2 - Bibliothek, Joints und Zitrone

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Links Zig, mitte Pierce, rechts Jens

Mit einem Stöhnen werde ich wie jeden Morgen wieder von meinem Wecker geweckt. Der einzige Lichtblick, der mich aufstehen lässt: Es ist Freitag!

Mein Kopf brummt widerstrebend, als ich aufstehe und versuche mich zu erinnern, wie viel Uhr es war, als ich gestern Zuhause angekommen bin. Zuerst habe ich Leni mit dem Bus bis zu ihrer Haltestelle begleitet und dann musste ich noch zweimal umsteigen. Bloß blöd, dass ich die anschließende Straßenbahn verpasst habe und erstmal ne halbe Stunde an der Haltestelle in der Kälte warten musste. Ich spüre schon wie ich krank werde.

Ich kann nicht anders, als über Lena und Theo nachzudenken. Es ist schon ziemlich lange klar, dass sie was voneinander wollen. Und dann, als Theos Mum gestorben ist... Oh Mann, das ist jetzt schon fast sieben Monate her. Lena hat versucht irgendwie für ihn da zu sein, aber er hat sich nur noch ins Drogen-Party-Leben geschmissen. Das einzige Mal, dass er nicht sofort zugemacht hat, als ich mit ihm über seine Mum sprechen wollte, war als er stockbesoffen war. Er hat gesagt vielleicht ist er so um zu vergessen, dass er jetzt alleine ist.

Ich glaube, dass war das Traurigste was ich jemals gehört habe.

Natürlich hab ich seitdem oft genug versucht mit ihm zu reden, ihn zur Vernunft zu bringen, den Mist mit den Drogen sein zu lassen. Aber man kann niemandem helfen, der sich nicht helfen lässt. Jetzt wurde es gerade wieder enger zwischen Leni und Theo und dann so ein bescheuerter Zoff. So wie ich sie kenne ist für die nächsten paar Wochen wieder Stille, so ein Kindergarten.
Das ist natürlich scheiße, weil ich nur das Beste für die Beiden will und weiß, dass sie zusammen glücklich wären. Aber ein kleiner egoistischer böser Teil von mir hat Angst, dann selbst alleine zu sein. Ich habe schließlich nicht viele Freunde außer den Beiden. Und wenn sie zusammen kommen... naja und ich niemanden hab und auch gar nicht weiß was ich will, dann werde ich für immer das fünfte Rad am Wagen sein.

Ich gehe ins Bad und wasche meine Haare und frage mich, ob Theo heil nach Hause gekommen ist. Ich werde später mal anrufen und sehen wie es ihm geht. Aber ich werde ihn jetzt ganz bestimmt nicht aufwecken, er muss einen mega Kater haben und wenn ich zwischen einem wütenden Theo mit Kater und dem Bus wählen muss, dann weiß ich was ich nehme.

Ich steige in den Bus und bereue es jetzt schon, eine Strickjacke angezogen zu haben. Es ist noch früh und schon jetzt ist mir zu warm. Erst recht im Bus, wo sich die ganze Wärme anstaut. 

Ich setze mich neben eine alte Frau und grüße sie höflich. Sie lächelt und innerlich bin ich stolz, mal wieder eine alte Dame vom Hetzspruch "die Jugend von heute" abgebracht zu haben.

Ich setze meine Kopfhörer auf und mache die Musik an. Dann hole ich mein Notizbuch heraus und kritzele ein paar Zeilen, allerdings nichts wirklich Gutes, ich bin nicht bei der Sache. Und trotzdem: wie es so schön heißt, Musik an, Welt aus, verpasse ich fast meine Haltestelle.

In der Schule angekommen, kann ich Lena nirgendwo finden und nehme an, dass sie auch einen Kater hat und verschlafen hat. Die ersten beiden Stunden habe ich sowieso nicht mit ihr, also unterhalte ich mich stattdessen ein bisschen mit Luis, einem Jungen aus der Theater AG, den ich schon immer sehr nett fand.

Er erzählt mir ein bisschen was sie gerade machen und ich verspreche ihm zur Premiere zu kommen. Sie performen offenbar ein Musical, welches unsere Musiklehrerin selbst geschrieben hat. Irgendwas Modernes, da bin ich aber gespannt. Bis sie bühnenreif sind, braucht es allerdings noch ein paar Monate Arbeit. Wir reden über dies und das, bis der Geschichtsunterricht anfängt und mir fällt mal wieder auf, dass er wirklich nett und lustig ist. Vielleicht bin ich doch nicht so allein wenn meine beiden besten Freunde sich dann irgendwann mal zusammenreißen und zusammenkommen.

Wasting My Young YearsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt