Verliebt

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„Und mh...hast du dich mit Kai wieder vertragen?“, wollte Sehun zögerlich wissen und kratzte sich verlegen hinterm Ohr. 
 Ich war überrascht, dass er sich aufgerafft hatte mich tatsächlich zu fragen, denn bislang hatte der jüngere niemals auch nur ein Wort über die Beziehung seines Halbbruder zu mir, verloren, gar Interesse gezeigt. „Nicht wirklich“, gestand ich ihm daraufhin. „Wir haben nicht gesprochen und ich glaube er weicht mir absichtlich aus.“ 
 Sehun legte den Kopf schräg. „Was denkst du...woran liegt das?“ 
 „Ich habe keine Ahnung“, murmelte ich mit düsterer Miene und der Blonde schien den Wink sofort zu verstehen und ließ von dem Thema ab.  
 „Da wir beide Zeit haben und die Sonne draußen scheint, vielleicht ein letztes Mal für dieses Jahr mit solcher Intensität, dachte ich mir...könnten wir vielleicht einen kleinen Ausflug machen?“ 
 „Wohin?“ 
 „Es ist ein Stück weit von hier entfernt, aber ein sehr schöner Ort, ich verspreche es dir.“ 
 Sehun hatte recht, ich hatte weder etwas zu tun, noch Lust einen weiteren Tag hinter den öden Palastmauern gefangen zu sein, daher war ich schnell einzuwilligen. „Gut und wie kommen wir dort hin?“
 „Komm mit.“ 
 Kurze Zeit später befanden Sehun und ich uns in den Palastställen und sattelten gerade zwei prächtige Stuten. Sehuns Pferd war schwarz hatte jedoch weiße Flecken im Gesicht die sich bis über den Hals erstreckten. Das Tier auf dem ich reiten würde, hatte dunkelbraunes Fell und ich strich ihm liebevoll mit der Handfläche über den breiten Rücken. 
 Nachdem wir beide Pferde gesattelt hatten, schwangen wir uns auf die Reittiere und im Galopp ritt Sehun vor mir her um den Weg anzugeben. Als wir uns den Palastmauern näherten, zog ich rasch die Kapuze meines dunkelblauen Gewandes über den Kopf um meine Haare zu verstecken und das Gesicht in Schatten zu tauchen. Was Sehun und ich hier taten, war natürlich nicht ganz legal, immerhin war es mir nicht gestattet, dass Grundstück ohne mindestens drei Wachen zu verlassen, doch ich war diesen erdrückenden Regeln längst überdrüssig geworden und ich war mir sicher, dass solange ich mein Gesicht und mein Haar versteckt hielt, niemand auf die Idee kommen würde, ich sei adligen Blutes. 
 Die Wachen grüßten Sehun mit einem bescheidenen Kopfnicken und ohne mich wirklich eines Blickes zu würdigen, wurden die Tore des Hinterausgangs geöffnet, ehe Sehun und ich auf unseren Pferden hindurch schritten. Als der Palast hinter uns immer kleiner wurde und der Waldweg auf dem wir uns befanden, immer breiter, gesellte ich mich mit meinem Pferd an Sehuns Seite. 
 Ich hatte vermisst mich außerhalb der Palastmauern aufzufinden, fast genau so sehr hatte ich das Gefühl des Windes in meinem Haar vermisst, der Duft nach Wald und Laub der so viel echter war, als der ständig süßliche Duft im Garten des Palastes, geprägt von den vielen Blumen die dort blühten. Ich seufzte glücklich und schloss kurz die Augen, vertraute einzig dem Reittier unter mir, dessen Zügel ich locker zwischen den Fingern hielt. 
 Als ich die Augen öffnete, erwischte ich Sehun dabei wie er mich beobachtet hatte und warf ihm ein schiefes Grinsen zu. „Was ist?“ 
 „Nichts“, erwiderte er schnell und stolperte über das einfache Wort und die Luft in seinen Lungen. 
