Heute

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Heute ist es so weit. Ich würde heute verkauft, oder, wie mein Onkel meint, "verheiratet". Ich würde ab heute bei einem fremden Mann wohnen und mit ihm lebenslang zusammen sein. Ich habe den Mann noch nie gesehen und auch auf dem Verlobungsfest war er nicht erschienen, mein Onkel sagte, es wäre besser, mein Zukünftiger sähe mich erst zu unserer Hochzeit, damit er sich nicht doch noch gegen die Ehe entschied. Ob er mich schon gesehen hatte? Mein Onkel meint, er kennte mich von früher, aber wer könnte es wohl sein? Ich seufze und schaute mich im Spiegel an. Ich trug ein weißes, bodenlanges Kleid. Auch meine Mutter hatte es bei ihrer Hochzeit getragen. Eigentlich wollte ich das Kleid für meine gezwungene Hochzeit nicht tragen, aber mein Onkel war zu geizig mir ein neues Kleid zu kaufen, also musste ich das Kleid anziehen. Ob ich nun wollte, oder nicht.

Meine braunen rückenlangen Haare waren hochgesteckt und ich dezent geschminkt. Ein Schleier verhüllt mein Gesicht, doch trotzdem erkannte man mein blasses Gesicht gut. Ich hatte schon seit Tagen nichts gegessen, denn mein Onkel fand mich zu dick und hat mir das Essen verweigert.
Mein Körper war noch dünner als früher und man konnte mich wirklich mit einer Leiche vergleichen. Das Brautkleid war mir zu weit und auch meine Schuhe passen mir nicht wirklich. Ich wand mich weg vom Spiegel und setzte mich hin. Bald würde ich verheiratet sein und mein Onkel nie wiedersehen.

Ein Lächeln umspielte meine Lippen, als ich dran denke, dass ich meinen Onkel nicht wiedersehen würde, aber es verschwindet, als ich an meinen fremden Mann denke.
Ist er freundlich oder so wie mein Onkel oder vielleicht noch schlimmer als mein Onkel? Ich schüttele meinen Kopf und versuchte diese Gedanken loszuwerden. Nein, keiner kann so schlimm sein wie mein Onkel.

„Melena, es ist soweit", hörte ich eine bekannte Stimme und wendet mich zu ihr. Sarah, eine alte Freundin von mir. Ich war glücklich, als ich gehört hätte, dass auch sie heute kommen würde. Aber ich wusste auch von meinem Onkel, dass sie nichts von der Zwangshochzeit wusste, wie alle meine unbekannten Familienmitglieder, denn sie glauben ich würde diesen Fremden lieben und ich wollte diese Hochzeit. Ich nickte nur und stehe aus dem flauschigen Sessel auf.

„Du siehst so wunderschön aus und ich freue mich so für dich. Ich bin dir auch nicht mehr böse dass du mir nichts von deinem Verlobten erzählt hast", sagte Sarah und zwinkerte mich an, was ich mit einem aufgesetzten Lächeln erwidere. So gerne würde ich ihr alles erzählen, doch was mein Onkel dann mit Sarah anstellen würde, das wollte ich mir gar nicht vorstellen. Mit Sarah ging ich raus und entdeckte meinen verhassten Onkel vor der Tür. Er lächelte mich schelmisch an und ich blieb vor ihm stehen.

„Ich werde mal rein gehen", meinte Sarah und geht als meine Brautjungfrau als erste in die Kirche. „Ich hab nicht gedacht, dass du hübsch sein könntest", hörte ich ihn flüstern und spürte, wie er mich von oben bis unten mustert. Ich schaute ihn angewidert an und senkte mein Blick auf den Boden. „Ich bereue es schon dich zu verheiraten, aber nur ein wenig denn wenn diese Hochzeit vorbei ist, dann werde ich in Luxus leben und wunderschöne Frauen werden alles für mich tun. Wenn ich ehrlich bin, verstehe ich nicht, warum er dich unbedingt wollte und mir sogar eine sehr gute Summe für dich bezahlen wollte. Aber es ist mir auch egal denn er hat dich jetzt an der Backe und nicht mehr ich", sagte er. Ich würde ihn so gerne einen Zauberspruch auf den Hals hetzen, aber er hatte meinen Zauberstab in zwei Teile getrennt, sodass ich es nicht konnte. „So, hacke dich bei mir unter", befahl er mir. Ich zögerte einen Moment, doch nachdem ich seinen bösen Blick eingefangen hatte, hackte ich mich unter. Die doppeltflügelige Kirchentür öffnete sich wieder, mein Onkel setzte sich in Bewegung.

Der Abstand zum Altar wirkte auf mich auf einmal erschreckend kurz. Meinen Blick senkte ich nun wieder auf den Boden, ich wollte die Gesichter von meinen Freunden nicht anschauen. Als mein Onkel stehen bliebt und sich von mir löste, flüsterte er mir zu: „Schau gefällst nach oben, dumme Gans!"

Ich zuckte ein wenig zusammen, beruhigte mich aber schnell wieder und hob mein Blick. Mein Onkel schaute mich warnend an und ging dann zu seinem Platz. Ich wand mein Blick von ihm ab und schaute nach vorne, wo ein Priester stand und dieser begann zu reden. Ich hörte nicht zu, sondern starrte den Mann einfach nur an. Ich wollte meinen gleich -Ehemann keines Blickes würdigen. Ich konnte es einfach nicht. Die Angst war einfach zu groß, dass er so alt war, wie mein Onkel.

„Wollen sie, Melena Sophia Colemann, den Mann, der neben ihnen steht, heiraten dann sagen sie: „Ja, ich will", hörte ich den Priester sagen und schluckte. Kurz wanderte mein Blick zu meinem Onkel, der mich warnend anschaute und ich schloss meine Augen kurz.

„Ja, ich will", sagte ich und beendet mein früheres Leben somit. Jetzt war ich mit einem Mann verheiratet, den ich noch kein einziges Mal angesehen hatte. Ich sprühte eine Wut in mir aber auch Traurigkeit. „Wollen sie......."


ZwangsheiratWhere stories live. Discover now