Amber?

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Durch den Nebel kamen mehrere kleine Hütten zum Vorschein, die nicht gerade sehr bewohnbar schienen. An dem Häuschen rechts von mir war anscheinend die Tür aufgebrochen, also trat ich auf die Veranda und spähte vorsichtig durchs Fenster.

Ein kleines Wohnzimmer mit dreckigem Bett und leicht staubigem, beflecktem Tisch, das durch die fehlende Lampe und der anscheinend generell fehlenden Elektrizität sehr dunkel und unfortschrittlich aussah.

Ich fixierte meinen Blick genauer auf die Flecken des Tisches, da manche alt wirkten, aber andere waren offensichtlich frisch. Auf einmal entdeckte ich eine Gestalt direkt vor dem Fenster auf dem Boden, die mich mit einem blutigen Gesicht hilfesuchend anstarrte. Verrenkt robbte sie in Richtung Tür. Auf mich zu.

Wegen dieses Anblickes erschrak ich so sehr, dass ich nach hinten taumelte und über das Geländer der Veranda fiel. Durch meinen verrenkten Aufprall weitete sich die Wunde, die sich an meiner Hüfte befand, spürbar etwas. Das Gefühl reißender Haut war unerträglich. Ich sah vom Boden, dass sich die Hüttentür langsam öffnete, doch ich war zu diesem Zeitpunkt durch den Schock zu gelähmt, um aufzustehen und wegzulaufen.

Von Angst getrieben zog ich mich mit all meiner Kraft langsam eng an die Veranda. Ein Schleifen war zu hören. Dann ein Pochen. Es hörte sich so an, als würde etwas immer und immer wieder beim Benutzen der Treppe auf selbige klatschen. In der Situation ein schreckliches Geräusch. Ich kniff verängstigt die Augen zusammen und hielt den Atem an, denn ich erahnte Schlimmes.

Obwohl ich froh war, endlich wieder etwas lebendiges zu erblicken, wollte ich mich der Furcht vor diesem erschreckenden Anblick nicht noch einmal aussetzen, da mir immer noch der Schock, meine verrenkte, zugerichtete Mutter und meinen vollkommen zerfetzten Bruder sehen gemusst zu haben, heftig zusetzte. ich hoffte weiterhin unentdeckt zu bleiben. Doch dann hörte ich ein Winseln.

"Ava? Bitte. Hilf mir! Es tut so weh. Bring mich hier weg. Leute leben hier. Ich habe Angst!" Kannte ich diese Stimme nicht? Ja! Es war Amber! Ich öffnete meine Augen, doch meine Aussicht war keineswegs erbaulicher.

"Oh Gott, Amber! Bin ich froh, dass du noch lebst!", rief ich und nahm meine kleine Schwester sehnsüchtig in den Arm,"Was ist passiert?" Sie war verängstigt, mit Blut beschmiert. Ihr Bein war angerissen, anscheinend war es eingeklemmt gewesen. Der Knochen wahrscheinlich gebrochen. Vielleicht doppelt. Überall hatte sie Schrammen. Splitter. Tränen über Tränen. Wie ich.

"Ich glaube, mein Bein ist gebrochen...", weinte sie,"Was ist mit Mama nur passiert? Sie reagierte gar nicht mehr. Es war so fürchterlich... Und was ist mit Tommy? Hast du ihn gesehen?!" Die Tränen in ihren Augen nahmen enorm zu und ich konnte mich auch nicht mehr halten. Sie hatte viel zu viel mit ihren neun Jahren gesehen. Niemand verdiente es, etwas derartiges sehen oder gar miterleben zu müssen. Noch nichtmal mein Perverslingsvater. Egal wie alt oder kriminell man auch war.

"Tommy hat es nicht geschafft. Und auch Mum ist tot. Es tut mir so leid, aber wir hätten nichts tun können! Doch wir schaffen das!! Versprochen. Und wenn hier Leute leben wie du gesagt hast, helfen sie uns sicher irgendwie. Nur... wo sind hier die Bewohner? Und WIE können sie hier leben?", entgegnete ich. "Halt! Sei ruhig! Sie dürfen uns nicht hören."-"Wer darf uns nicht hören?"-"Die Bewohner. Sie sind krank. komisch. Madison, ich hab Angst!" Das war das erste Mal, dass sie mich bei meinem richtigen Namen nannte. Also war es ihr Ernst. Sie hatte eine scheiß Angst. Aber wieso? Wegen der Hilfe, die wir brauchten? Ich nahm an, dass sie sich einfach nicht traute, Hilfe bei absolut fremden Menschen zu suchen, aber wir hatten sie dringend nötig! Also antwortete ich: "Also bitte! Nur weil jemand einen anderen Lebensstil hat, ist er nicht gleich krank! weißt du eigentlich wie ernst unsere Lage ist? Wir haben keine Zeit für Schüchternheiten! Du brauchst dringend ärztliche Versorgung. Wir beide brauchen sie, ok? Wir suchen sie jetzt und dann wirst du sehen, dass es normale Leute sind, die uns bestimmt irgendwie helfen können."-" Bitte, Madison! Nicht!! Ich will nicht sterben!"-"Wirst du nicht! Glaub mir doch. Und ich genauso wenig. Versprochen. Aber die Wahrscheinlichkeit zu sterben ist um Längen größer, wenn wir die Bewohner hier nicht um Hilfe bitten."

Ich nahm Amber, die sich immer noch vergeblich versuchte zu weigern, vorsichtig wegen ihres Beines auf den Arm, was schwer dank meiner Hüftverletzung war. Egal! Wir brauchten unbedingt Hilfe!! Unter anderem die richtige Medizin, um Amber zu verarzten. Also ging ich mit meiner Schwester auf dem Arm zur nächsten Hütte, klopfte an und trat hinein.

CRASHEDWo Geschichten leben. Entdecke jetzt