 Ich lachte als er rot anlief. „Was? Komm schon, sag es mir.“ 
 „Du...Du passt in dieses Bild, in diese Umgebung. Es gefällt dir hier, das freut mich.“ 
 „Stimmt“, bestätigte ich und nun war ich es dessen Wangen sich verräterisch rot verfärbten. Das Glücksgefühl in meiner Brust erweckte Schmetterlinge zum Leben, die dort eigentlich nicht hätten sein sollen.
 „Wir sind gleich da“, informierte mich Sehun und ich war froh über die Unterbrechung meiner Gedanken. „Wie wäre es mit einem kurzen Wettrennen?“ Das schelmische Grinsen auf seinen Lippen war ansteckend. 
 „Gut warum nicht.“ 
 „Siehst du die zwei Bäume die um einander verschlungen sind?“ Er deutete gerade aus. Am Ende des Weges, umsäumt von Bäumen und Büschen, befand sich in der Ferne tatsächlich ein großer und etwas kleinerer Baum. Während der große Baum, stark und aufrecht zum Himmel empor wuchs, schlang sich ein kleiner Baumstamm um den ersten Baum herum. Als hätte der kleine Baum sich in seiner Not auch ein paar Sonnenstrahlen abzubekommen, um den anderen Baum gewunden. Es sah aus wie eine Umarmung und mit dem Hintergedanken dass der kleine Baum sich verbog  um zu überleben, hatte das gesamte Szenarium etwas tragisches, gar herzzerreißendes. 
 „Ja“, brachte ich hervor und musste mich räuspern. 
 „Das ist das Ziel“, informierte Sehun und bedachte mich dann mit einem gespielt besorgten Gesicht. „Passt nur darauf auf Euch nicht zu verletzen Eure Hoheit, ein Pferd ist ein wildes Reittier, ganz anders als ein gepolsterter Thronsessel.“ 
 Ich verdrehte die Augen. „Sagt jemand der seine Freizeit unter einem Bücherberg verbringt, Wort-Wörtlich gemeint.“ 
 Amüsiertes Feuer brach in Sehuns Augen aus und ich nahm die Herausforderung nur zu gerne an. „Na dann, bereit Eure königliche Hoheit?“
 „darauf kannst du Gift nehmen Zauberlehrling!“ 
 Und als Sehun von drei hinunter zählte, lehnte ich mich leicht nach vorne, griff fester nach den Zügeln des Pferdes und gab ihnen einen leichten Aufschwung, so dass das Pferd mit einem Ruck los spurtete.
 Sehuns Pferd war im Start etwas schneller als das meine, aber in der Mitte des Weges, hatte ich ihn schließlich eingeholt. Mein helles Lachen wurde vom Wind davon getragen und meine Kapuze war auf meinen Rücken gefallen. Mein Haar wurde aufgewirbelt und Adrenalin flutete meine starren Gelenke. Ich war ausgelassen wie schon lange nicht mehr und echter Spaß brannte in meinen Adern. Kurz vorm Ziel schlug ich die Zügel noch einmal auf und das Pferd rannte noch ein wenig schneller. Die zwei Bäume kamen immer näher und näher und schließlich zog ich die Zügel an, bis das Tier zum Stehen kam. 
 Ich lachte noch immer als ich vom Pferd abstieg und mich ins Gras fallen ließ. Sehun war eine Sekunde später neben mir, auch er lachend und belebt vom frischen Wind und berauschenden Adrenalin. 
 Als unsere Stimmen bald leiser wurden und wir schwer nach Luft rangen, stützte sich Sehun auf einen Ellenbogen ab und beugte sich über mich um mir ins Gesicht blicken zu können. 
 „Knapp verloren würde ich behaupten.“ 
 Ich musste meine Niederlage zwar ungern eingestehen, aber  ich tat es dennoch mit einem Grinsen auf den Lippen. „Gute Arbeit Herr Zauberlehrling.“ Und auch der Jüngere musste wieder losprusten, die Augen dabei zu Halbmoden geformt, während ihm vereinzelt Strähnen in der feuchten Stirn klebten. Es war zwar nicht wirklich warm, aber auch ich spürte Hitze in meinem Körper aufwallen. Geistesabwesend bemerkte ich nicht wie meine Hand sich verselbstständigte und die blonden Strähnen von dem Gesicht über mir, zur Seite strich. 
