Epilog

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Wir haben es geschafft! Ja, das 'Wir haben es geschafft!' hat über ein einfaches 'Es ist vorbei!' gesiegt. Was lange währt, wird endlich gut. Aber die eigentliche Frage ist: was ist in dieser kaputten Welt schon gut?

Auch einen Monat nach Kriegsende quellen die Zeitungen über von Danksagungen an die Kriegshelden, Ehrungen der toten Krieger, die die eigentlichen Helden in diesem ganzen Spiel waren, von Zukunftsplänen und von Spenden-Aufrufen.

Und dennoch ist so viel geschehen, das nicht mal am Rande erwähnt wird. Wie soll ich mich über das Kriegsende freuen, wie all die Leute, die tagtäglich die Gläser erheben und rufen: "Auf Harry Potter, den Retter der Zauberer-Gesellschaft und auf eine bessere Zukunft!"?

Nein, ich kann mich einfach nicht über ein 'Wir haben es geschafft!' freuen, wenn das 'wir' unvollständig ist. Ich kann nicht an Märchen glauben, wenn sie uns ein Happy End vorgaukeln, das schon im Keim erstickt wird, bevor es die Chance bekommt, Triebe zu werfen, zu wachsen und Früchte zu tragen. Denn selbst jetzt, wo jeder sagt, alles werde gut, frage ich mich immer noch, wo mein Happy End ist?

Und gleichzeitig plagt mich die Frage, ob ich zu viel für selbstverständlich halte? Oder, ob ich zu viel vom Schicksal abverlange und zu ungenügsam bin? Und dabei wollte ich doch nur, dass alles gut wird. Welche Naivität. Hat es jemals einen Krieg gegeben, bei dem alles gut ausgegangen ist? Lachhaft! 

Wie konnte ich nur glauben, dass alles gut werden wird?! Wie konnte ich bloß hoffen, dass alles gut werden könnte?! Während von Anfang an klar war, dass es neben Siegern auch Verlierer geben muss. Und, dass es nicht nur die Bösen trifft, die ganz plötzlich vom Blitz getroffen werden, weil Karma immer zurückschlägt. 

Stattdessen werde ich ins kalte Wasser geworfen, und zwar mit einer Erkenntnis, die eigentlich von Anfang an, tief in mir schlummerte, die ich jedoch verdrängte, weil ich noch auf Wunder hoffte, als längst jedem klar war, dass es keine Wunder mehr gibt. Zumindest nicht für jeden von uns. 

Ich kann Wunder nicht ganz ausschließen, da Draco tatsächlich überlebt hat, genau wie Lucius, den zwar der Prozess erwartet, aber er lebt! Und was noch viel unvorstellbarer ist, ist, dass Voldemort nun tot ist. Ja, er ist nichts weiter, als eine dunkle Erinnerung, ein schatten, aber nichts, das so schrecklich ist, dass man es nicht einmal beim Name nennen kann. Und das grenzt weit an ein Wunder.

Doch was bringt es, wenn für einen Mann so viele Menschen ihr Leben opfern mussten?! Was bringt es, wenn man versucht einen Krieg zu verhindern, ihn jedoch nur hinaus zögert und doch so viele Menschen sterben müssen?! Was bringt es, wenn man selbst um das Leben unzähliger Menschen kämpft, um all diese schließlich mit seinem Eigenen zu bezahlen?!

Was bringt der Welt ein toter Fred? Was?! Er ist fort, einfach gegangen und ich konnte ihn nicht beschützen. Ja, ich habe nicht einmal die Chance bekommen, mich vor ihn zu werfen! Ich habe nicht eine Sekunde an den Gedanken verschwendet, dass er einer von den Vielen sein könnte, die gehen müssen!

Und dafür schäme ich mich unglaublich. Es war einfach eine Selbstverständlichkeit, dass der Lebenswille dieses wundervollen Mannes ausreicht, ihn am Leben zu erhalten. So selbstverständlich, dass ich das Gegenstück dazu nicht mal in Betracht zog.

Ja, selbst vor dem richtigen Kriegsbeginn machte ich mir nur Sorgen um das Leben meines Sohnes und verschwendete keine Kraft an die Gedanken an andere Menschen, die den Ausgang des Krieges vielleicht nicht mehr miterleben würden.

Und das Traurige ist, dass Fred, mit diesem Gedanken, nicht nur aus meinem Kopf, sondern auch aus meinem Leben verschwand. Er besaß einen Teil meines Herzens, dass er mir in der kurzen Zeit unserer Zweisamkeit gestohlen, und danach nie wieder zurück gegeben hat. Aber für mehr blieb kein Platz und keine Zeit.

Die Nebel der ZukunftWhere stories live. Discover now