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„Engelchen", flötete mir eine grauenvoll quitschige Stimme ins Ohr, die bedauerlicherweise meiner Großmutter gehörte.

„Granny ich will das nicht", murmelte ich in die Bettdecke, die den Duft von handgepflückten Lavendel im Raum verteilte.

„Aber, aber Schatzilein, du darfst doch nicht an dem erstem Tag zu spät kommen."

Genaugenommen war es auch nicht wirklich der erste Schultag, schließlich hatten wir schon Anfang November, und die Sonne ließ sich schon seit Wochen kaum noch blicken.

„Es würde mich auch niemand vermissen wenn ich heute nicht komme"

„Natürlich würde es das nicht, allerdings wäre es mir sehr wichtig wenn du hingehst"

Da hatte Granny wirklich einen wunden Punkt getroffen. Immer wenn sie mit dem „es wäre mir wirklich wichtig" ankam, konnte ich gar nicht mehr nein sagen.

Zum Teufel mit demjenigen, der den Satz erfunden hatte.

Langsam quälte ich mich aus dem Bett, und nahm die Klamotten entgegen, die Granny mir bereits entgegen hielt.

Etwas begann auf einmal laut zu surren, und meine Großmutter lief nach unten, "Ach die Klingel. Das ist unsere neue Klingel Bree."

"Gut zu wissen Grams", sagte ich leise vor mir hin, wohl wissend, dass sie es hören würde, die Frau hatte vermutlich sogar ein besseres Gehör als ich.

Wir waren erst vor einigen Wochen in dieses Kleinkaff in Alaska gezogen.

"Hast du auch alles eingepackt Bree?"

"Ja Grams. Alles in der Tasche, dessen Packliste wir bereits vorletzte Woche vier Mal durchgegangen sind", lachte ich, und verdrehte die Augen.

"Ach Engelchen, ich freue mich doch nur so. Endlich darfst du die Erfahrung einer Schule machen", sie seufzte entzückt auf.

Sie hatte mich Jahrelang zuhause unterrichtet.

"Und der Zeitplan?", fragte sie noch einmal nach, bevor sie mir Socken in die Hand drückte und warnend auf meine Füße sah. Normalerweise trug ich immer zwei ungleiche Socken, Granny hasste das.

"In meiner linken Hosentasche"

Grams war wirklich zuckersüß, und ich könnte mir nur allzu gut vorstellen, wie sie mich nachher von der Schule abholen würde, weil sie die Neugierde einfach nicht mehr aushielt.

Ich lächelte in mich hinein, und gab ihr den obligatorischen Abschiedskuss auf die Wange.

Den Weg waren Granny und ich bereits an unserem ersten Tag hier in Lightning Creek durchgegangen, und er führte durch ein Waldstück, dass sich direkt hinter dem Haus befand.

Hohe Fichten ragten in die Höhe, und nur ein schmaler Weg führte durch das dichte Stück.

Er war viel kleiner als der, im Kaff in Colorado, wo sich schließlich auch keine Schule weit und breit befanden hatte. Auch einer der Gründe für den Hausunterricht von Miss Natalya Trace, auch Granny, Grams, oder auch Grandma genannt.

Der Weg dauerte genauso lange wie vom Plan vorausgesagt.

Und hier stand ich nun, eigentlich auf dem Weg zum Sekretariat, mitgerissen im Strom von meinen bestimmt wundervoll netten Mitschülern, in die Sporthalle, und musste mit ansehen, wie eine Gruppe Footballspieler, oder so, in lächerlich grüner Kleidung, die wohl die Sportuniform mimen sollte, unter tosendem Applaus aller, außer mir selbstverständlich, und dem angefeuere von wild mit ihren Pompons herumfuchtelnden Cheerleadern, in die Mitte der Halle liefen.

Wie im Kommando seufzten alle Mädchen im Wahrscheinlichen Umkreis von, sagen wir 1,24 Meilen, auf.


Brianna | 2Where stories live. Discover now