 Sehun allerdings schien die kleine Geste sehr wohl wahrzunehmen. Das Lachen erstarb auf seinen Lippen, während sein Blick ernst, seine Gesichtszüge gleichzeitig jedoch weich wurden. Ich folgte der Bewegung meiner Hand, die sich selbstständig Sehuns Wange hinunter bahnte, ehe sie seinen Kiefer hinunterfuhr, sein Hals und seinen Schlüsselbeinknochen entlang strich und dann auf seiner Brust halt machte. 
 Als meine Augen ihren Weg zurücksetzten und erneut Sehuns Gesicht fanden, war dieser plötzlich sehr nahe, so dass sein warmer Atem mein Gesicht kitzelte. Der Jüngere zögerte keinen Moment länger, nachdem unsere Augen sich trafen. Er überbrückte, auch die letzten Zentimeter die uns voneinander trennten und legte seine warme Lippen auf meine eigenen. Der Kuss war um einiges besser als der, von Magie besudelte, erste, den wir geteilt hatten und meine Arme fanden automatisch Halt um Sehuns Nacken um den Jüngeren noch etwas näher zu mir zu drücken. 
 Ich konnte mir ein Seufzen in den Kuss nicht verkneifen und langsam glitt Sehuns Zunge in unbekanntes Terrain, wo sie sich meinem eigenen Muskel konfrontiert sah. 
 Als Sehun schließlich den Kopf hob, zuckte ich heftig zusammen - Realität war über mich eingebrochen, wie eine gewaltige Schneelawine. Kalter Schnee der sich über mich ergoss, meine Glieder versteiften und mein Herz erfror. 
 Ein schreckliches Schluchzen entfloh meiner Kehle und ich presste meine Fäuste gegen die Augen, so dass Sehun meine Tränen nicht sehen musste. 
 „Luhan“, flüsterte der Blonde und es machte alles nur noch schlimmer. 
 Ich glaubte nicht daran, dass das Herz eines Menschen dazu fähig war, zwei Menschen auf die gleiche, romantische Art zu lieben, daher konnte ich mir mein jetziges Herzklopfen nicht erklären. Ich liebte Kai. Gott, mein Verstand schrie mir förmlich zu wie sehr ich den anderen doch liebte und doch...hier lag ich, mit warmen Gefühlen und wild pochendem Herzen. Und eigenartigerweise war mir im Klaren dass es nicht für Kai schlug. Und dieses wissen schmerzte mehr als jeder Dolchstoß. 
 „Sieh...Sieh es einfach als meinen Gewinn an“, flüsterte Sehun und strich über meine feuchten Wangen. Aufgrund der geballten Fäuste vor meinen Augen konnte ich sein Gesicht nicht sehen, aber ehrlich gesagt war ich sehr froh darüber. Ich wollte nicht wissen was er von mir hielt. Ich selbst hatte den Glauben an etwas Gutes in mir mit diesem Verrat an Kai verloren. Wie konnte ich nur? Was zum Teufel war bloß in mich gefahren? „Du weißt doch, ich habe das Rennen gewonnen, also...habe ich eine Belohnung verdient und du eine Strafe.“, fügte Sehun hinzu und es klang als würde er sich große Mühe geben einen unbeschwerten Ton beizubehalten. „Ein Kuss des werdenden Königs ist somit eine rein praktische Tat, nichts weiter. Keine Sorgen, in Ordnung? Es ist alles okay.“ Ich antwortete nicht, denn nein, es war nicht alles okay. „Bitte Luhan...Sieh mich an, ja? Bitte ich...ich wollte dich nicht...also, ich, es tut mir Leid, alles, und...“ Sehuns Stimme wurde immer höher und schneller. Er wurde merklich immer nervöser, immer verzweifelter. 
 Schließlich wischte ich mir mit den Fäusten über die Wangen, wo meine Haut noch immer prickelte, weil Sehun mich genau an dieser Stelle gerade noch berührt hatte. „Wie du gesagt hast, es war ein Rennen, ein blödes Spiel mit einem unsinnigen Wetteinsatz“, beschloss ich ihm zuzustimmen und der andere seufzte leise. 
