eine Katze, die sich vor dem Wasser scheut?" Er lachte über seinen eigenen Witz und begann damit meine Haare zu shampoonieren.

„Ich also. Nein. Aber ich kann mich selbst waschen! Hey! Hörst du mir zu??" Mikaela schien mich zu ignorieren und grinste nur vor sich hin während er mich inzwischen schon ganz eingeseift hatte und nun auch anfing den ganzen Schaum wieder runterzuspülen. Ich seufzte und gab die Hoffnung auf. Eben hatte er noch so viel Mitgefühl gezeigt und jetzt ignorierte er einfach meinen Protest. Ich ließ das Ganze also über mich ergehen und befand mich eine halbe Stunde später in seinem Schlafzimmer.

Während ich dort auf ihn wartete hatte er die Gardinen in der kompletten Wohnung zugezogen, da er nicht wusste wie lange die Organisation noch nach mir suchen würde. Anschließend gab er mir einen seiner Pullover und ein paar flauschige Socken. Der Pulli war weich und hatte einen beigen Ton. Die Socken waren weiß und wie der Pulli viel zu groß.

„Hörst du mir jetzt bitte zu?" bat ich ihn mit ernstem Gesicht.

„Natürlich."

„Du hattest recht. Die Typen suchen nach mir. Ich habe ein paar Dinge getan, die ihnen nicht gefallen und bin danach abgehauen... Ich bin dir auch dankbar, dass du mir geholfen hast, aber was verlangst du dafür? Sowas macht man doch nicht aus reiner Nächstenliebe!" Ich führ mir mit der Hand durch die Haare. Sie waren noch leicht feucht vom Baden.

Bevor Mikaela etwas sagte, deutete er mit ernster Miene auf meine Unterarme. „Du bist kein Mensch. Oder zumindest warst du es nicht, bis vor kurzem. Auf deinen Armen sind jeweils magische Siegel zu erkennen. Sie erinnern an eine gewöhnliche Narbe, aber dafür ist ihre Form viel zu ungewöhnlich." Er nahm meine Hände und drehte sie nach oben, dass ich die Unterseite meiner Arme betrachten konnte. Er hatte recht. „So ein Siegel entsteht, wenn man magische Kräfte versiegelt. So etwas gibt es wirklich nicht häufig, denn je nach dem wie viel magische Kraft versiegelt werden soll und je nach dem wie stark der Versiegler ist, kann dies ziemlich oft schief gehen. Es erfordert selbst bei kleiner Menge zu versiegelnde Energie enorm viel Kraft." Ich wusste wieder nicht was ich erwidern sollte. Woher hatte er dieses Wissen? „Ich bin auch kein Mensch musst du wissen. Solche Haare und Augen sind für Menschen auch nicht normal, aber das weißt du sicher selbst. Ich werde dich auch nicht fragen was du eigentlich bist, denn du wirst deine Gründe haben. Ich möchte nur, dass du weißt, dass ich nicht zu den Unwissenden gehöre."

Dostali jste se na konec publikovaných kapitol.

⏰ Poslední aktualizace: Dec 06, 2019 ⏰

Přidej si tento příběh do své knihovny, abys byl/a informován/a o nových kapitolách!

DARK DREAM (GER)Kde žijí příběhy. Začni objevovat