Tag 31

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Erschöpft stieg sie die Stufen.

Es war ein langer Tag gewesen.

Sie schloss die Tür zu ihrer Wohnung auf und machte sich sofort auf den Weg in ihr Schlafzimmer, wo sie sich auf ihr Bett fallen ließ.

Für einen Moment schloss sie ihre Augen und genoss die Stille.

Dann öffnete sie wieder ihre Augen und seufzte.

Sie vermisste ihn.

Sehr.

Mit etwas Kraft drehte sie sich zur Seite, um nach ihrer Tasche zu greifen.

Sie fischte unzählige Umschläge aus der Tasche und ging ihre Post durch.

Ihre Lippen formten sich zu einem Lächeln, als sie eine Postkarte erblickte.

Ein Bild von der Christusstatue in Rio de Janeiro.

Neugierig drehte sie die Postkarte um.

«Schöne Grüße aus Rio de Janeiro!

Dein heimlicher Verehrer»

➵ Tag 31

Heute habe ich mich entschieden, meine Wohnung aufzuräumen und zu putzen. Sie hat auch bitter nötig. Dann kann ich gleich Liams Sachen sammeln und in einer Kiste verstauen.

Mein Schlafzimmer ist als Erstes dran. Dazu ist es ein perfekter Zeitpunkt, meinen Kleiderschrank auszumisten.

Wie erwartet finde ich eine Menge Klamotten von Liam. Unwillig präge ich mir zum letzten Mal Liams Duft ein und verlange nach ihm.

Ruckartig schüttele ich den Kopf und schmeiße die Klamotten in Kiste Zwei. Kiste Eins beinhaltet Sachen, die Liam mir geschenkt hat. Diese Kiste werde ich behalten und Kiste Zwei bekommt eines Tages Liam.

Oder ich werfe diese Kiste weg.

Während im Hintergrund laute Musik spielt, verdränge ich die Gedanken an Liam.

Als ich einen alten Schuhkarton unter meinem Bett finde, wird mir kurz mulmig. Noch mehr Dinge für Kiste Eins. Ich hebe die Deckel und finde eine Menge Postkarten, die Liam mir über die Jahre geschickt hat. Sie sind aus Spanien, Italien, Brasilien, Südafrika, Mexiko, Japan, praktisch die ganze Welt ist in diesem Schuhkarton versammelt.

Die Rückseite der Postkarten bekommt keine Aufmerksamkeit, denn das wird mein gebrochenes Herz nicht ertragen.

Es ist spät am Abend, als ich mit allem fertig bin. Die Küche und das Badezimmer sind morgen dran. Schnell nehme ich eine Dusche und hole danach die Post.

Ein paar Rechnungen, Flyers und eine Postkarte.

Verwirrt runzele ich meine Stirn, da sie aus Frankreich stammt. Ich drehe sie um und erkenne sofort Liams saubere Handschrift.

«Ich vermisse dich.

Bis später,

dein heimlicher Verehrer»

Zudem wurde die Postkarte nicht abgestempelt.

Er wollte zu mir.

Doch er hat nicht geklingelt.

Eine Träne rollt über meine Wange.

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