 „Gut.“ 
 „Großartig.“ 
 Und wir beide logen.


„Lay! Na endlich, ich suche dich schon seit einer Ewigkeit“, beschwerte ich mich mit einem Schmollen auf den Lippen. 
 Der andere sah von dem Buch auf, das er geöffnet in einem Arm hielt, während drei weitere falsch herum in der Luft hingen. „Oh hey Prinz Lulu und hi Sehunnie“, grüßte er uns beide und wandte sich dann einem seiner Bücher in der Luft zu. 
 Ich runzelte verwirrt die Stirn. „Mhh, möchtest du vielleicht mit und beiden ausreiten? Oder Schachspielen?“ 
 Lay schüttelte den Kopf. „Tut mir Leid Kinder, ich hab keine Zeit zum Spielen.“ 
 „Und was machst du da? Also, außer in einem Buch zu lesen, das zudem verkehrt herum ist? Ah nicht zu vergessen der Titel des Buches: Wie man dem Wahnsinn vorbeugen kann. Scheint als käme die Lektüre ein wenig zu spät“, spaßte Sehun und Lay schenkte seinem besten Freund ein anerkennendes Lächeln. Der Witz hatte ihm offensichtlich gefallen. 
 Dennoch schüttelte der Magier den Kopf. „Ein Bekannter von mir hat den Verstand verloren und ich muss ihm nun helfen, besagten Verstand irgendwie wiederzufinden.“ Er deutete auf das andere Buch das in der Luft schwebte. Wie man findet was man verlegt hat. Zehn hilfreiche Tipps, lautete der Titel dieses Buches und ich schüttelte den Kopf. 
 „Du, Lay ich glaube nicht, dass das Buch dir wirklich helfen kann. Das mit dem Verstand verlieren ist nur so eine Redewendung weißt du, man kann ihn nicht einfach verlieren und dann wiederfinden wie einen verlegten Hut oder ähnliches.“ 
 „Luhan hat recht und bitte erkläre mir mal was überhaupt das dritte Buch in der Luft mit der ganzen Sache zu tun hat.“ 
 „Du meinst Wie Einhörner ihr Fell am liebsten gebürstet haben?“, fragte Lay und allein der Buchtitel ließ Sehuns Wangen rot aufleuchten. Und so jemanden nannte er Freund, gar Familie. „Ich dachte es wäre eine gute Abwechslung für Zwischendurch“, meinte Lay achselzuckend und Sehun murmelte unverständliches Zeug vor sicher her. Ich glaubte gehört zu haben, dass er sich über das Wohlbefinden besagten Autors sorgte und dessen psychische Gesundheit in Frage stellte. Doch dann wiederum, irgendwas mussten eigenartige Wesen wie Lay ja lesen. 
 „Und du willst deine...wichtigen Nachforschungen echt nicht für eine Weile unterbrechen?“, hakte ich nach und meine Schultern sackten hinunter, als Lay den Kopf schüttelte. 
 „Ich hab Befehle von ganz, ganz oben. Ich befürchte man verspeist mich zum Abendessen, wenn ich diese Sache nicht bald wieder gerade rücke.“ 
 „Von welchem Bekannten ist hier überhaupt die Rede?“ Sehun legte den Kopf schief und er sah aus wie ein kleines, verwirrtes Kind. Meine Hand zuckte neben meinem Körper verräterisch und ich musste sie hinter meinem Rücken verstecken, so dass sie nicht nach Sehuns blondem Haar griff um sanft darüber zu streichen.
 „Du würdest ihn nicht kennen, selbst wenn ich dir seinen Namen verriete.“ 
 „Aber...aber ich kenne jeden deiner Verwandten!“, schmollte Sehun und verschränkte die Arme vor der Brust. Meine Hand zuckte wieder gefährlich. 
