Ein kleines Stück Geborgenheit

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Salazar, es ist Freitag! Frei-tag! Ein Tag, an dem ich normalerweise in Ruhe meine Woche ausklingen lasse und keiner, an dem ich mich mit zwei, oder besser gesagt 'nur' noch einem pubertären Teenager herumschlagen muss, weil er mir unbeabsichtigt eine Süßigkeit untergejubelt hat, die von gestern auf heute mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt hat.

Und ja verdammt, er hat es verdient, jede, noch so kleine, Einzelheit zu erfahren. Er hat das Recht, zu wissen, welche Schmerzen er mir damit zugefügt hat, sei es drum, ob er davon wusste oder nicht. Aber diese Alpträume und die höllische Angst vor dem Morgen wünsche ich keinem, nicht mal diesem Weasley-Pack, das an dieser ganzen Misere schuld ist. Und dennoch war es eine Genugtuung für mich, zu sehen, wie meine Angst sich seiner bemächtigte, als ich Fred Weasley von meiner Vision erzählte.

Nun, er hat mir meine Fragen ebenfalls beantwortet, allen voran die zu diesem klebrigen Zeug, das sich schließlich als Verjüngungstrank herausstellte. Zugegeben, meine Drohung, ihn und seinen Bruder nach Askaban zu verfrachten kam nur halbherzig, dafür jedoch relativ überzeugend über meine Lippen. Aber was soll ich sagen, in jeder Frau steckt eine kleine Diva und so war es nur eine Frage der Zeit, bis dieser Teil von mir gänzlich zum Vorschein kommt. Ich hatte nicht vor, mein Aussehen zu verändern. Wieso auch, wo ich doch nie unzufrieden mit mir war und selbst wenn, gäbe es da ganz andere Problemchen, um die ich mich zuerst kümmern müsste.

Jedoch schlummert auch in jeder Frau ein Schwan, der darauf wartet, seine Flügel ausbreiten zu können. Und wenn das Schicksal der Meinung ist, mir eine Ganzkörper-Beautybehandlung verpassen zu müssen, dann sei es so. Meinetwegen, mir soll es recht sein. Also ließ ich das Thema auf sich beruhen und widmete mich lieber all meinen anderen Fragen, die der Rothaarige mehr oder weniger ruhig und gesittet beantwortete. 

Und schließlich begann er, mich mit Fragen zu löchern. Wonach mein Bonbon geschmeckt hat und welche Wirkung es auf mich hatte. Anfangs war ich zwar etwas verblüfft, dass er sich so dafür zu interessieren schien, obgleich er es doch entwickelt hat, aber einerseits konnte man meinen sorgenvollen Gesichtsausdruck einfach nicht missverstehen und andererseits weiß ich jetzt, dass die Wirkung dieser kleinen, teuflischen Zuckerstücke, zur Hölle mit ihnen, spezifisch ist. 

Also begann ich zu erzählen, dass meine rosa Süßigkeit nach Himbeere geschmeckt hat. Meiner Meinung nach war das die unspektakulärste Information von allen, aber anscheinend schien der junge Geschäftsführer anderer Meinung zu sein, denn seine Reaktion wirkte keineswegs so lässig, wie er sich gab. Nein, er fuhr sich mehrmals hastig mit der Zunge über die Lippen, ballte seine Hände, für den Bruchteil einer Sekunde, zu Fäusten, sodass die Fingerknöchel weiß hervortraten, und schloss dann für einen kurzen Moment die Augen, um einmal tief ein und aus zu atmen. Und das, obwohl, die ganze Zeit über so etwas, wie Wärme in seinen braunen Augen flackerte, beinahe schon eine Glut, die bereit war, zu entfachen. Doch diese Sinnestäuschung, sofern sie eine war, verschwand schon nach kurzer Zeit wieder.

Dennoch stellte ich keine Fragen. Keinesfalls, um ihn nicht in Verlegenheit zu bringen, nein, das hätte ich nur liebend gern gemacht, doch ich wollte mir die Last ersparen, die ich mit jedem Wort auf mich lud, und von der ich hoffte, sie würde von mir abfallen, wenn ich dieses Gespräch so schnell, wie möglich hinter mich brachte.

Also ignorierte ich seine Gefühlsregung und redete von der bitteren Bonbon-Füllung und der völligen Taubheit meines Körpers und meiner Sinne. Ich erzählte ihm von dem Horrorszenario, das mich bis heute, auf Schritt und Tritt, verfolgt, von der bösen Vorahnung, dass diese Vision die blanke, entsetzliche Zukunft und Realität sein könnte und von der übermächtigen Angst um meinen Sohn.

Wie ich gehofft hatte, bröckelte die Last, Stück für Stück, von mir ab. Doch damit verabschiedete sich auch das Adrenalin, das bis dahin durch meinen Körper jagte, allein wegen der Vorstellung, dieses Blutbad könnte tatsächlich eintreten. Während ich, noch vor zehn Minuten, die Endorphine in meinem Blut förmlich Blasen werfen spüren konnte, die sowohl den seelischen, als auch den körperlichen Schmerz, in Erinnerung an die Szene im Lagerraum, verdrängten, fehlte meinem Körper ab da die Kraft, mich auch nur selbstständig auf den Beinen zu halten.

Die Nebel der ZukunftOù les histoires vivent. Découvrez maintenant