1 - Ordnung

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Die ersten Kartons trug ich in mein Zimmer. Ich würde es vermissen... Vor allem mein kleines Fenster, worüber ich schnell auf's Dach rausspringen könnte und dann am Terrassendach runterkam. Die zusammengeklappten Pappkörper faltete ich richtig zusammen und setzte mich dann mit dem ersten neben mein Bett. Zuerst würde ich meine Kleidung einpacken. „Alisa ist oben, sie packt ihre Sachen zusammen. Sag ihr bitte, dass sie sich beeilen soll." Die Stimme von Cornelia hörte ich von der Terrasse und dann wie jemand wie wild durchs Haus rannte und die Treppen hoch trampelte.

„Ali! Warum hast du mich nicht heute Morgen gerufen?! Ich hätte dir helfen können und dann hätten wir noch Zeit gehabt!" Beschwerte sich die schwarzhaarige junge Frau. Ihr kurzes rotes Sommerkleid hing halb über ihre Schulter als sie in meinem Türrahmen stehen blieb und ihre geflochtenen Haare lagen über ihre andere Schulter. Ich stand auf um ihre Kleidung zu richten und sie zu umarmen. „Tut mir leid, ich wollte einfach noch ein bisschen hier bleiben und nur sitzen. Außerdem haben wir noch Zeit, wenn das fertig ist."

Mein Blick war traurig und ich wollte keinesfalls wegziehen, aber Cornelia und Janet, ihre Frau, müssen wegen Janets Job umziehen und ich kann nichts dagegen tun, solange ich nicht auf eigenen Beinen stehen kann. Die beiden waren auch immer liebevoll mit mir umgegangen, da sie immer Kinder, aber keine künstliche Befruchtung haben wollten, haben sie mich adoptiert.
Seit ich bei Ihnen lebe habe ich auch das Gefühl gehabt wirklich wieder ein zuhause zu haben, in dem nicht nur Waisenkinder sind und von Erwachsenen betreut werden.

„Dann fangen wir mal an, ich will dich noch aus diesem Loch holen und wo hingehen." Lee schon mich beiseite, schnappte sich einen Schwarzen Permanent Marker und fing an die Pappkartons zu beschriften. Auf den halb gefüllten mit Kleidung schrieb sie in schnörkeliger Schrift Sexy Sommer und ohne dass ich etwas dagegen unternehmen konnte beschriftete sie alle Kartons mit verschiedenen Begriffen in unterschiedlichen Schriftarten. „Ich muss das mit der Times New Roman Schrift noch Penn..." Meinte sie und hielt mir eine Box mit der Aufschrift Bücherwelten entgegen. Ich schüttelte lächelnd meinen Kopf.

„Was hätte ich ohne dich gemacht, Lee?" Seufzte ich und saß auf meinem Bett mit dem Blick auf die gestapelten Kartons gerichtet.
Lange haben wir einfach alles verstaut in die einzelnen Kartons, bis meine engste Freundin anfing darüber zu reden, wie leer es für sie in dieser Stadt sein wird, wenn ich endgültig weggezogen bin. Danach saßen wir kurze Zeit auf der Fensterbank und haben die Leute vom Umzugsdienst dabei beobachtet, wie sie ihren Job taten, sich anscheinend recht wenig für die gepackten Sachen interessierten und manche einfach lustlos in den Wagen warfen.
„Du würdest jetzt immer noch an der ersten Box sitzen und einen Schreianfall haben, weil du realisierst, dass du tatsächlich wegziehst." Sie sah mich traurig und zugleich aufmunternd an und zog mich an meiner Hand auf die Beine.

„Cornelia, ich gehe mit Lee und ein paar anderen etwas raus. Ruft mich an, wenn ich zurückkommen soll", rief ich durchs Haus und wich geschickt einigen Umzugsleuten aus.
Draußen wartete Lee schon auf ihrem Pastellgrünen Mofa auf mich und hielt mir einen hellblauen Helm entgegen. „Heute wird der offizielle letzte Tag mit uns allen. Noah hat uns zu sich eingeladen, er meinte seine Eltern gehen essen und sein Bruder ist bei seiner Freundin. Also..."
„Sturmfrei für den letzten gemeinsamen Tag!" Beendete ich ihren Satz begeistert und hielt mich Lee fest, während sie losfuhr und noch weiter aufs Land rausfuhr. An Feldern vorbei, in der Ferne den Waldrand im Blick und ab und zu ein paar Vögel am Himmel, verging die 20 minütige Fahrt schnell und wir kamen an dem riesigen Grundstück von Noahs Eltern an, der kleine idyllische Reitstall in der nächsten Umgebung.

Ich stieg vor der Haustür schon ab und ehe ich einen Schritt auf diese zugehen konnte, kam besagter Bewohner dieses Grundstückes auch schon um die Ecke, gefolgt von seinem Hund, Charlie.
„Da ist ja Madame von Umzug. Wir haben Sie bereits erwartet." Er verbeugte sich theatralisch und küsste seine Rolle weiterhin spielend meine Hand. Charlie blieb neben Noah sitzen und wedelte aufgeregt mit dem Schwanz. Der bunte Aussie wartete bis ich mich zu ihm wenden würde und er mich begrüßen könnte.
„Es hat etwas kürzer gedauert, als gedacht... Lee kam überraschender Weise rüber und hat geholfen." Wir grinsten, da jeder wusste, dass Lee die Ordnungsfanatikerin Nummer eins in unserem Bekanntenkreis war und sie nicht mehr als Mensch halt für die meisten. Sie hatte in der Schule schon immer Ordnung geschaffen und hat daher auch den Ruf beibehalten über die ganzen Jahre.

„Ich habe es vermisst einfach nur hier zu liegen und nichts zu tun. Wie oft habe ich euch hier schon Hausaufgaben abschreiben lassen?" Lee lachte während sie dies erzählte und breitete ihre Arme auf dem Boden unter dem Scheunendach aus und ließ ihre Beine vorne runterbaumeln. Ich rückte näher an den Rand und lehnte mich gegen den Rand der Öffnung an der Seite nur schloss meine Augen.
Neben mir hörte ich die Herzschläge meiner zwei besten Freunde und lauschte deren Atmung. Auch wenn ich es denen nie anvertraut hatte, wusste ich, dass sie mich auch weiterhin mit gleichen Augen anschauen und nicht als Monster sehen würden.

„Warum gehen wir nicht auf die Felder raus? Die Sonne ist noch für zwei oder drei Stunden da, das sollten wir ausnutzen!" Kam es nach einer angenehmen Stille von Noah. Lee und ich stimmten sofort zu und auch wenn es schön wäre weiter in die Ferne zu schauen und den eigenen Gedanken nachzugehen, bewegten wir drei uns in die Scheune runter.
„Warum nicht reiten?" Lee sah mich verwirrt an und Noah schien nicht mehr zu verstehen als die schwarzhaarige junge Frau.

„Ich meine, es ist mein letzter Abend, bevor wir unsere ganzen Sachen in unser neues Haus bringen. Warum können wir es nicht endlich mal versuchen?" Ich grinste und ging zu der Stall Box in der ich wusste, dass Noahs Lieblingspferd stand.
Der blonde Mann kam mir hinterher und nach und nach fingen wir drei an jeweils ein Pferd für den Ausritt vorzubereiten.

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