 „Stimmt schon, aber dieser Bekannte ist nun einmal niemand bekanntes für dich, okay?“
 „Lay“, stöhnte der Jüngste entnervt auf. „Ich will doch nur seinen Namen erfahren.“ 
 „Nope, den verrate ich nicht.“ 
 „Laaaay“ Sehun hatte den Namen des Magiers mit einem weinerlichen Ton in der Stimme lang gezogen und er hörte erst auf, als er spürte wie etwas sein blondes Haar streifte. Mein Verstand hatte letztlich den stummen Konflikt mit meiner Hand verloren und diese fand sich nun umringt von weichem Haar wieder. 
 „Lass gut sein, Lay wird schon seine Gründe haben“, sagte ich sanft und lächelte zuversichtlich zu dem anderen hoch.
 Sehun war still geworden und seine Augen ruhten auf mir als würde es Lay gar nicht geben, als würde es alles um uns herum gar nicht geben. Mit roten Wangen ließ ich meine Hand sinken und die Welt begann sich weiterzudrehen. 
 Der Blick den der Magier uns schenkte, triefte förmlich vor unausgesprochenen Fragen, er wanderte zwischen seinem Freund und mir hin und her und die Gewissheit in seinen Augen bereitete mir Gänsehaut. 
 „Seid vorsichtig“, flüsterte der Magier plötzlich und seine Stimme war so tief und leise wie noch nie zuvor. „Ihr wisst nicht was für Fäden hier gezogen werden, welche Marionetten tanzen und welche von ihren Lebensfäden getrennt wurden. Seid bitte, verdammt vorsichtig.“ Der Raum war plötzlich abgekühlt, der Ernst in Lays Stimme machte mir angst, obwohl ich dies niemals laut zugegeben hätte. 
 „Wer...“, begann Sehun, doch urplötzlich wurden die Flügeltüren der Bibliothek aufgedrückt und wir drei zuckten zusammen. Selbst die Bücher die Lay in der Luft balanciert hatte, fielen mit einem dumpfen Aufprall zu Boden, als der Magier seine Konzentration im Schreck unterbrochen hatte. 
 „Luhan, da ist jemand der...“ Der plötzliche Besucher hielt inne als er das Szenario aufnahm. Kais Blick wanderte von mir zu Lay und schließlich zu seinem jüngeren Halbbruder. Dunkle Gefühle erwachten in seinen Augen zum Leben. Ich sah Wut und Rage in ihnen Brodeln und ein kalter Schauer lief meinen Rücken hinunter. 
 „Kai, was machst du hier?“, wollte ich wissen und versuchte nicht all zu verängstigt zu klingen. 
 „Die Frage lautet wohl eher was machst du hier Luhan?“
 Ich runzelte die Stirn, hoffte damit einen möglichst unschuldigen Eindruck zu erwecken, ungeachtet das meine Hände leicht zitterten. „Ich bin in der Bibliothek, wie so oft.“, antwortete ich ausweichend.
 Kai atmete tief aus. „Du solltest darauf achten mit wem du dich dabei umgibst“, meinte Kai giftig und er schoss Sehun einen hasserfüllten Blick zu. Ich war völlig verwirrt, als das Gesehene in meinen Verstand sickerte. Kai hasste Sehun nicht, das hatte er mir selbst gesagt. Er war eifersüchtig auf den anderen, so viel stand fest, aber mittlerweile sollte er gar keinen Grund mehr dazu haben, er musste doch wissen, dass Sehuns Leben kein Ponyhof war und das er sich als anerkanntes Kind viel glücklicher schätzen konnte. 
 „Kai“, begann ich ohne recht zu wissen ob ich das Thema wirklich anschneiden sollte. 
 Mein Verlobter schüttelte den Kopf und durchquerte schnellen Schrittes den Raum. „Wir müssen gehen“, murmelte er, während er nach meinem Handgelenk griff und mich fester als nötig mit sich ziehen wollte. 
 „Du musst nicht so grob sein“, erwiderte Sehun und sowohl Kai als auch ich starrten verblüfft auf die weiße Hand die sich um Kais Handgelenk geschlossen hatte. 
 „Lass los“, knurrte Kai tief und mein Herz pulsierte mir in den Ohren. 
