(10) Colpo di Stato

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Das Plätschern von Wasser da, ein spitzes Quicken, vielleicht von einer Ratte hier, leises Ein-und Ausatmen und das dumpfe Geräusch ihrer Schritte, das gespenstisch in den dunklen Gängen wiederhallte. Der modrige Geruch von Verfaultem, der sich mit der Nässe mischte und so allgegenwertig war. Einem unangenehm in die Nase kroch. Die feuchtkalten Wände unter den Händen, während man sich ins Ungewisse vorantastete. Und die Dunkelheit, die sie sich wie eine dicke undurchdringbare Decke über alles legte.
Sofia wünschte sich im Moment nichts sehnlicher, als endlich wieder hier rauszukommen, dabei waren noch keine drei Minuten vergangen, die sie sich halbblind in den unterirdischen Gängen ihren Weg bannte. Die Lampe hätte sie auch oben lassen können, hier unten würde sie selbst mit fünf von denen ihre eigene Hand vor Augen nicht erkennen.

Ihre Fingerspitzen fuhren die Steinwände ab, auf der Suche nach einer Unebenheit, einer Wölbung, einem Schild. Irgendetwas, dass herausstach. 
Tatsächlich dauerte es nicht mehr lange, bis ihre Haut auf etwas anderes als Stein traf. Vorsichtig tastete sie es zuerst mit einer Hand ab, bevor sie die zweite zur Hilfe nahm. 
Es war ein Streifen aus Holz, an dessen linkem Ende ein zweiter Holzstreifen senkrecht nach unten zeigend befestigt war. Wie ein R. Also musste sie sich rechts halten. 
Langsam taststete Sofia sich weiter vor, immer darauf bedacht an keinem der Hinweise versehentlich vorbeizulaufen. 
So ging es ungefähr eine halbe Stunde, bis sich ihr etwas in den Weg stellte. Wieder ließ sie ihre Hände ihre Augen spielen. Es war eine große Holzplatte, an der ein metallener Griff befestigt war – eine Tür. 
Mit der linken Hand klopfte sie drei Mal, dann mit der rechten vier Mal und schlussendlich wieder mit der linken Hand genau 19 Mal. Nicht mehr und nicht weniger. 
Keine drei Sekunden später öffnete sich die Tür und Sofia musste erstmal die Augen zusammenkneifen, denn genau vor ihrem Kopf – keinen Zentimeter Abstand – befand sich eine grellleuchtende Lampe. 
„Oh, entschuldige Sofia, ich wusste nicht, dass du es bist!“ 
So schnell wie es gekommen war, verschwand das Licht auch wieder, doch tanzten nun schwarzweiße Flecken vor ihren Augen umher. Fest kniff sie diese zu, nur um sie keine drei Sekunden später blinzelnd zu öffnen, bis sie wieder her über ihr Blickfeld war. 
„Geht es?“, erklang erneuert die Stimme von eben.
„Ja Julius, aber habe ich dir nicht schon dreitausend Mal deutlich erklärt, dass du mir deine Lampe nicht andauernd vor das Gesicht halten sollst, dann würde das nicht immer passieren.“, kam prompt die Antwort von Sofia, wobei sie sehr darauf achtete, dass der gereizte Unterton auch für den stattlichen 1,80 Meter großen Idioten vor ihr mit Leichtigkeit herauszuhören wäre. Allerdings waren ihre Bemühungen wohl umsonst, denn Julius lächelte sie wie üblich nur weiter dümmlich an, was sie durch den ausgeleuchteten Gang, indem sich die beiden befanden, deutlich erkennen konnte. Seine nächste Aussage machte es auch nicht besser: „Ich muss ja sehen können, wer hier rein will, nicht dass es irgendein Feind oder so ist, deswegen die Lampe. Außerdem blende ich normalerweise auch niemanden damit, du bist halt einfach ein Zwerg. Das ist das Problem. Da, wo bei dir der Kopf ist, ist bei anderen die Brust.“
Tief ein – und ausatmen. Sofia versuchte ruhig zu bleiben, auch wenn ihr das in der jetzigen Situation gar nicht so leicht viel. 
„Es ist mir relativ egal, ob die anderen geblendet werden oder nicht geblendet werden von diesem Teufel einer Lampe, mir geht es hier nur um meine Fähigkeit, etwas sehen zu können, an der ich, nur so nebenbei erwähnt, unglaublich stark hänge und sie wirklich ungern verliere möchte. Also lass die Lampe einfach unten!“ 
„Oder-“, dieses Wort brachte Sofia endgültig zum überkochen. 
„Nein! Kein Wenn und Aber und erst recht nicht kein Oder! Diese verdammte Lampe wird nicht mehr auf meine Kopfhöhe gehalten und Basta! Und wenn das auch nur noch ein einziges Mal passieren sollte, nehme ich dieses Teil und halte es dir solange direkt vor die Augen, bis das einzige, was du noch zu sehen bekommst, die Dunkelheit ist. Haben wir uns verstanden!“
Sofia schrie schon fast die gesamte Kanalisation zusammen, so wütend war sie, selbst die Ratten bekamen es nun mit der Angst zu tun und machten quiekend auf dem Absatz kehrt. Nur Julius schien den Ernst der Lage noch nicht recht begriffen zu haben, denn nach wie vor schaute er die junge Frau nur dämlich grinsend an. Er war wirklich eine typische Blondine.
„Ach Sofia, man unterbricht andere nicht einfach mitten im Satz. Das ist sehr unhöflich. Haben deine Eltern dir das etwa nicht beigebracht?“
Bei diesen Worten lief es Sofia eiskalt den Rücken runter. Bildlich hatte sie die Szene vor sich, es fühlte sich fast so an, als wäre es gestern gewesen. 

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⏰ Last updated: Oct 12, 2019 ⏰

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Diamante di Luce [Arcana Famiglia]Where stories live. Discover now