Kapitel 3

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2006

Raf Pov.

Nachdem ich ein paar Jahre versucht hatte mir zuerst mit Reggae und anschließend mit französischem Rap einen Platz in die Wiener Rap Szene zu ergattern wurde mir deutlich gezeigt, dass es in der dort keine Zukunft für sowas gab. Also entschied ich mich wieder auf Deutsch zu Rappen und produzierte gemeinsam mit meinem Freund Emirez die "Skandal"-EP.

Viele Stunden verbrachten wir damit Sounds zu produzieren und unsere Heimat 1150 gut zu repräsentieren. Unser Leben auf der Straße. Wir versuchten unsere eigenen Erlebnisse in die Song einzubringen und möglichst authentisch zu wirken. Im Wiener Stadtpark trafen wir uns ebenfalls oft um Texte zu schreiben und heute war wieder so ein Tag. Emirez holte mich ab und gemeinsam liefen wir durch Wien. "Bruder irgendwann trinken wir auch unseren Espresso hier." meinte er während wir an einem schönen, teuren Café vorbei liefen. "Ja Bruder, irgendwann" antwortete ich. Als wir im Park ankamen setzten wir uns auf eine Bank und fingen an Skizzen zu schreiben. Nach einer Weile kamen ein paar Typen auf uns zu, fingen an herum zu pöbeln und spuckten uns anschließend vor die Füße. Unsere Blicke folgten ihnen ungläubig und Emirez brach die Stille "Mein Gott, keinen Respekt mehr in der Neuzeit für uns. Da fragt man sich was man noch hier will." Ich stimmte ihm zu und konzentrierte mich weiter auf meine Parts.

Die harte Arbeit zahlte sich leider nicht so aus wie erhofft, kaum jemand aus Wien schien uns zu sehen und unsere Konzerte waren überhaupt nicht gut besucht. Ich wurde unsicher ob die Musik der richtige Weg für mich sei. Oft dachte ich darüber nach aufzuhören und mein Geld mit Illegalen Dingern zu verdienen um meine Schwester und Mama zu unterstützen.

An einem Tag war ich zu Hause und wurde von einem Kollegen angerufen "Raf bist du morgen Abend dabei? Schnelle Nummer, du musst nur die Drogen verkaufen und das Geld entgegen nehmen. Einfache Sache. Machst du mit?" Ich war unsicher "Bruder ich weiß nicht, was wenn die Bullerei mich erwischt? Mit den Drogen.." plötzlich ging meine Zimmertür auf und Mama stand in der Tür. Sie sah mich total fassungslos an und mir wurde klar das sie jedes Wort gehört hatte. Ich legte auf und Mama fing an zu sprechen "Raphael wer war das am Telefon?" ich antwortete nicht. "Raphael warum möchtest du dir deine Zukunft zerstören? Wofür brauchst du das Geld? Denk an deine Freunde. Möchtest du wie sie dein ganzes Leben im Gefängnis sein? Sag mir bitte einfach warum mein Sohn, dann können wir einen anderen Weg für dich finden." Mama hatte mittlerweile Tränen in den Augen. Ich wusste nicht weiter. Anlügen würde Mama sofort bemerken also antwortete ich mit der Wahrheit "Ich will euch doch nur unterstützen. Du tust so viel für uns ich möchte dir bloß helfen. Meine Schwester soll einfach bessere Chancen haben als ich und wir haben nicht genug Geld um ihr das zu ermöglichen." Meine Mutter kam auf mich zu und legte ihre Hände an meine Wange. "Raphael mein Schatz, ich schaffe das. Es ist nicht deine Aufgabe dir über sowas Gedanken zu machen. Du musstest eh schon viel zu schnell erwachsen werden. Tu es nicht, hast du verstanden. Die Raguccis bleiben sauber hast du mich verstanden?" Sie sah mir streng in die Augen. Ich nickte "Ich verspreche dir das ich es nicht mache." Mama sah mich liebevoll an und antwortete "Versuch es doch nochmal mit der Musik, du warst so fokussiert und zielstrebig. Ich glaube an dein Talent mein Sohn." Mir wurde klar das Drogen verkaufen oder generell illegale Sachen machen mich nur kurzzeitig glücklich machen würden. Deshalb rief ich meinen Kollegen an und sagte "Hallo, ich bin raus. Bitte versuch mich nichtmehr zu überzeugen. Ich bleibe sauber." Ohne auf eine Antwort zu warten legte ich auf und sah zu Mama die immer noch in meinem Zimmer war. Ich sah sie ernst an und sagte "Ich verspreche es dir Mama, ich bleibe sauber." Daraufhin gab sie mir einen Kuss auf die Wange und ließ mich alleine.

Ab diesem Moment hielt ich mich davon fern Drogen zu verticken und investierte meine Zeit in die Musik. Ich machte meine eigenen Beats und fing an Texte zu schreiben. Tage und Nächte saß ich mit Emirez oder Joshi zusammen und machte Musik. Aber ich war unsicher ob es sinnvoll sei in Wien zu bleiben. Würde ich erfolgreich sein? Oder sollte ich Wien verlassen und in Deutschland angreifen, dort gab es damals wenigstens eine Szene für Deutschrap. Das würde aber bedeuten ich müsste meine Familie verlassen und alles auf eine Karte setzen. Deutschland war meine letzte Hoffnung.

Ein paar Wochen später war der Tag gekommen, an dem ich Wien verlassen würde. Ich hatte die letzte Zeit genutzt um durch legale Nebenjobs Geld für Berlin an zu sparen. Früh morgens packte ich meine Sachen in eine kleine Tasche und suchte alles zusammen. Ich ging durch die Wohnung, Mama war arbeiten. Ich nahm mir einen Zettel und Stift und schrieb: "Ich komme wieder. Sucht mich nicht. Ihr seid mein Leben. "Plötzlich legte sich eine Hand auf meinen Rücken. Ich zuckte zusammen drehte mich um und sah meine Schwester. "Ich wollte mich nur bei dir verabschieden"sagte sie und zog mich in eine Umarmung. "Pass auf dich auf bitte" fügte sie hinzu. Ich löste mich von ihr und versprach "Ich verspreche ich passe auf. Wenn ich genug Geld habe komme ich wieder. Sag Mama das sie sich keine Sorgen machen soll. Berlin ist musikalisch einfach im Moment die beste Endscheidung für mich. Ich muss Wien verlassen." Sie sah mich lächelnd an "Du findest einen Weg Raphael. Das hast du immer schon. Ich werde dich vermissen. Aber vergiss nicht das ich und auch Mama sehr Stolz auf dich sind, ja?" Ich nickte zog sie noch ein letztes Mal an mich. Danach nahm ich meine Tasche und verließ die Wohnung.

Als ich Wien verließ dachten viele ich hol nur kurz Kippen. Wie falsch sie damals damit lagen hätte ich selbst nie erwartet.

Zenit (Raf Camora Ff)Where stories live. Discover now