Kapitel 4 - Kontakt

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Um in Ruhe ein paar Zeile Computercode zu schreiben, hatte sich Juko ein paar Ohrstecker eingesetzt, auf denen er seine Lieblingsmusik abspielte, eine Mischung aus Techno und Metallmusik komplettiert mit Steampunkelementen aus seiner Kindheit. So war er in seinem Element und konnte wahre Wunder vollbringen. Er programmierte das Protokoll so um, dass die alte Technik mit der neuen wieder kompatibel wurde. Es war natürlich schwierig, aber Juko war clever und irgendwann würde er es schaffen. Ken konnte sich so endlich ausgiebig mit Sue unterhalten. Für lange Gespräche hatten sie ja in ihrem Job keine Zeit gefunden, und zum gegenseitigen Einladen hatte sich nie ein passender Moment gefunden. Eigentlich war Ken froh jetzt mal mit Sue zu reden, die anderen waren mit der Technik beschäftigt, Kai war drauf und dran ein altes Funkgerät wieder flott zu machen und so mit den Computern von Juko zu verbinden. Draußen stand ganz alleine Kira aber solche Sachen war sie ja gewöhnt durch ihren Nebenjob als Security Assistentin bei einer großen Betreuungsgesellschaft, die große Gebäude schützen mussten, um Angriffe auf die Technik abzuwehren, manche Ganoven hatten sich nämlich darauf spezialisiert mit ihren Geräten von außen in irgendwelche wichtige Gebäude einzudringen. So hatten sie verschiedene Kriechroboter, die darauf spezialisiert waren die Technik anzuzapfen und so an Daten oder Verbindungen zu kommen.

So hatte sie ein modernes Phone mit Nachtsichtfunktion und einen Laserprojektions-Plugger, den hatte sie aktiviert und konnte so alles genau beobachten, ohne dass sich jemand unbemerkt nähern konnte. Sie schaute einigen Leuten zu, die gerade noch versuchten, ein Auto zu erhaschen, sie machten einfach Signale, ließen ihre Phones schnell Aufblitzen um so die Autofahrer, die noch Leute mitnehmen konnten, auf sich aufmerksam zu machen. Manche machten hektische Bewegungen und so sah alles etwas durcheinander aus, vor allem durch die Nachtsichtbrille, die alles noch verstärkte. Kira musste manchmal die Plugger rausnehmen, so stark blitzten die Leute mit den Phones.

Juko jubelte: „So müsste es gehen. Den Seriellen Port habe ich emuliert und eine Schnittstelle zum alten Netscape Browser habe ich auch umgeleitet. Mach mal dein Funkgerät startklar Kai!" Kai schob die Netzteile so hin, dass er dem Funkgerät etwas Strom geben konnten und so steckten sie diverse Stecker an die Geräte, manche provisorisch mit Klemmen und Isolierband verbunden. Kai hatte den Lötkolben schon wieder weggelegt mit dem er etliche Stecker drangelötet hatte. Der Geruch des Lötfettes im glitzernden Lötzinn schwebte im Raum.

Das Funkgerät rauschte und Juko drückte auf der Tastatur etliche Tasten und langsam baute sich ein Bild auf dem alten Browser auf. Es war wohl die staatliche Übersichtsseite des Notfallsystems auf der in roten Buchstaben eine Nachricht an die Bevölkerung stand: „Totalausfall des Ozean UnderNet. Massive Erdbewegungen führten zu einer Beschädigung des autarken Ökologie Systems. Die Energieversorgung wurde auf Notbetrieb gestellt. Wir bitten sie Ruhe zu bewahren und auf neue Meldungen zu warten." So wie vorausgesehen waren die Notsysteme auf die privaten Amateur-Funknetze gegangen mit denen zumindest teilweise ein Kontakt zur Bevölkerung hergestellt werden konnte. Viele aber wussten noch nicht was passiert war und warteten besorgt auf Information. Aber die Infos kamen nur spärlich an. Sue und Ken gingen nun auf die Terrasse und starrten in den Nachthimmel. Juko stöpselte sich jetzt auch ab und ging den beiden hinterher. Aufgeregt sagte er: „So das müsste jetzt erst mal so gehen. Die Zuständigen vom Notfallsystem senden alles Wichtige regelmäßig auf dem alten Internetprotokoll, welches ich zum Laufen gebracht habe, und so bekommen wir alles mit, was zu tun ist."

Es war schon spät geworden und so beschlossen die vier wieder in Sues Wohnung zu gehen, die Technik verstauten sie in einem alten Koffer, den sie im Besenraum fanden. Juko meinte: „Für den Monitor finde ich bestimmt einen Adapter in deiner riesigen Rumpelkiste, deinem Kleiderschrank, oder Sue." Sue grinste und schaute verlegen auf den Boden: „Ja hast ja recht, das wollte ich schon längst entsorgen aber nun weißt du ja warum man manches aufheben sollte!" Kai flachste - „wolltest wohl 'nen Laden aufmachen mit Secondhand Elektrik?" Sue ignorierte das einfach und sagte: „Beeilen wir uns, Kira ist seit Stunden allein da unten, kommt wir gehen. Macht aber die Türen leise zu, es könnte ja ein Nachbar hören."