 Sehun sah seinen Bruder lange bloß an, die Herausforderung glitzerte in seinen Augen wie Diamantenstaub und der Jüngere schien fest entschlossen den dunkelhaarigen zu provozieren. 
 „Sehun, lass gut sein“, flüsterte ich, denn zu mehr fand ich mich nicht im Stande. Sehuns Augen wanderten von Kai zu mir und plötzlich wurde sein Blick weicher, seine Gesichtszüge entspannten sich und mit einem Seufzer löste er seinen Griff um Kais Handgelenk. Einzig die hellen Abdrücke seiner Finger blieben auf Kais gebräunter Haut zurück.
 „Gehen wir“, atmete Kai tief aus und seine Hand wanderte von meinem Handgelenk zu meiner Handfläche um unsere Finger miteinander zu verschränken. Schmerz huschte über Sehuns Gesicht und er wandte den Kopf ab. 
 „Prinz“, rief Lay aus bevor Kai und ich die Tür erreicht hatten. 
 Kai drehte sich nicht um, ging jedoch auch nicht weiter. „Ihre Aura ist dunkel. Sehr sogar. Und das hat nichts mit uns zu tun, lassen Sie ihren Hass nicht an den falschen Personen aus.“ Kai versteifte sich und drehte sich halb herum um Lay ins Gesicht sehen zu können.
 „Halt dich aus meinem Kopf heraus. Ihr Magier ekelt mich an“, zischte er und Lay senkte den Blick. 
 Damit trat Kai die Türe auf und lief hinaus. Seine Schritte hallten auf dem Flurkorridor nach und sein fester Griff verriet mir, dass er noch immer verdammt wütend war. Erst als Kais Schritte irgendwann langsamer wurden (und ich war dankbar dafür) wagte ich es eine Frage zu stellen. 
 „Was...was meinte Lay damit? Wieso bist du so wütend, was ist los mit dir?“ 
 Mit einem Ruck wandte sich Kai um und nagelte mich plötzlich an die Wand. „Wie lange geht das schon?“
 „W-was?“, stotterte ich verängstigt. 
 „Diese...Vertrautheit mit Sehun und dem Magier. Wie lange?“ 
 „Kai ich...“
 „Wie lange?“, rief Kai aus und ich hatte Angst er würde mich gleich schlagen. 
 „Wir sind befreundet.“, erklärte ich dann. „Wir haben uns in der Bibliothek kennengelernt, weil du immerzu zu beschäftigt für mich warst“, erklärte ich und Tränen begannen in meinem Augen zu brennen. „Was bildest du dir hier eigentlich ein? Wie kannst du es wagen einfach so großspurig in mein Leben zu platzen, obwohl du mich die letzten Wochen nicht einmal angesehen hast!“ Tränen rannten meine Wangen hinunter und meine Brust bebte. Wütend strich ich mir mit dem Unterarm über die Nässe auf meiner Wange. „Was denkst du eigentlich wer du bist?“, schluchzte ich verzweifelt. 
 Langsam trat Kai noch näher und umschloss meinen Körper mit seinen Armen. Ich wollte mich aus der Umarmung lösen und ihn weiter anschreien, doch sein vertrauter Duft schwirrte in meinem Kopf, ehe ich mich der liebevollen Geste einfach hingab. 
 „Ich...Ich liebe dich. Ich liebe dich wirklich. Wie konntest du mir einfach das Gegenteil vorwerfen?“, fragte ich als ich an den Abend des Maskenballs zurückdachte. „Ich will das  du mir vertraust, dass du mir sagst wenn dich irgendwas belastet oder wütend macht, denn das machen Liebende so“, schluchzte ich weiter und Kais Arme um mich herum wurden noch etwas kräftiger. 
 „Es tut mir Leid“, antwortete Kai dann und strich mir über den Rücken. „Es tut mir wirklich alles so Leid.“
 Und die Entschuldigung des anderen traf mich direkt im Herzen, denn war es nicht wohl eher ich der sich entschuldigen sollte? Ich, der gerade mit seinen Gefühlen zu kämpfen hatte, die gefährlich nahe waren, in zwei unterschiedliche Richtungen abzudriften. 

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