Als sie nun wieder rausgeklettert waren, sahen sie schon Kira ankommen. Sie hatte die vier beobachtet, wie sie sich vorsichtig herabließen. Sue als erstes, sie konnte sich problemlos herunter schwingen. Ken kletterte hinterher und Kai machte einen Satz und war unten. Als letztes war Juko auf der Feuertreppe und Ken und Kai halfen ihm ein bisschen. Als sie dann alle unten waren ließen sie leise wieder die Feuertreppe nach oben. Kira fragte neugierig: „Habt ihr was erfahren?" „Ja" meinte Ken und sagte: „Das UnderNet ist ausgefallen, die Notsysteme gehen nur spärlich. So wie es aussieht wird das Netz wohl die nächste Zeit überhaupt nicht mehr gehen. Die Spezialisten werden wohl einige Zeit brauchen, es muss wohl etwas Dramatisches passiert sein. Sie berichteten von massiver Erdbewegungen im Bereich der Haupt Server Systeme im Ozean." Langsam gingen sie wieder auf die Straße.

Sie liefen nun die Smallstreet wieder hinauf und schauten den Leuten zu, die immer noch versuchten, ein Auto zu erwischen, um nach Hause zu kommen. Nach einem kurzen Fußmarsch, bei dem sie noch etliche Leute beobachteten, die in den Lokalen und Geschäften heftig über die Geschehnisse diskutierten, kamen sie dann wieder bei Sue an. Mit ihrer SaveCard öffnete sie die Türe und so gingen Ken, Juko, Kai und Kira erstmal in Sues Appartement. Nach diesen nervenaufreibenden Ereignissen konnte natürlich noch niemand schlafen. Sue zog ihrem Multifunktionstisch aus und so konnten sie sich alle gemeinsam an den Tisch sitzen. Sie stellte Getränke und Gläser auf den Tisch, kaum einer konnte glauben, dass das heute passiert war. Kira sagte: „Jetzt wissen wir also was passiert ist, aber ich mache mir Sorgen um meine Mutter, ich kann sie immer noch nicht erreichen." Kai meinte: „Ja das ist nun mal das Problem, die meisten Kommunikatoren laufen eben über diese UnderNET, ich hatte schon immer meine Zweifel, ob das gutgeht, wenn alle Dienste nur noch über dieses UP Protokoll gesendet werden. Ich war immer der Meinung, dass solche wichtigen Dienste wie die Kommunikatoren über ein autarkes Netz über Satellit laufen sollten, aber dies war ja für die meisten Regierungen zu teuer. Die wollten ja nur Kohle machen mit ihren wassergekühlten UnderNet Plänen, welche ja noch die Einnahmequellen mit dem Tourismus in Aussicht stellten. Na das haben wir jetzt davon. Morgen gehen wir mal in das Commando Control Center und schauen uns da mal um. Vielleicht gibt es ja da was Neues. " Kira schaute bestätigend und nickte nur kurz, war aber fest entschlossen alles daran zu setzten mit ihrer Mutter Kontakt aufzunehmen. Juko versuchte zu beruhigen: „Vielleicht kann ich ja mich mal umschauen, wenn das Notsystem läuft, ob man da eine Nachricht über ein Zwischenprotokoll umleiten kann und so vielleicht Kontakt zu einem Kommunikator bekommt." Kira war natürlich begeistert von der Idee, weil sie sich doch schon Gedanken um ihre Mutter machte. So waren sie jetzt aber ganz schön erschöpft vom langen Tag und einer nach dem anderen verabschiedete sich ins Gästezimmer von Sue, wo sie die Schlafcouch schnell noch umgebaut hatten und so blieben am Ende nur noch Ken und Sue am runden Tisch sitzen. Sue meinte: „Bis du schon müde Ken." Sie sagte ja selten seinen Namen, weil sie sich in der Firma ja als Agents ansprachen und Ken fand das viel vertrauter als sonst. „Mir tut mein Nacken doch noch etwas weh, kannst du mal schauen?" Er schaute kurz auf und ihre Blicke trafen sich. Jetzt erst bemerkte er welch wunderschönes grün ihre Augen hatten, dass eine etwas ins bläuliche, er schaute ein wenig länger wie sonst und ging dann hinter sie. Sie fasste sich an den Nacken und deutete auf die Stelle. „Schau mal da." Sie fasste sich an die Stelle, man konnte sie genau sehen und er fuhr mit dem Finger leicht darüber. „Schaut in Ordnung aus." sagte er und streifte leicht ihren Nacken. „Und wie ist die Narbe?" „Ganz klein, echt kaum zu sehen, du kannst dir ja ‚nen Mini-Schmetterling draufmachen." flachste er. Sie hatte ja schon etliche Laser- Tattoos drauf. Gerade die Implantate wurden gerne mit Laser-Tattoos überdeckt, seit die Useragents eingesetzt wurden. Viele hatten ja auch mehrere Implantate und so war es üblich die Implants gleich mit Laser-Tattoos beim Einsetzen zu verzieren. Aber das ging natürlich beim MediKit nicht, dazu musste man auf die Medistation im CCC. Sue war froh, dass ihre Schönheit nicht zu sehr litt unter ihrer Arbeit und sie war jetzt fest entschlossen, sich morgen darum zu kümmern. „Ach Ken du bist ein Schatz, hilfst du mir morgen dabei?" Ken säuselte: „Na für so ein schönes Wesen würd' ich doch alles machen" Sue wurde rot und grinste verlegen. Ihre Blicke trafen sich und beide merkten ihre Zuneigung füreinander. Ken nahm ihre Hand und drückte sie leicht. Sue zog ihn sanft auf das ausgeklappte Schlafsofa und beide legten sich eng aneinander und da Sue wohl etwas zu viel getrunken hatte, fielen ihr erschöpft die Augen zu. Ken lächelte und streichelte zärtlich ihre Wangen. Sie lächelte und so fanden sie alle ihre Ruhe nach diesem außergewöhnlichen Tag, der wohl die Zukunft ins Wanken brachte.

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